Ein Hausbesitzer investierte in eine Photovoltaikanlage, doch der Hersteller drosselte seinen teuren Solarspeicher später heimlich auf 70 Prozent. Die Frage war, ob ein Kunde eine solche Leistungseinschränkung dulden muss – das Landgericht Rostock hatte eine klare Antwort.
Übersicht
- 1 Das Urteil in 30 Sekunden
- 2 Die Fakten im Blick
- 3 Der Fall vor Gericht
- 3.1 Darf ein Hersteller die Leistung eines Solarspeichers aus der Ferne drosseln?
- 3.2 Warum durfte der Hausbesitzer den Vertrag für den Speicher rückgängig machen?
- 3.3 Wieso war die Solaranlage ein Bauwerk und kein einfaches Kaufobjekt?
- 3.4 Konnte sich die Verkäuferfirma mit dem Argument der Herstellersicherheit herausreden?
- 3.5 Wie wurde der finanzielle Ausgleich fair berechnet?
- 3.6 Was bedeutete das „Versäumnisurteil“ im Verfahren?
- 4 Die Urteilslogik
- 5 Benötigen Sie Hilfe?
- 6 Das Urteil in der Praxis
- 7 Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- 7.1 Darf mein Solarspeicher durch den Hersteller aus der Ferne gedrosselt werden?
- 7.2 Welche Rechte habe ich, wenn mein Solarspeicher gedrosselt wurde?
- 7.3 Wie gehe ich vor, um bei einem gedrosselten Solarspeicher mein Geld zurückzubekommen?
- 7.4 Welche Rolle spielen Gerichte bei der Durchsetzung von Kundenrechten bei gedrosselten Solarspeichern?
- 8 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 9 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 10 Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 O 316/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Urteil in 30 Sekunden
- Das Problem: Ein Hausbesitzer hatte eine Solaranlage mit Batteriespeicher gekauft. Der Hersteller reduzierte später die Leistung des Speichers aus der Ferne ohne Wissen des Besitzers.
- Die Rechtsfrage: Muss ein Käufer eine solche Leistungsreduzierung seines Speichers hinnehmen?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht entschied, dass der Kunde vom Vertrag für den Speicher zurücktreten konnte. Der Speicher war mangelhaft, da seine Leistung ohne Zustimmung des Käufers geändert wurde.
- Die Bedeutung: Verkäufer müssen für die zugesicherte Leistung ihrer Produkte einstehen. Eine einseitige Leistungsreduzierung durch Dritte ist ein Mangel.
Die Fakten im Blick
- Gericht: Landgericht Rostock
- Datum: 18.12.2024
- Aktenzeichen: 2 O 316/24
- Verfahren: Zivilklage mit Einspruch gegen ein Versäumnisurteil
- Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Schuldrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Bauherr, der eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher beauftragte. Er forderte die Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises und die Abholung des mangelhaften Speichers.
- Beklagte: Eine bundesweit tätige Anbieterin von Photovoltaik- und Speicherlösungen. Sie beantragte die Abweisung der Klage und bestritt die Mängelhaftung.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Der Kläger beauftragte die Beklagte mit der Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage einschließlich Batteriespeicher. Der Batteriespeicher funktionierte mangelhaft, da seine Kapazität später vom Hersteller gedrosselt wurde und das Batteriemanagementsystem Fehlfunktionen zeigte. Der Kläger erklärte daraufhin den teilweisen Rücktritt vom Vertrag.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: War der Vertrag über die Photovoltaikanlage mit Speichersystem ein Bauvertrag und durfte der Kunde wegen Mängeln am Speicher (Drosselung, Fehlfunktion) teilweise vom Vertrag zurücktreten?
Entscheidung des Gerichts:
- Urteil im Ergebnis: Der Klage wurde stattgegeben; das zuvor ergangene Versäumnisurteil bleibt bestehen.
- Zentrale Begründung: Das Gericht sah den Vertrag als Bauvertrag an und bestätigte einen erheblichen Mangel des Batteriespeichers aufgrund der unzulässigen Kapazitätsdrosselung und Fehlfunktion, der einen Teilrücktritt rechtfertigte.
- Konsequenzen für die Parteien: Die Beklagte muss dem Kläger den geforderten Betrag zahlen und die mangelhaften Teile zurücknehmen; zudem trägt sie die Kosten des gesamten Verfahrens.
Der Fall vor Gericht
Darf ein Hersteller die Leistung eines Solarspeichers aus der Ferne drosseln?
Ein Hausbesitzer investiert in seine Energiezukunft: eine glänzende Photovoltaik-Anlage mit einem leistungsstarken Speicher. Er will seinen eigenen Strom produzieren, speichern und nutzen – unabhängig und umweltfreundlich. Doch wenige Wochen nach der Inbetriebnahme geschieht etwas Unerwartetes. Ohne sein Wissen greift jemand von außen auf seine Anlage zu und kappt die Leistung seines teuren Batteriespeichers. Aus 100 Prozent versprochener Kapazität werden über Nacht nur noch 70. Was wie ein schlechter Scherz klingt, landete als handfester Rechtsstreit vor dem Landgericht Rostock. Die zentrale Frage: Muss ein Kunde eine solche ferngesteuerte Leistungsbremse einfach hinnehmen?
Warum durfte der Hausbesitzer den Vertrag für den Speicher rückgängig machen?

Der Hausbesitzer erklärte einen sogenannten Teilrücktritt. Er wollte nicht die gesamte Solaranlage zurückgeben, sondern nur die mangelhaften Komponenten: den Batteriespeicher und die dazugehörigen Wallboxen. Das Gesetz erlaubt einen solchen Schritt, wenn eine Gesamtleistung – wie hier die Photovoltaik-Anlage – aus technisch und wirtschaftlich trennbaren Teilen besteht. Der Speicher war ein solches eigenständiges Modul.
Das Gericht sah die Sache klar. Der Speicher war mangelhaft. Zwei Gründe zementierten diese Einschätzung. Der erste war offensichtlich: Die nutzbare Kapazität wurde auf 70 Prozent reduziert. Das Produkt lieferte nicht, was es versprach. Der zweite Grund war subtiler, aber juristisch genauso stark. Die technische Konstruktion des Speichers ermöglichte es dem Hersteller überhaupt erst, per Fernzugriff die Leistung zu beschneiden. Ein Kunde kauft ein Gerät, um die volle Kontrolle darüber zu haben. Er darf erwarten, dass die vereinbarte Speicherkapazität verlässlich zur Verfügung steht. Ein heimlicher Fernzugriff, der die Kerneigenschaft des Produkts einschränkt, gehört nicht zur normalen Beschaffenheit. Die Firma hatte im Angebot sogar eine „Kapazitäts- und Bauteilgarantie von 10 Jahren zu 100 %“ ausgewiesen. Dieses Versprechen bestärkte die Erwartung des Kunden zusätzlich.
Der Hausbesitzer hatte der Verkäuferfirma eine Frist zur Reparatur gesetzt. Nichts geschah. Damit war der Weg für einen wirksamen Rücktritt frei.
Wieso war die Solaranlage ein Bauwerk und kein einfaches Kaufobjekt?
Diese Frage klingt nach juristischer Haarspalterei, war für den Fall aber von großer Bedeutung. Das Gericht stufte die Lieferung und Montage der gesamten Anlage nicht als simplen Kaufvertrag ein, sondern als Bauvertrag, eine spezielle Form des Werkvertrags. Bei einem Kaufvertrag wird eine Sache übergeben. Bei einem Werkvertrag wird ein bestimmter Erfolg geschuldet.
Hier ging es um viel mehr als nur um das Abladen von Kisten. Das Angebot umfasste detaillierte Planungs- und Montageleistungen: die Errichtung einer Unterkonstruktion auf dem Dach, die individuelle Anpassung an die Dachstatik, komplexe Kabelführungen, Wanddurchbrüche und die gesamte Inbetriebnahme. Die Firma schuldete nicht nur die Einzelteile, sondern ein funktionierendes, fest mit dem Gebäude verbundenes Gesamtwerk. Diese Einordnung als Bauvertrag hat rechtliche Konsequenzen, etwa für die geltenden Gewährleistungsregeln. Sie untermauerte den Anspruch des Kunden auf ein mangelfreies und dauerhaft funktionierendes Gesamtsystem.
Konnte sich die Verkäuferfirma mit dem Argument der Herstellersicherheit herausreden?
Die Verkäuferfirma verteidigte sich. Die Drosselung sei eine notwendige Sicherheitsmaßnahme des Herstellers gewesen, um Brandgefahren nach Vorfällen mit anderen Geräten zu verhindern. Man habe darauf keinen Einfluss gehabt. Das Gerät sei bei der Auslieferung ja noch voll funktionsfähig gewesen.
Dieses Argument ließ das Gericht nicht gelten. Für den Kunden ist die Verkäuferfirma der alleinige Vertragspartner. Sie ist verantwortlich für die zugesicherten Eigenschaften des Werks. Ob der Mangel durch einen Fehler des Herstellers, eines Zulieferers oder durch einen ferngesteuerten Eingriff entsteht, ist für die Gewährleistungspflicht unerheblich. Der Verkäufer trägt das Risiko, dass seine Produkte die vertraglichen Versprechen einhalten. Die einseitige Reduzierung der Leistung durch den Hersteller war ein Eingriff, den der Kunde nicht dulden musste. Eine solche Möglichkeit war im Vertrag nie vereinbart worden. Der Schutz des Eigentums und der vertraglich gesicherten Leistung wog hier schwerer als die internen Probleme des Herstellers.
Wie wurde der finanzielle Ausgleich fair berechnet?
Mit dem Rücktritt entstand eine Pflicht zur Rückabwicklung. Der Kunde musste den Speicher zurückgeben, die Firma musste den Kaufpreis erstatten. Alles Zug um Zug. Ein Knackpunkt blieb: Der Hausbesitzer hatte den Speicher für einige Monate genutzt und damit Stromkosten gespart. Diesen Vorteil musste er sich anrechnen lassen.
Über die Höhe dieses Vorteils entbrannte ein Streit. Die Verkäuferfirma forderte eine hohe Anrechnung. Sie rechnete mit einer kurzen Lebensdauer des Akkus und zog den Wertverlust linear ab, fast wie bei einem Auto. Das hätte den Erstattungsbetrag für den Kunden stark geschmälert.
Das Gericht wählte einen anderen, präziseren Weg. Es orientierte sich nicht an einer abstrakten Zeitachse, sondern an der tatsächlichen Nutzung. Die Formel war logisch: Man nimmt den Bruttokaufpreis des Speichers und teilt ihn durch die erwartbare Gesamtenergiemenge, die der Speicher über seine gesamte Lebensdauer (hier geschätzt auf 20 Jahre) liefern kann. Diesen Wert pro Kilowattstunde multipliziert man mit der tatsächlich genutzten Energiemenge. Das Ergebnis war ein fairer Ausgleich von nur rund 165 Euro. Wegen der Mängel kürzte das Gericht diesen Betrag nochmals um 30 Prozent. Die lineare Abschreibungsmethode der Verkäuferfirma wurde als unpassend verworfen.
Was bedeutete das „Versäumnisurteil“ im Verfahren?
Das Verfahren hatte eine prozessuale Besonderheit. Zunächst hatte die beklagte Verkäuferfirma auf die Klage nicht fristgerecht mit einer Verteidigungsschrift reagiert. In solchen Fällen kann ein Gericht ein Versäumnisurteil erlassen. Das bedeutet, der Kläger gewinnt quasi automatisch, weil sich die Gegenseite nicht wehrt.
Die Firma legte gegen dieses Urteil Einspruch ein und brachte erst dann ihre Argumente vor. Das Gericht musste den Fall daraufhin noch einmal vollständig prüfen. Am Ende bestätigte es jedoch seine ursprüngliche Entscheidung und erklärte das Versäumnisurteil für aufrechterhalten. Die Verkäuferfirma musste nicht nur den Kaufpreis erstatten, sondern auch die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen.
Die Urteilslogik
Ein Gerichtsurteil verdeutlicht die klaren Grenzen, die Unternehmen bei der Leistungsgestaltung und -kontrolle ihrer Produkte gegenüber Kunden einhalten müssen.
- Produktmangel durch eingeschränkte Kontrolle: Ein Produkt ist mangelhaft, sobald seine zugesicherte Leistung ohne Zustimmung des Käufers schrumpft oder seine technische Beschaffenheit unangekündigte Fernzugriffe zur Leistungsdrosselung ermöglicht.
- Verantwortung des Vertragspartners: Der Verkäufer trägt die volle Verantwortung für die zugesicherten Eigenschaften eines Produkts; Herstellerprobleme oder ferngesteuerte Eingriffe entbinden ihn nicht von seiner Gewährleistungspflicht.
- Natur komplexer Installationen: Komplexe technische Installationen stellen einen Werkvertrag dar, weil der Anbieter nicht bloße Einzelteile liefert, sondern ein fest mit dem Gebäude verbundenes und funktionsfähiges Gesamtwerk schuldet.
Vertraglich zugesicherte Leistungen müssen uneingeschränkt erbracht werden, und Käufer behalten die volle Kontrolle über ihre Produkte.
Benötigen Sie Hilfe?
Haben Sie Mängel an Ihrer Photovoltaikanlage oder dem Speicher entdeckt? Lassen Sie sich für eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Anliegens beraten.
Das Urteil in der Praxis
Für jeden, der vernetzte Geräte verkauft, sollte dieses Urteil ab sofort zur Pflichtlektüre gehören. Es zerbricht die Illusion, dass Hersteller oder Verkäufer die Leistung eines gekauften Geräts ungestraft und ungefragt aus der Ferne drosseln dürfen. Die gnadenlose Botschaft ist: Ein einmal verkauftes Produkt gehört dem Kunden – volle Funktionalität und Kontrolle sind nicht verhandelbar. Das Gericht macht klar: Egal ob „Sicherheitsupdate“ oder interne Probleme des Herstellers, für solche Eingriffe haftet der Verkäufer und muss dafür bluten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Darf mein Solarspeicher durch den Hersteller aus der Ferne gedrosselt werden?
Nein, ein Hersteller darf die Leistung Ihres Solarspeichers nicht aus der Ferne drosseln, da dies einen erheblichen Mangel darstellt, der Ihre vertraglich zugesicherte Kontrolle und die volle Leistung des Geräts verletzt, selbst wenn Sicherheitsgründe vorgeschoben werden. Dies ist ein klarer Bruch der Vereinbarung, die Sie mit dem Verkäufer getroffen haben.
Wer viel Geld in einen Solarspeicher investiert, erwartet volle Hoheit über sein Eigentum und die volle Kapazität. Eine unangekündigte Fern-Drosselung der Speicherkapazität ist ein klarer Mangel; das Gerät liefert schlicht nicht die versprochene Leistung. Juristen nennen das einen Sachmangel, der Ihre Kontrolle über das Gerät empfindlich untergräbt. Ein heimlicher Fernzugriff, der die Kerneigenschaft des Produkts einschränkt, gehört nicht zur normalen Beschaffenheit.
Das Argument des Herstellers, die Drosselung sei eine notwendige Sicherheitsmaßnahme gegen Brandgefahr, zieht vor Gericht nicht. Gerichte haben solche Ausreden konsequent als unzureichend abgewiesen. Ihr Recht auf unversehrtes Eigentum und die zugesicherte Leistung des Solarspeichers wiegt hier schwerer als interne Probleme des Herstellers. Lassen Sie sich keinesfalls von solchen Ausflüchten abspeisen.
Überprüfen Sie sofort die tatsächliche nutzbare Kapazität Ihres Speichers über die Hersteller-App oder das Display und dokumentieren Sie Abweichungen von der versprochenen Leistung mit eindeutigen Screenshots oder Fotos als Beweis.
Welche Rechte habe ich, wenn mein Solarspeicher gedrosselt wurde?
Wurde Ihr Solarspeicher gedrosselt, haben Sie klare Rechte: Zunächst fordern Sie vom Verkäufer die Nachbesserung zur Wiederherstellung der vollen Leistung und können bei Scheitern einen Teilrücktritt vom Vertrag für den mangelhaften Speicher erklären, um den Kaufpreis zurückzuerhalten. Das Gesetz schützt Ihre Investition umfassend.
Diese Drosselung stellt einen erheblichen Mangel dar. Schließlich haben Sie für die volle Kapazität bezahlt. Ihr erster, zwingender Anspruch ist die sogenannte Nacherfüllung: Der Verkäufer muss die volle Leistung kostenfrei wiederherstellen. Vergessen Sie dabei nicht: Ihr alleiniger Vertragspartner ist die Verkäuferfirma, nicht der Hersteller. Das Argument der Herstellersicherheit zählt für Ihre Gewährleistungsansprüche nicht.
Sollte die Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist nicht erfolgen oder fehlschlagen, steht Ihnen der sogenannte Teilrücktritt offen. Dies bedeutet, Sie müssen nicht die gesamte Solaranlage demontieren. Sie geben nur den mangelhaften Solarspeicher zurück und erhalten den entsprechenden Kaufpreis erstattet. Ähnlich verhält es sich, wenn Sie ein defektes Bauteil an einer größeren Maschine reklamieren – nur das defekte Teil wird ersetzt oder erstattet. Die Einstufung einer Solaranlage oft als „Bauwerk“ (Werkvertrag) sichert zudem besonders umfassende Gewährleistungsrechte.
Senden Sie umgehend ein Einschreiben mit Rückschein an die Verkäuferfirma, beschreiben Sie den Mangel präzise und setzen Sie eine Frist von 14 Tagen zur Behebung.
Wie gehe ich vor, um bei einem gedrosselten Solarspeicher mein Geld zurückzubekommen?
Um Ihr Geld zurückzuerhalten, müssen Sie dem Verkäufer zunächst eine Frist zur Nachbesserung setzen. Verstreicht diese Frist fruchtlos, können Sie den ‚Teilrücktritt‘ vom Kaufvertrag für den gedrosselten Solarspeicher erklären, gefolgt von einer Rückabwicklung, bei der ein Nutzungsvorteil fair anhand der tatsächlich bezogenen Energiemenge verrechnet wird.
Bevor Sie den Kaufpreis zurückfordern können, müssen Sie dem Verkäufer eine letzte Chance zur Reparatur einräumen. Setzen Sie ihm eine klare und angemessene Frist, etwa 14 Tage, zur vollständigen Wiederherstellung der vollen Speicherkapazität. Senden Sie dieses Schreiben unbedingt per Einschreiben mit Rückschein, um einen Nachweis zu haben. Geschieht innerhalb dieser Frist nichts, ist der Weg frei für Ihren ‚Teilrücktritt‘ vom Vertrag, speziell für den mangelhaften Speicher. Das Gesetz erlaubt diesen Schritt, weil der Solarspeicher als trennbarer Bestandteil Ihrer Gesamtanlage gilt.
Seien Sie auf die Anrechnung eines Nutzungsvorteils gefasst. Juristen nennen das einen finanziellen Ausgleich für die Zeit, in der Sie den Speicher, wenn auch eingeschränkt, nutzen konnten. Lassen Sie sich hierbei nicht auf pauschale oder lineare Abschreibungen ein, wie es Verkäufer gerne versuchen. Die rechtliche Praxis, gestützt durch Gerichtsurteile, verlangt eine präzise Berechnung: Der Vorteil wird anhand der tatsächlich bezogenen Energiemenge und der erwartbaren Gesamtleistung des Speichers über seine Lebensdauer ermittelt. Dies sichert einen fairen Abzug, der bei Mängeln sogar weiter gekürzt werden kann.
Holen Sie sich detaillierte Verbrauchsdaten Ihres Speichers, um den Nutzungsvorteil berechnen zu können, und dokumentieren Sie alle Kommunikationsversuche mit dem Verkäufer, um Ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen zu können, falls nötig.
Welche Rolle spielen Gerichte bei der Durchsetzung von Kundenrechten bei gedrosselten Solarspeichern?
Gerichte spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um die Durchsetzung Ihrer Rechte bei gedrosselten Solarspeichern geht. Sie können nicht nur ein Versäumnisurteil erwirken, sollte der Verkäufer auf Ihre Forderungen nicht reagieren, sondern auch Herstellerargumente abweisen und somit die Grundlage für Ihre Ansprüche stärken. Dies sichert Ihnen den Weg zu Ihrem Recht.
Ignoriert der Verkäufer Ihre berechtigten Forderungen nach Nachbesserung oder Rückabwicklung, können Sie gerichtlich Druck aufbauen. Das Gericht ist befugt, auf Antrag ein Versäumnisurteil zu erlassen, wenn die beklagte Partei – hier der Verkäufer – nicht fristgerecht auf die Klage reagiert oder zur Verhandlung erscheint. Im Klartext bedeutet das: Obwohl es keine mündliche Verhandlung gab, hat dieses Urteil dieselbe bindende und vollstreckbare Wirkung wie eine Entscheidung nach einem vollständigen Prozess. Das Verfahren wird beschleunigt.
Ein passender Vergleich: Ihr Anwalt schickt eine Einladung zum Tanz, und der Verkäufer erscheint einfach nicht. Das Gericht pfeift dann ab und erklärt Sie zum Sieger. Solche Urteile zwingen den Verkäufer dazu, seinen Verpflichtungen nachzukommen – sei es die Wiederherstellung der vollen Speicherkapazität oder die Rückzahlung des Kaufpreises. Gerichte bewerten zudem Versuche der Verkäufer, sich auf interne Sicherheitsprobleme des Herstellers herauszureden, oft als unzureichend. Ihre primäre Verantwortung liegt gegenüber Ihnen, dem Kunden. Der Vorfall in Rostock zeigte dies exemplarisch.
Setzen Sie daher dem Verkäufer stets eine schriftliche Frist, bevor Sie den juristischen Weg beschreiten und ein Versäumnisurteil anstreben.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Nachbesserung
Die Nachbesserung ist der gesetzliche Anspruch eines Kunden, dass der Verkäufer einen Mangel an einer Kaufsache oder einem Werk kostenlos behebt, indem er das Produkt repariert oder neu liefert. Der Gesetzgeber gibt dem Verkäufer diese erste Chance, seine Pflicht zu erfüllen, bevor weitergehende Schritte wie ein Rücktritt vom Vertrag möglich werden. Damit soll eine schnelle und unkomplizierte Mängelbeseitigung gefördert und unnötige Vertragsauflösungen vermieden werden.
Beispiel: Der Hausbesitzer setzte der Verkäuferfirma eine Frist zur Nachbesserung des Solarspeichers, damit dieser wieder die volle Leistung erbringen konnte.
Nutzungsvorteil
Ein Nutzungsvorteil ist ein finanzieller Ausgleich, den ein Kunde zahlen muss, wenn er eine Sache trotz eines Mangels vor der Rückgabe an den Verkäufer nutzen konnte. Dieses Prinzip stellt sicher, dass der Kunde nicht ungerechtfertigt doppelt profitiert, indem er einerseits den Kaufpreis zurückerhält und andererseits die Sache kostenlos verwendet hat. Der Gesetzgeber sorgt so für einen fairen Interessenausgleich bei der Rückabwicklung von Verträgen.
Beispiel: Obwohl der Solarspeicher gedrosselt war, musste der Hausbesitzer für den Zeitraum der Nutzung einen geringen Nutzungsvorteil anrechnen lassen, da er damit Stromkosten sparte.
Teilrücktritt
Der Teilrücktritt ist ein juristischer Weg, um einen Vertrag nur für einen mangelhaften Teil einer Leistung aufzulösen, ohne die gesamte Vereinbarung rückgängig machen zu müssen. Diese Möglichkeit schafft eine flexible Lösung für komplexe Anlagen oder Systeme, die aus mehreren, voneinander trennbaren Komponenten bestehen, und bewahrt den Kunden vor unnötigem Aufwand. Das Gesetz schützt so die Gesamtinvestition des Käufers, während es ihm ermöglicht, sich von fehlerhaften Modulen zu trennen.
Beispiel: Der Hausbesitzer erklärte einen Teilrücktritt vom Vertrag für den Batteriespeicher, da dieser als eigenständiges Modul der Photovoltaik-Anlage mangelhaft war.
Versäumnisurteil
Ein Versäumnisurteil ergeht im Zivilprozess, wenn eine Partei, die ordnungsgemäß geladen wurde, nicht fristgerecht auf die Klage reagiert oder nicht zum Gerichtstermin erscheint. Gerichte nutzen dieses Instrument, um einen Rechtsstreit zügig zu beenden, wenn sich eine Seite offensichtlich nicht verteidigen will oder kann. Damit soll verhindert werden, dass Verfahren unnötig in die Länge gezogen werden und die Justiz effizient arbeiten kann.
Beispiel: Weil die Verkäuferfirma nicht fristgerecht auf die Klage reagierte, erließ das Landgericht Rostock zunächst ein Versäumnisurteil zugunsten des Hausbesitzers.
Werkvertrag
Ein Werkvertrag verpflichtet den Auftragnehmer, einen bestimmten Erfolg oder ein funktionierendes Werk herzustellen, wie zum Beispiel die Montage einer Solaranlage, die fest mit einem Gebäude verbunden wird. Dieses Vertragsmodell unterscheidet sich vom Kaufvertrag, bei dem lediglich eine fertige Sache übergeben wird, und legt den Fokus auf die Erfüllung eines komplexen, oft individuellen Vorhabens inklusive Planung und Installation. Der Gesetzgeber trägt damit der Tatsache Rechnung, dass bei solchen Projekten die Arbeitsleistung und das Ergebnis im Vordergrund stehen und nicht nur die Lieferung von Einzelteilen.
Beispiel: Das Gericht stufte die Lieferung und Montage der gesamten Photovoltaik-Anlage nicht als Kaufvertrag, sondern als Werkvertrag ein, da ein funktionierendes Gesamtwerk geschuldet wurde.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Mangel beim Werkvertrag (§ 633 BGB)
Ein Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit besitzt oder sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Drosselung der Speicherkapazität auf 70 Prozent und die unerlaubte Fernzugriffsmöglichkeit des Herstellers führten dazu, dass der Solarspeicher als mangelhaft galt. - Rücktritt vom Werkvertrag (§ 636 BGB i.V.m. § 323 BGB)
Der Rücktritt ermöglicht es einer Vertragspartei, sich vom Vertrag zu lösen, wenn die andere Partei ihre Leistung nicht vertragsgemäß erbringt und eine gesetzte Frist zur Nachbesserung erfolglos verstrichen ist.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Solarspeicher mangelhaft war und die Verkäuferfirma den Mangel innerhalb der gesetzten Frist nicht behoben hatte, konnte der Hausbesitzer wirksam vom Vertrag über den Speicher zurücktreten. - Werkvertrag (§ 631 BGB)
Ein Werkvertrag ist ein Vertrag, bei dem sich eine Partei verpflichtet, ein bestimmtes Ergebnis (ein „Werk“) herzustellen, und die andere Partei sich verpflichtet, dafür eine Vergütung zu zahlen.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die gesamte Solaranlage wurde als Bauwerk und damit als Werkvertrag eingestuft, da die Leistung über die bloße Lieferung hinausging und detaillierte Planung, Montage sowie Integration in das Gebäude umfasste. - Verantwortlichkeit des Unternehmers (Allgemeines Rechtsprinzip)
Derjenige, der ein Werk herstellt oder liefert, trägt die Verantwortung dafür, dass das Werk mangelfrei ist und die vereinbarten Eigenschaften aufweist, unabhängig davon, ob Dritte den Mangel verursacht haben.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Verkäuferfirma konnte sich nicht damit herausreden, dass der Hersteller die Drosselung vorgenommen hatte, denn sie war als Vertragspartnerin allein für die mangelfreie Funktion des Speichers verantwortlich. - Anrechnung von Nutzungsvorteilen (§ 346 Abs. 2 BGB)
Bei einem Rücktritt vom Vertrag muss die zurückerhaltene Sache zusammen mit den daraus gezogenen Vorteilen herausgegeben werden, um einen fairen Ausgleich zu gewährleisten.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Hausbesitzer musste sich den Wert des Stroms, den er durch die Nutzung des Solarspeichers gespart hatte, vom Erstattungsbetrag abziehen lassen, wobei dieser Vorteil fair und nutzungsbezogen berechnet wurde.
Das vorliegende Urteil
LG Rostock – Az.: 2 O 316/24 – Urteil vom 18.12.2024
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