Übersicht
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Nachbarstreitigkeiten: Schlichtungsverfahren als Lösung für Konflikte
- 3 Der Fall vor Gericht
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- 5.1 Welche Kosten entstehen bei einem Schlichtungsverfahren?
- 5.2 Welche Folgen hat das Unterlassen eines vorgeschriebenen Schlichtungsverfahrens?
- 5.3 Welche Streitigkeiten fallen unter die gesetzliche Schlichtungspflicht?
- 5.4 Wie läuft ein Schlichtungsverfahren bei Nachbarschaftsstreitigkeiten konkret ab?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Bad Iburg
- Datum: 13.01.2021
- Aktenzeichen: 4 C 465/20 (4)
- Verfahrensart: Zivilverfahren bezüglich nachbarschaftlicher Beseitigungsansprüche
- Rechtsbereiche: Nachbarschaftsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer eines unbebauten Grundstücks. Er verlangt von den Beklagten die Beseitigung eines Betonsockels, den diese auf seinem Grundstück errichtet haben. Er bestreitet eine Vereinbarung oder Erlaubnis zur Errichtung dieses Bauwerks.
- Beklagte: Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Nachbargrundstücks. Sie haben im Zuge ihrer Baumaßnahmen einen Betonsockel errichtet, der teilweise auf das Grundstück des Klägers reicht. Sie behaupten, es habe eine Vereinbarung bezüglich der Grundstücksbegrenzung gegeben und halten die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens für nicht entbehrlich.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Beklagten errichteten im Rahmen von Baumaßnahmen einen Betonsockel entlang der Grundstücksgrenze, der teilweise auf das Grundstück des Klägers reicht. Der Kläger forderte die Beklagten zur Beseitigung auf, was diese ablehnten. Ein Schlichtungsverfahren wurde nicht durchgeführt.
- Kern des Rechtsstreits: War die Klageerhebung ohne vorheriges obligatorisches Streitschlichtungsverfahren zulässig?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, da kein obligatorisches Schlichtungsverfahren gemäß dem Niedersächsischen Schlichtungsgesetz durchgeführt wurde.
- Begründung: Die Streitigkeit fällt unter das Niedersächsische Schlichtungsgesetz, da es sich um einen nachbarrechtlichen Konflikt handelt. Ohne vorangegangenes Schlichtungsverfahren ist die Klage unzulässig.
- Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Gericht unterstreicht die Notwendigkeit eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens bei nachbarschaftlichen Streitigkeiten gemäß dem Niedersächsischen Schlichtungsgesetz. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Nachbarstreitigkeiten: Schlichtungsverfahren als Lösung für Konflikte
Nachbarstreitigkeiten sind ein häufiges Phänomen im Zusammenleben und können leicht zu belastenden Konflikten führen. Wenn Nachbarn in Streitigkeiten verwickelt sind, wie etwa bei Lärmbelästigungen oder Grenzfragen, stehen häufig rechtliche Schritte oder eine Einigung durch Mediation im Raum. In vielen Fällen bietet ein Schlichtungsverfahren eine konstruktive Möglichkeit, um Konflikte einvernehmlich zu lösen, bevor der Gang vor Gericht notwendig wird.
Das Nachbarschaftsrecht sieht deshalb oft Schlichtungsstellen oder Einigungsstellen vor, die eine Plattform für Dialog und Vermittlung bieten. Der Weg über eine Schlichtung kann helfen, spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und eine nachhaltige Nachbarschaftshilfe zu fördern. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der verdeutlicht, wie ein Schlichtungsverfahren in der Praxis durchgeführt wird und welche rechtlichen Rahmenbedingungen dabei eine Rolle spielen.
Der Fall vor Gericht
Betonsockel auf fremdem Grundstück: Amtsgericht Bad Iburg weist Beseitigungsklage ab
Bei einem Nachbarschaftsstreit in Bad Iburg scheiterte ein Grundstückseigentümer mit seiner Klage auf Beseitigung eines Betonsockels. Der noch unbebaute Grundstücksbesitzer hatte die Entfernung einer etwa 22 Meter langen Betonkonstruktion gefordert, die rund 30 Zentimeter auf sein Grundstück ragte. Das Amtsgericht Bad Iburg wies die Klage als unzulässig ab, da ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung nicht durchgeführt wurde.
Baumaßnahmen führen zu Grenzüberschreitung
Der Streit entzündete sich an Bauarbeiten der beklagten Nachbarn, die Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks sind. Im Zuge der Anlage einer Einfahrt an der rechtsseitigen Grundstücksgrenze hatten sie ihr Grundstück aufgeschüttet. Zum höher gelegenen Nachbargrundstück errichteten sie eine Betonmauer. Bei den dafür notwendigen Gründungsarbeiten wurde der Betonsockel teilweise auf dem Grundstück des Klägers errichtet.
Gescheiterte außergerichtliche Einigung
Nach erfolgloser Aufforderung zur Beseitigung wandte sich der Kläger am 3. Juli 2020 über seinen Anwalt an die Nachbarn, die eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands am 23. Juli 2020 ablehnten. Auch ein Ortstermin Anfang September 2020 mit einem Sachverständigen, der im Rahmen eines parallel laufenden Beweissicherungsverfahrens stattfand, brachte keine Einigung. Der Kläger vertrat die Auffassung, ein Schlichtungsverfahren sei nicht erforderlich gewesen, da der Anspruch nicht unter das Niedersächsische Schlichtungsgesetz falle.
Gericht betont Notwendigkeit der Streitschlichtung
Das Amtsgericht Bad Iburg stellte in seiner Entscheidung klar, dass nach dem Niedersächsischen Schlichtungsgesetz vor einer Klageerhebung zwingend ein Schlichtungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Die Richter betonten, dass nicht nur unmittelbare Ansprüche aus dem Nachbarrecht, sondern alle Streitigkeiten mit enger Verknüpfung zu nachbarrechtlichen Auseinandersetzungen der Schlichtungspflicht unterliegen. Die errichtete Betonmauer sei als Tote Einfriedung einzustufen und falle damit unter die relevanten Bestimmungen des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes.
Hohe Hürden für Ausnahmen von der Schlichtungspflicht
Das Gericht erkannte den späteren Beginn eines Schiedsverfahrens nicht als ausreichend an, da der Einigungsversuch der Klageerhebung hätte vorausgehen müssen. Auch der Ortstermin mit dem Sachverständigen erfüllte die gesetzlichen Anforderungen nicht, da dieser keine anerkannte Gütestelle darstellte. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht die zentrale Bedeutung des obligatorischen Schlichtungsverfahrens bei nachbarrechtlichen Streitigkeiten in Niedersachsen. Auch wenn der eigentliche Anspruch nicht direkt auf das Nachbarrechtsgesetz gestützt wird, ist eine vorherige Schlichtung zwingend erforderlich, sofern ein nachbarschaftlicher Konflikt vorliegt. Ein nachträglicher Schlichtungsversuch nach Klageerhebung ist nicht möglich und führt zur Unzulässigkeit der Klage.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Grundstückseigentümer einen rechtlichen Konflikt mit Ihrem Nachbarn haben, müssen Sie vor einer Klage zwingend ein Schlichtungsverfahren durchführen. Dies gilt auch dann, wenn Sie sich auf allgemeine zivilrechtliche Ansprüche berufen. Das Schlichtungsverfahren muss bei einer anerkannten Gütestelle erfolgen – ein informelles Gespräch mit einem Sachverständigen reicht nicht aus. Versäumen Sie diesen Schritt, wird Ihre Klage als unzulässig abgewiesen, auch wenn Sie im Nachhinein noch eine Schlichtung einleiten.
Nachbarrechtliche Konflikte? Klären Sie Ihre Rechte.
Das Urteil zeigt, wie wichtig die vorgeschriebene Streitschlichtung im Nachbarrecht ist. Gerade bei Grenzüberschreitungen oder Baumaßnahmen ist die Sachlage oft komplex. Um Ihre Rechte zu wahren und unnötige Kosten zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig die rechtlichen Voraussetzungen prüfen. Wir unterstützen Sie dabei, nachbarrechtliche Auseinandersetzungen rechtssicher zu lösen und Ihre Interessen effektiv zu vertreten.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Kosten entstehen bei einem Schlichtungsverfahren?
Grundkosten des Verfahrens
Die Kosten eines Schlichtungsverfahrens sind deutlich niedriger als bei einem Gerichtsverfahren. Ein Schlichtungsverfahren kostet in der Regel zwischen 50 und 100 Euro zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer. Wenn ein Schlichtungsgespräch stattfindet, belaufen sich die Gesamtkosten auf etwa 142,80 Euro inklusive Auslagen und Mehrwertsteuer.
Kostenvorschuss und Zahlungsmodalitäten
Als antragstellende Partei müssen Sie einen Kostenvorschuss von etwa 50 bis 100 Euro leisten. Dieser Vorschuss deckt die voraussichtlich entstehenden Kosten ab. Nach Abschluss des Verfahrens rechnet der Schlichter mit Ihnen ab.
Besondere Kostensituationen
Bei nachgewiesener Mittellosigkeit können Sie von den Gebühren ganz oder teilweise befreit werden. Dies gilt insbesondere, wenn Sie die Voraussetzungen für Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz erfüllen.
Zusätzliche Kosten
Neben den Grundkosten können weitere Auslagen entstehen:
- Eigene Auslagen wie Porto- und Telefonkosten
- Fahrtkosten zum Schlichtungstermin
- Anwaltskosten, falls Sie sich rechtlich vertreten lassen
Die Kostentragung wird üblicherweise in der Schlichtungsvereinbarung geregelt. Scheitert die Schlichtung und folgt ein Gerichtsverfahren, muss die im Prozess unterliegende Partei auch die Kosten des Schlichtungsverfahrens tragen.
Welche Folgen hat das Unterlassen eines vorgeschriebenen Schlichtungsverfahrens?
Wenn Sie in einem Bundesland mit obligatorischer Schlichtung eine Klage ohne vorheriges Schlichtungsverfahren einreichen, wird diese als unzulässig abgewiesen. Dies gilt insbesondere in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
Prozessuale Konsequenzen
Ein nachträgliches Schlichtungsverfahren nach Klageerhebung ist nicht möglich. Die Klage muss in diesem Fall zwingend abgewiesen werden, auch wenn dies zunächst unwirtschaftlich erscheinen mag. Diese strikte Handhabung dient dazu, die Ernsthaftigkeit des Schlichtungsverfahrens sicherzustellen.
Kostenwirkung
Bei einer Klageabweisung wegen fehlender Schlichtung müssen Sie als Kläger die gesamten Verfahrenskosten tragen. Dies umfasst sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten der Gegenseite. Eine spätere neue Klage nach durchgeführtem Schlichtungsverfahren verursacht dann zusätzliche Kosten.
Verfahrensablauf
Die Gerichte können Sie bei Einreichung einer unzulässigen Klage auf den Mangel hinweisen und eine Klagerücknahme anregen. Dadurch lassen sich die Kosten möglichst gering halten. Eine neue Klage ist erst nach Vorlage einer Erfolglosigkeitsbescheinigung der Schlichtungsstelle zulässig.
Welche Streitigkeiten fallen unter die gesetzliche Schlichtungspflicht?
In bestimmten Bundesländern müssen Sie vor einer Klage beim Amtsgericht ein Schlichtungsverfahren durchführen. Diese obligatorische Schlichtung gilt in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
Nachbarrechtliche Streitigkeiten
Nachbarschaftskonflikte sind der häufigste Anwendungsfall der Schlichtungspflicht. Wenn Sie in einem der genannten Bundesländer wohnen, können Sie bei Streitigkeiten mit Ihren Nachbarn nicht direkt vor Gericht ziehen. Sie müssen zunächst ein Schlichtungsverfahren durchlaufen.
Verbraucherschlichtung
Im Verbraucherbereich gibt es seit April 2016 durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) einen besonderen rechtlichen Rahmen. Hier besteht jedoch keine allgemeine Schlichtungspflicht. Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten müssen lediglich in ihren AGB oder auf ihrer Website angeben, ob sie zur Teilnahme an Schlichtungsverfahren bereit sind.
Besondere Regelungen
In der Versicherungsbranche haben sich die Unternehmen freiwillig verpflichtet, Schlichtungsergebnisse bis zu einer Höhe von 10.000 Euro anzuerkennen.
Im Tarifrecht existiert ebenfalls keine gesetzliche Schlichtungspflicht. Die Tarifparteien können sich jedoch freiwillig einer Schlichtung unterwerfen.
Verfahrensablauf
Wenn Sie von der Schlichtungspflicht betroffen sind, müssen Sie vor einer Klage nachweisen, dass ein Schlichtungsversuch erfolglos durchgeführt wurde. Der Antrag kann schriftlich oder mündlich bei der zuständigen Schlichtungsstelle gestellt werden. Die Kosten für ein Schlichtungsverfahren betragen in der Regel zwischen 50 und 100 Euro.
Die Verjährung Ihrer Ansprüche wird während des Schlichtungsverfahrens gehemmt. Ein erfolgreicher Schlichtungsvergleich ist wie ein Gerichtsurteil 30 Jahre lang vollstreckbar.
Wie läuft ein Schlichtungsverfahren bei Nachbarschaftsstreitigkeiten konkret ab?
Kontaktaufnahme und Antragstellung
Ein Schlichtungsverfahren beginnt mit der Kontaktaufnahme zur zuständigen Schiedsstelle im eigenen Stadtbezirk. Diese finden Sie über das Bürgerbüro, die Polizeidienststelle oder das Amtsgericht.
Der Antrag kann schriftlich oder mündlich gestellt werden. Dafür benötigen Sie:
- Vollständige Kontaktdaten der Gegenpartei
- Genaue Beschreibung des Streitfalls
- Einen Kostenvorschuss von etwa 50-100 Euro
Bei nachgewiesener Mittellosigkeit kann die Schiedsperson auf die Gebühren teilweise oder ganz verzichten.
Terminierung und Ladung
Nach Antragstellung wird innerhalb von drei Monaten ein Schlichtungstermin anberaumt. Die Verhandlung findet meist in der Privatwohnung der Schiedsperson oder in Büroräumen statt. Beide Parteien werden persönlich geladen und müssen zum Termin erscheinen. Unentschuldigtes Fernbleiben kann mit einem Ordnungsgeld geahndet werden.
Ablauf der Schlichtungsverhandlung
Die Schlichtungsverhandlung findet nicht öffentlich statt. Die Schiedsperson unterliegt der Verschwiegenheitspflicht. Sie können mit einem Beistand (Freunde, Bekannte, Zeugen) erscheinen.
Im Gespräch werden:
- Der auslösende Streitfall besprochen
- Auch zurückliegende Vorfälle thematisiert
- Lösungsmöglichkeiten erarbeitet
Ergebnis und Wirkung
Bei erfolgreicher Einigung wird ein Vergleich geschlossen, den beide Parteien und die Schiedsperson unterschreiben. Dieser Vergleich ist 30 Jahre lang wie ein Gerichtsurteil vollstreckbar.
Kommt keine Einigung zustande, erhalten Sie eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. Erst damit können Sie eine Klage bei Gericht einreichen. Die Gesamtkosten des Verfahrens liegen in der Regel zwischen 20 und 50 Euro und können zwischen den Parteien aufgeteilt werden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Schlichtungsverfahren
Ein vorgerichtliches Verfahren zur friedlichen Streitbeilegung durch eine neutrale dritte Person (Schlichter/Mediator). Ziel ist es, eine einvernehmliche Lösung zu finden, bevor der Rechtsweg beschritten wird. In vielen Bundesländern ist dies bei Nachbarschaftsstreitigkeiten gesetzlich vorgeschrieben (z.B. nach dem Niedersächsischen Schlichtungsgesetz). Der Schlichter macht Vorschläge zur Konfliktlösung, kann aber keine bindenden Entscheidungen treffen. Bei Erfolg wird eine Einigung protokolliert, die rechtlich bindend ist.
Tote Einfriedung
Eine unbewegliche bauliche Anlage zur Abgrenzung von Grundstücken, wie Mauern, Zäune oder andere feste Konstruktionen. Im Unterschied zur „lebenden Einfriedung“ (z.B. Hecken) besteht sie aus künstlichen Materialien. Rechtlich ist sie im jeweiligen Landesrecht geregelt, etwa im Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz. Für ihre Errichtung gelten besondere Vorschriften bezüglich Höhe, Abstand zur Grundstücksgrenze und Beschaffenheit.
Beseitigungsklage
Ein rechtliches Instrument, mit dem ein Eigentümer die Entfernung rechtswidriger Beeinträchtigungen seines Grundstücks verlangen kann (§ 1004 BGB). Dies betrifft etwa unrechtmäßige Bebauungen oder Überbauungen durch Nachbarn. Der Kläger muss nachweisen, dass sein Eigentumsrecht verletzt wird. Beispiel: Ein Carport ragt teilweise auf das Nachbargrundstück und soll entfernt werden.
Beweissicherungsverfahren
Ein gerichtliches Verfahren zur vorsorglichen Feststellung und Dokumentation von Tatsachen, bevor diese sich verändern könnten (§§ 485 ff. ZPO). Dabei wird oft ein Sachverständiger eingeschaltet. Im Nachbarrecht häufig bei Baumaßnahmen genutzt, um den Zustand vor/nach Bauarbeiten zu dokumentieren. Der gesicherte Beweis kann später in einem Hauptprozess verwendet werden.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Möglichkeit, ein Urteil trotz möglicher Rechtsmittel sofort zu vollstrecken (§ 708 ff. ZPO). Der Gläubiger muss dabei meist eine Sicherheit leisten, um mögliche Schäden bei erfolgreicher Anfechtung des Urteils ausgleichen zu können. Die Höhe der Sicherheitsleistung wird vom Gericht festgelegt, häufig 110-120% des Streitwerts.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1004 BGB: Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt im § 1004 die Abwehr- und Beseitigungsansprüche eines Grundstückseigentümers bei Beeinträchtigungen seines Eigentums. Wenn das Eigentum eines Grundstücks durch Handlungen eines Nachbarn beeinträchtigt wird, kann der Betroffene die Unterlassung oder Beseitigung der Störung verlangen. Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung rechtswidrig ist und nicht durch Duldungspflichten gedeckt wird.
Der Kläger fordert hier die Beseitigung des Betonsockels, der auf sein Grundstück ragt. § 1004 BGB bildet die allgemeine Grundlage für den Anspruch auf Entfernung solcher störenden Einwirkungen. - § 16 NNachbG (Niedersächsisches Nachbarrechtsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen und Verpflichtungen beim Errichten von Grenzwänden zwischen benachbarten Grundstücken. Eine Grenzwand muss so errichtet werden, dass sie keine unzulässigen Beeinträchtigungen für den Nachbarn verursacht.
Die Betonmauer der Beklagten, die als Einfriedung dient, fällt unter diese Regelung. Da der Betonsockel teilweise auf das Grundstück des Klägers reicht, liegt eine mögliche Verletzung dieses Gesetzes vor. - § 28 NNachbG (Niedersächsisches Nachbarrechtsgesetz): Dieser Paragraph legt die Beschaffenheit und Errichtung von Einfriedungen, wie Zäunen oder Mauern, zwischen Grundstücken fest. Es wird bestimmt, dass die Einfriedung an der Grenze der Grundstücke erfolgen muss, ohne den Nachbarn unzulässig zu belasten.
Die Betonmauer entlang der Einfahrt der Beklagten stellt eine „tote Einfriedung“ dar und muss daher den Vorgaben von § 28 NNachbG entsprechen. Der Betonsockel könnte diese Regelung verletzen, da er die Grundstücksgrenze überschreitet. - § 1 NSchlG (Niedersächsisches Schlichtungsgesetz): Nach § 1 NSchlG ist in bestimmten nachbarrechtlichen Streitigkeiten ein obligatorisches Schlichtungsverfahren durchzuführen, bevor eine Klage erhoben werden kann. Dies betrifft insbesondere Duldungs-, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche.
Der Kläger hat kein Schlichtungsverfahren durchgeführt, obwohl der Fall gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2b NSchlG als nachbarrechtliche Streitigkeit eingestuft wird. Dies führt zur Unzulässigkeit der Klage. - § 91 Abs. 1 ZPO: Dieser Paragraph der Zivilprozessordnung regelt die Kostenverteilung in einem Gerichtsverfahren. Die unterliegende Partei trägt die Kosten des Rechtsstreits, es sei denn, das Gericht entscheidet anders.
Da die Klage abgewiesen wurde, trägt der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens. Diese Regelung ist für die Parteien relevant, da sie die finanzielle Belastung im Streitfall betrifft.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Bad Iburg – Az.: 4 C 465/20 (4) – Urteil vom 13.01.2021
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