OLG Köln – Az.: 1 W 6/20 – Beschluss vom 08.06.2020
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. Januar 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Parteien waren bis zum 31. März 2019 durch einen Stromversorgungsvertrag für das im Eigentum der Beklagten befindliche und mit einem Einfamilienhaus bebaute Hausgrundstück A 25 in B verbunden. Die Beklagte war hierbei Anschlussinhaberin und – nutzerin im Sinne von § 1 NAV. Im Keller des Hauses betrieb der Bruder der Beklagten jedenfalls in der Zeit vom 18. Januar 2018 bis 18. Juli 2018 eine Marihuana-Plantage. Ein Außendienstmitarbeiter der Klägerin stellte am 18. September 2018 fest, dass die Sicherheitsplombierung am Hausanschlusskasten entfernt war. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gestand der Bruder der Beklagten nicht nur den unerlaubten Betrieb der genannten Plantage, sondern überdies auch die Umgehung des Stromzählers. Auf Grundlage der im Keller der Beklagten unter anderem vorgefundenen 18 Vorschaltgeräte mit 6,2 A Dampfhochdrucklampen, einem ebenfalls vorgefundenen Ventilator und zwei Hochleistungsstromlüfter hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Nachforderungsbetrag in Höhe von insgesamt 12.481,57 € geltend gemacht und zwar 5.726,20 € aus der Nachberechnung des entnommenen Stroms, 6.755,37 € als hierfür geltend gemachte Vertragsstrafe und weiterer 2.981,25 € aus einer Rechnung wegen des Bezuges einer tatsächlich gemessenen Strommenge. Letztere Forderung hat die Beklagte anerkannt, für die Abwehr der übrigen Ansprüche hat sie indes die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Letzteres hat das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung abgelehnt mit der Begründung, die beabsichtigte Rechtsverteidigung biete keine hinreichende Erfolgsaussichten, weil das Bestreiten unsubstantiiert und damit unzureichend sei, so dass der Vortrag der Klägerin als zugestanden zu werten sei. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 3. März 2020, welcher das Landgericht mit Beschluss vom 18. Mai 2020 nicht abgeholfen hat.
II.
Die gem. § 127 Abs. 1 Satz 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die landgerichtliche Entscheidung im Ergebnis zutreffend ist. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung der Beklagten ist auf Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes mutwillig (§ 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO). Im Rahmen einer Beweisaufnahme würde die Beklagte mit großer Wahrscheinlichkeit unterliegen.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gerichtete Ansprüche auf Zahlung entnommenen Stroms sowie auf Zahlung einer Vertragsstrafe schlüssig vorgetragen.
a) Hiernach folgt der Anspruch auf Zahlung des entnommenen Stroms in Höhe von 5.726,20 € aus § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 StromGVV. Der Stromlieferungsvertrag ist ein Kaufvertrag in Form eines Sukzessivlieferungsvertrages, der gemäß § 433 Abs. 2 BGB zur Kaufpreiszahlung verpflichtet unabhängig davon, ob der Verbrauch messtechnisch richtig erfasst ist und/oder der Kunde den Strom vertragsgemäß zahlen will (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. September 1997 – 22 U 46/97, NJW-RR 1998, 490; OLG Rostock, Beschluss vom 9. Dezember 2008 – 1 U 18/08, OLGR 2009, 273; OLG Hamm, Urteil vom 7. Dezember 2012 – 19 U 69/11, RdE 2013, 243; jeweils mwN).
aa) Da der Stromzähler nach dem Vortrag der Klägerin im Streitfall umgangen wurde, hat diese den Verbrauch der Anschlussstelle der Beklagten mit Recht für die Zeit vom 18. Januar 2018 bis 18. Juli 2018 gemäß § 18 Abs. 1 StromGVV geschätzt. Ergibt eine Prüfung der Messeinrichtungen eine Überschreitung der Verkehrsfehlergrenzen oder werden Fehler in der Ermittlung des Rechnungsbetrages festgestellt, so ist nach Satz 1 und 2 der genannten Bestimmung die Überzahlung vom Grundversorger zurückzuzahlen oder der Fehlbetrag vom Kunden nachzuentrichten, wobei der Grundversorger den Verbrauch für die Zeit seit der letzten fehlerfreien Ablesung aus dem Durchschnittsverbrauch des ihr vorhergehenden und des der Feststellung des Fehlers nachfolgenden Ablesezeitraums oder auf Grund des vorjährigen Verbrauchs durch Schätzung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse ermittelt, wenn die Größe des Fehlers nicht einwandfrei festzustellen ist oder eine Messeinrichtung nicht anzeigt. Bei Berechnungsfehlern auf Grund einer nicht ordnungsgemäßen Funktion einer Messeinrichtung ist nach Satz 3 der vom Messstellenbetreiber ermittelte und dem Kunden mitgeteilte korrigierte Verbrauch der Nachberechnung zu Grunde zu legen. Diese Vorschrift ist entsprechend in den Fällen anwendbar, in welchen der Kunde durch Manipulation oder Umgehung der Messeinrichtungen unerlaubt Strom entnimmt, so dass dieser von den Messeinrichtungen des Versorgungsunternehmens nicht erfasst und nicht in Rechnung gestellt werden kann. Der Stromversorger darf und kann in solchen Fällen den aufgrund der Manipulation nicht erfassten Stromverbrauch schätzen; es ist dann Sache des Stromkunden, darzulegen und zu beweisen, dass der geschätzte Stromverbrauch geringer ist bzw. dass die vorgenommenen Schätzung unrichtig ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. September 1997, aaO Rn. 7; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. November 1993 – 5 U 23/93, RdE 1994, 96; OLG Rostock, aaO Rn. 8; OLG Hamm, aaO Rn. 24; jeweils mwN).
bb) Entsprechend der Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse hat die Klägerin unter der nahe liegenden Annahme eines zwölfstündigen Betriebes der im Keller aufgefundenen 18 Vorschaltgeräte 6,2 A mit Dampf-Hochdrucklampen und des Ventilators sowie eines Betriebes des Hochleistungstrommellüfters von 24 Stunden und der Berücksichtigung der jeweiligen Leistung der elektrischen Geräte einen täglichen Gesamtverbrauch von 127,42 kWh errechnet. Sie hat hiernach schlüssig für den Zeitraum vom 18. Januar 2018 bis zum 18. Juli 2018 einen Gesamtverbrauch von 23.190 kWh ermittelt, aus welchem sich bei einem Strompreis von 20,75 Cent/kWh ein Forderungsbetrag von 4.811,93 € netto beziehungsweise 5.726,20 € brutto errechnet (vgl. Anlage K 1, Blatt 8 ff der Akte).
b) Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 9.326,85 € folgt aus § 10 Abs. 1 StromGVV. Hiernach ist der Grundversorger berechtigt, eine Vertragsstrafe zu verlangen, wenn der Kunde Elektrizität unter Umgehung, Beeinflussung oder vor Anbringung der Messeinrichtungen oder nach Unterbrechung der Grundversorgung verbraucht, wobei diese für die Dauer des unbefugten Gebrauchs, längstens aber für sechs Monate auf der Grundlage einer täglichen Nutzung der unbefugt verwendeten Verbrauchsgeräte von bis zu zehn Stunden nach dem für den Kunden geltenden Allgemeinen Preis zu berechnen ist. Dem werden die Darlegungen der Klägerin aus der Klageschrift (Blatt 1 ff der Akte, dort Blatt 4) einerseits und der Rechnung vom 6. Mai 2019 (Anlage K 2a, Blatt 12 der Akte) andererseits gerecht. In der Klageschrift legt die Klägerin anhand der jeweiligen Leistungsaufnahme der im Haus der Beklagten aufgefundenen Geräte unter Annahme einer Laufzeit von zehn Stunden am Tag für die Zeit vom 18. Januar 2018 bis zum 18. Juli 2018 und damit für sechs Monate einen Stromverbrauch von insgesamt 32.556 kW/h dar. Unter Berücksichtigung des geltenden Nettostrompreises von 20,75 Cent/kWh (vgl. korrigierte Schlussrechnung vom 9. Mai 2019, Blatt 19R der Akte) errechnet sich hieraus die geltend gemachte Vertragsstrafe.
c) Für die Berechtigung dieser Forderungen ist es unbeachtlich, ob der Bruder der Beklagten den Stromzähler mit oder gegen deren Willen umgangen hatte. Der Mieter oder Pächter einer Sache muss sich regelmäßig gemäß § 278 BGB das Verhalten derjenigen zurechnen lassen, die auf seine Veranlassung mit der Mietsache in Berührung kommen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 – VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750; vom 21. Mai 2010 – V ZR 244/09, NJW 2010, 2341; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 278 Rn. 18; jeweils mwN). So liegt es auch im Streitfall im Verhältnis der Beklagten als Eigentümerin des in Rede stehenden Hausgrundstückes zu deren Bruder, der nach unstreitigem Vortrag der Klägerin mit Wissen der Beklagten und damit bestimmungsgemäß mit dem Hausgrundstück in Berührung gekommen war.
2. Mit der gegebenen Begründungen durfte das Landgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe indes nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückweisen. Der Vortrag der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Landgerichtes hinreichend substantiiert.
a) An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen; eine Partei genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie eine Tatsache vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet ist, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 – III ZR 7/02, BGHReport 2003, 891; Beschluss vom 9. Februar 2009 – II ZR 77/08, WM 2009, 1154; vom 12. September 2009 – IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 5; vom 12. September 2013 – V ZR 291/12, Rn. 11 mwN). Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, Urteil vom 4. Juli 2000 – VI ZR 236/99 – NJW 2000, 3286; vom 20. September 2002 – V ZR 170/01 – NJW-RR 2003, 69; vom 15. Mai 2003, aaO). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind (BGH, Urteil vom 27. September 2001 – IX ZR 281/00 – NJW 2002, 825, 826; vom 15. Mai 2003, aaO). Falls sie keinen Einblick in die Geschehensabläufe hat und ihr die Beweisführung deshalb erschwert ist, kann sie auch nur vermutete Tatsachen unter Beweis stellen; zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ihr Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen „auf Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (BGH, Urteil vom 11. April 2000 – X ZR 19/98 – NJW 2000, 2812, Rn. 15 f; vom 20. Juni 2002 – IX ZR 177/99 – NJW-RR 2002, 1419; vom 15. Mai 2003, aaO; jeweils mwN).
b) Gemessen hieran kann der Beklagten, welche eine Stromentnahme unter Umgehung der Zählerstände abstreitet, eine weitere Substantiierung ihres Vortrages nicht abverlangt werden. Mit Schriftsatz vom 3. März 2020 hat sie eine unerlaubte Stromentnahme nicht nur abgestritten, sondern überdies vorgetragen, dass nach Angaben des C im Ermittlungsverfahren 102 Js 99/17 StA Köln eine Umgehung des Stromzählers nicht möglich gewesen und deshalb auch nicht vorgenommen worden sei. Überdies hat sie dargelegt, dass der abgelesene Verbrauch im fraglichen Zeitraum 16.000 kw/h anstelle von 3.700 kw/h in dem vorangegangenen Abrechnungszeitraum betragen habe, was gegen eine Umgehung der Zähleinrichtung spreche. Es besteht auch kein Anhalt, dass die auf den Inhalt der Ermittlungsakte verweisende Beklagte insoweit willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen „ins Blaue hinein“ hinein aufstellt. Mit diesem Vortrag hat sich das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung auch nicht auseinandergesetzt.
3. Gleichwohl erweist sich die angefochtene Entscheidung in ihrem Ergebnis aus einem anderen Grund als zutreffend. Die Verteidigung der Beklagten gegen die Klageforderung ist mutwillig, weil diese im Rahmen einer Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit unterliegen würde.
a) Die Beweisantizipation ist im Prozesskostenhilfeverfahren in sehr engen Grenzen zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für die Rechtsschutzgewährleistung in Art. 19 Abs. 4 GG besonderen Ausdruck findet, das Gebot einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347; vom 20. Februar 2002 – 1 BvR 1450/00, NJW-RR 2002, 1069; jeweils mwN). Indes verlangt Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz keine vollständige Gleichstellung Unbemittelter mit Bemittelten, sondern nur eine weitgehende Angleichung; der Unbemittelte braucht nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1959 – 1 BvR 154/55, BVerfGE 9, 124; vom 13. März 1990. aaO; jeweils mwN). Kommt eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, läuft es zwar dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern (BVerfG, Beschluss vom 12. Januar 1993 – 2 BvR 1584/92, n.v.; vom 20. Februar 2002 – 1 BvR 1450/00, NJW-RR 2002, 1069; vom 1. Juli 2009 – 1 BvR 560/08, JurBüro 2009,547; vom 29. Oktober 2009 – 1 BvR 2237/09; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 114 Rn. 33; jeweils mwN). Anders liegt es dagegen, wenn die Gesamtwürdigung aller bereits feststehenden Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung zugunsten des Hilfsbedürftigen als nahezu ausgeschlossen erscheinen lässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 2009, aaO Rn. 5 ff; vom 28. Januar 2013 – 1 BvR 274/12, NJW 2013, 1727, Rn. 14; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1993 – VI ZR 235/92, NJW 1994, 1160; Zöller/Schultzky, aaO; jeweils mwN).
b) So liegt auch der Streitfall. Der Parteivortrag der Beklagten bietet bereits für sich betrachtet Anlass zu einer im besonderen Maße kritischen Würdigung. Zunächst hat sie vorgerichtlich in einer E-Mail an die Klägerin vom 3. Februar 2019 (Anlage K 5, Blatt 22 der Akte) der Nachberechnung der Klägerin widersprochen mit dem Hinweis, die Beklagte habe die Adressen durcheinander gebracht, bei ihr – der Beklagten – seien „lediglich Gegenstände gefunden [worden], und zwar OHNE Pflanzen… ebenso wurde nicht am Strom manipuliert. …“ Nach Klageerhebung hat sie sich damit begnügt, eine unerlaubte Stromentnahme lediglich pauschal zu bestreiten. Es sei nicht ersichtlich, wie eine Stromentnahme erfolgt sein solle. Solches sei – wenn es erfolgt sei – ohne ihre Kenntnis oder Einwilligung geschehen. Das Verhalten Dritter müsse sie sich nicht zurechnen lassen. Mit der Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe hat sie ihren Vortrag sodann dahin ergänzt, C – wohl ihr Bruder – habe sich im Ermittlungsverfahren dahin eingelassen, dass eine Umgehung des Stromzählers nicht möglich gewesen sei. Mit dem von der Klägerin behaupteten gegenteiligen Geständnis hat sie sich indes nicht auseinandergesetzt. Gleiches gilt für die detaillierten Berechnungen der Klägerin zum Stromverbrauch. Auch diese werden lediglich pauschal bestritten, ohne dass die Beklagte darlegt, aus welchem Grund diese unzutreffend sein sollen. Hierzu passt auch, dass die Beklagte bislang davon abgesehen hat, ihren Bruder für ihre Behauptungen als Zeuge zu benennen, obwohl dieser unmittelbar Angaben aus eigener Wahrnehmung machen könnte.
Die Klägerin hat demgegenüber eingehend und unter Benennung der Zeugen D und E und unter Vorlage der Lichtbilder der Anlage K 9 (Blatt 41 ff der Akte) vorgetragen, dass von der Marihuana-Plantage im Keller eine Hauptleitung unmittelbar bis zum Hausanschlusskasten der Beklagten geführt worden sei. Auch habe es eine zusätzliche Hauptleitung (6 bis 10 mm² CU) am Hausanschlusskasten gegeben, welche im Zeitpunkt der Überprüfung durch die vorgenannten Zeugen indes nicht angeschlossen gewesen sei, sondern im Raum gehangen habe, aber genau so lang gewesen sei, dass sie an dem genannten Kasten angeschlossen werden konnte. Hierbei seien die Enden der Einzeladern abgesetzt gewesen. Sie hätten überdies Klemmspuren aufgewiesen, während vom Hausanschlusskasten die Plombierung entfernt gewesen und die dortigen kreisrunden Leitungseinführungen links und rechts offen gewesen seien, wobei die Verschlusseinsätze gefehlt hätten. Im Keller hätten sich überdies getrocknete Restmengen von Cannabis-Pflanzen und für deren Lagerung typische Behältnisse befunden. Ferner seien die in den Fotos von Anlage K 9 (Blatt 41 ff der Akte) abgebildeten Gegenstände – Vorschaltgeräte 6,2 A, Leuchtmittelfassung für Leuchtmittel 600 W (Gehäuse mit Kühlrippen), Leuchtmittel 600 W (Dampf-Hochdrucklampe), Hochleistungstrommellüfter 837 W, 3250³/H, Ventilator Typ Ruck RK 160, 70 W und Wassersammelbehälter – vorgefunden worden. Diesen objektiven Befundtatsachen ist die Beklagte auch nicht entgegengetreten, so dass sie unstreitig sind. Überdies hat die Klägerin den von der Beklagten angeführten niedrigeren Verbrauch aus dem vorangegangenen Abrechnungszeitraum mit einer dort lediglich erfolgten Verbrauchsschätzung erklärt. Schließlich hat der Bruder der Beklagten nach dem insoweit unwidersprochenen und durch Vorlage der Ermittlungsakte unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin im Ermittlungsverfahren nicht nur den Betrieb der Marihuana-Plantage, sondern auch die Umgehung des Stromzählers gestanden und detailliert erläutert. In der Gesamtschau lassen die vorgenannten Umstände daher allein den Schluss zu, dass der Bruder der Beklagten in den in Rede stehenden Räumlichkeiten eine Marihuana-Plantage betrieben und hierzu unter Umgehung des Stromzählers am Hausanschluss Strom entnommen hatte, zumal die Beklagte für ihre gegenteilige pauschale Behauptung keinen tauglichen Beweis angeboten hat, so dass auf dieser Grundlage ein Beweisergebnis zugunsten der Beklagten nahezu ausgeschlossen ist. Doch selbst wenn die Beklagte ihren Bruder noch als Zeugen benennen würde, drängt es sich – ohne dass es nach Vorgenanntem hierauf ankäme – auf, dass bei einer Gesamtwürdigung (§ 286 ZPO) dessen Aussage mit Blick auf das offenkundig wechselhafte Einlassungsverhalten im Ermittlungsverfahren im Zweifel keine ausschlaggebende Bedeutung haben würde.
c) Die Menge des nachberechneten Stroms schließlich ist eingehend und nachvollziehbar unter Berücksichtigung der Verbräuche der aufgefundenen Plantagenausstattung für den naheliegenden Gebrauch der genannten Gerätschaft über jedenfalls täglich zwölf Stunden vorgerechnet, ohne dass Berechnungsfehler ersichtlich sind. Die unterstellten Verbrauchswerte hat die Klägerin auf Grundlage der Leistungsaufnahme der unstreitig aufgefundenen elektrischen Geräte und der für die Aufzucht von Marihuana naheliegenden Betriebszeiten von jedenfalls mindestens zwölf Stunden für die Belichtung und 24 Stunden für die Belüftung nachvollziehbar geschätzt. So ist aus allgemein zugänglichen Quellen bekannt und kann deshalb als allgemeinkundig im Sinne von § 291 ZPO zugrunde gelegt werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 25. Mai 2016 – 1 W 6/16, MDR 2016, 1266; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 291 Rn. 3; Dötsch, MDR 2011, 1017 f; Klinger, jurisPR-ITR 4/2012 Anm. 4), dass gute Ergebnisse beim Indoor-Anbau von Cannabis mit einer Belichtungsdauer von mindestens 18 Stunden während der Wachstumsphase und zwölf Stunden während der Blütephase erzielt werden (vgl. etwa Internetadresse 1). Gegenteiliges ist auch von der Beklagten nicht behauptet worden.
III.
Ein Ausspruch über die Kosten des Beschwerdegegners ist mit Blick auf § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich (vgl. hierzu auch Hk-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 127 Rn. 21).