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Verkehrsunfall zwischen abbiegendem Pkw und schnellem Motorradfahrer

Ein Motorradfahrer verunglückte tödlich beim Überholen eines Rettungswagens, als ein PKW-Fahrer trotz Gegenverkehrs abbog. Obwohl der Motorradfahrer die Geschwindigkeit deutlich überschritt, sieht das Landgericht Kiel die Hauptschuld beim abbiegenden Autofahrer, der die Geschwindigkeit des Motorrads falsch einschätzte. Der PKW-Fahrer muss nun 65 Prozent des Schadens tragen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Kiel
  • Datum: 02.06.2023
  • Aktenzeichen: 2 O 107/22
  • Verfahrensart: Zivilprozess wegen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerinnen:
    • Die Witwe und die Waisen des verstorbenen Motorradfahrers A. Sie fordern Schadensersatz und Schmerzensgeld für den durch den Verkehrsunfall verursachten Verlust.
  • Beklagter 1:
    • Der Fahrer des Pkw, der gegen das abbiegende Motorrad kollidierte. Er argumentiert, der Unfall sei für ihn unabwendbar gewesen und die Geschwindigkeit des Motorrads schwer einzuschätzen.
  • Beklagte 2:
    • Der Versicherungsträger des Beklagten 1.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der tödliche Verkehrsunfall ereignete sich, als ein Motorradfahrer in der Dämmerung auf einer Landstraße die zulässige Höchstgeschwindigkeit um über 100 % überschritt, während ein Pkw-Fahrer links abbog und dessen Geschwindigkeit falsch einschätzte. Der Motorradfahrer verstarb an der Unfallstelle.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, zu welchem Anteil der abbiegende Pkw-Fahrer und der verunfallte Motorradfahrer für den Unfall verantwortlich sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht stellt fest, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 65 % für die Schäden des Verkehrsunfalls haften. Die Klägerinnen tragen 35 % der Kosten. Der Beklagte muss Rechtsanwaltskosten und Verzugszinsen zahlen.
  • Begründung: Der Pkw-Fahrer verstieß gegen die Pflicht zum Warten auf den durchfahrenden Verkehr, während der Motorradfahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritt. Der höhere Verschuldensanteil liegt jedoch beim Pkw-Fahrer.
  • Folgen: Die Beklagten müssen 65 % der Schäden aus dem Verkehrsunfall ersetzen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, solange die Klägerinnen eine Sicherheitsleistung stellen. Weitere Rechtsmittel sind nicht beschrieben.

Abbiegeunfälle im Straßenverkehr: Haftungsfragen und Unfallprävention im Fokus

Im Straßenverkehr kann es schnell zu gefährlichen Situationen kommen, insbesondere wenn Pkw abbiegen und Motorradfahrer in der Nähe sind. Abbiegeunfälle zählen zu den häufigsten Verkehrsunfällen und sind oft mit schweren Verletzungen oder sogar Todesfällen verbunden. Die Verkehrssicherheit steht im Mittelpunkt der Diskussion, denn viele solcher Unfälle könnten durch gezielte Unfallprävention und Sicherheitsmaßnahmen vermieden werden.

Ein zentrales Thema sind die Haftungsfragen, die nach einem solchen Unfall aufkommen. Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Motorradfahrer bei einem abbiegenden Fahrzeug in die Quere kommt? Die Klärung dieser Fragen ist entscheidend, um die Unfallursache zu verstehen und mögliche Verkehrsansprüche zu regeln. Im Folgenden wird ein konkreter Fall analysiert, der Licht auf diese komplexen Themen wirft.

Der Fall vor Gericht


Tödlicher Unfall bei Linksabbiegemanöver: Gericht sieht Hauptschuld beim PKW-Fahrer

PKW beginnt Abbiegevorgang während Motorrad Rettungswagen überholt
Abbiegeunfall mit tödlichem Motorradfahrergebnis (Symbolfoto: Flux gen.)

Ein tragischer Verkehrsunfall auf einer Landstraße zwischen zwei Ortschaften forderte das Leben eines Motorradfahrers. Das Landgericht Kiel hat nun in seinem Urteil (Az.: 2 O 107/22) die Haftungsanteile zwischen dem abbiegenden PKW-Fahrer und dem verunglückten Motorradfahrer festgelegt.

Unfallhergang mit fatalen Folgen

Der Motorradfahrer befuhr die Landstraße und überholte gerade einen Rettungswagen, als ihm ein PKW entgegenkam. Der PKW-Fahrer, der nach links abbiegen wollte, nahm zwar das Motorrad und dessen Überholmanöver wahr, unterschätzte jedoch dessen Geschwindigkeit. Er begann sein Abbiegemanöver, obwohl er das entgegenkommende Motorrad gesehen hatte. Der Motorradfahrer leitete daraufhin eine Vollbremsung ein, verlor dabei die Kontrolle über seine Maschine, stürzte und prallte gegen die Beifahrerseite des abbiegenden PKW. Er erlag noch an der Unfallstelle seinen Verletzungen.

Gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung des Motorradfahrers

Ein im Strafverfahren beauftragter Gutachter ermittelte, dass der Motorradfahrer zum Unfallzeitpunkt mit 109 bis 124 km/h unterwegs war. Im Unfallbereich galt aufgrund einer Baustelle eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h, auch wenn die Bauarbeiten bereits abgeschlossen waren. Der Gutachter stellte fest, dass der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder selbst bei einer Geschwindigkeit von 75 km/h noch vermeidbar gewesen wäre.

Gerichtliche Bewertung der Schuldfrage

Das Landgericht Kiel sah die Hauptverantwortung für den Unfall beim PKW-Fahrer. Dieser hätte erkennen müssen, dass er in der gegebenen Verkehrssituation nicht links abbiegen konnte, ohne den Motorradfahrer in seiner Geradeausfahrt zu behindern. Die Richter betonten, dass der PKW-Fahrer seine Fahrweise so hätte einrichten müssen, dass er den Motorradfahrer weder behinderte noch gefährdete.

Dennoch wurde auch dem Motorradfahrer eine Mitschuld zugesprochen. Durch seine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung erschwerte er es dem PKW-Fahrer, die Verkehrssituation richtig einzuschätzen. Bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hätte er zudem die Möglichkeit gehabt, den Unfall zu vermeiden.

Haftungsverteilung und Schadensersatz

Nach Abwägung aller Umstände legte das Gericht eine Haftungsquote von 65 Prozent zu Lasten des PKW-Fahrers und seiner Versicherung fest. Die Beklagten müssen daher den Hinterbliebenen – der Witwe und den beiden Waisen des Verstorbenen – 65 Prozent aller materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall ersetzen. Zusätzlich wurden sie zur anteiligen Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Gerichtsurteil etabliert wichtige Prinzipien bei tödlichen Verkehrsunfällen mit geteilter Schuld. Auch wenn ein Verkehrsteilnehmer erheblich zu schnell fährt, kann der Hauptverursacher eines Unfalls der andere Verkehrsteilnehmer sein, wenn dieser durch sein Abbiegeverhalten die gefährliche Situation erst geschaffen hat. Das Gericht lehnt dabei eine schematische Betrachtung ab und betont die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung führt nicht automatisch zur Alleinhaftung.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Hinterbliebene eines Verkehrsunfallopfers haben Sie auch dann Anspruch auf Schadensersatz, wenn Ihr verstorbener Angehöriger eine Mitschuld am Unfall trug. Selbst bei erheblichen Verkehrsverstößen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen können Sie Ansprüche geltend machen, wenn der Unfallgegner die gefährliche Situation maßgeblich verursacht hat. Die Versicherung des Unfallgegners muss dann einen entsprechenden Anteil des Schadens übernehmen. Lassen Sie sich daher nicht vorschnell abweisen, sondern prüfen Sie mit anwaltlicher Hilfe Ihre Ansprüche genau.


Benötigen Sie Hilfe?

Die differenzierte Bewertung von Verkehrsunfällen erfordert eine sorgfältige juristische Analyse – besonders wenn es um die Frage der Schuldzuweisung geht. Unsere langjährige Expertise im Verkehrsrecht ermöglicht es uns, Ihren individuellen Fall detailliert zu prüfen und mögliche Ansprüche zu identifizieren. Wir stehen Ihnen als kompetenter Ansprechpartner zur Seite und analysieren Ihre Situation, um die bestmögliche rechtliche Strategie zu entwickeln. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Schadensersatzansprüche haben Hinterbliebene nach einem tödlichen Verkehrsunfall?

Hinterbliebenengeld

Seit Juli 2017 steht den nahen Angehörigen eines Unfallopfers ein gesetzlicher Anspruch auf Hinterbliebenengeld zu. Dieser Anspruch gilt automatisch für Ehepartner, Lebenspartner, Kinder und Eltern des Verstorbenen. Andere Verwandte wie Geschwister oder Großeltern müssen ein besonderes Näheverhältnis zum Verstorbenen nachweisen.

Schmerzensgeldanspruch des Verstorbenen

Wenn das Unfallopfer nicht sofort verstirbt, entsteht ein Schmerzensgeldanspruch für die Leidenszeit. Dieser Anspruch geht auf die Erben über. Die Höhe richtet sich nach der Überlebenszeit und ob der Verletzte bei Bewusstsein war.

Materielle Ansprüche

Die Hinterbliebenen haben Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten. Zusätzlich können sie einen Unterhaltsschaden geltend machen, wenn der Verstorbene sie finanziell unterstützt hat. Dies umfasst:

  • Verluste am Lebensunterhalt
  • Entgangene Rentenansprüche
  • Einbußen bei der Altersvorsorge

Anspruchsberechtigte Personen

Der Kreis der Anspruchsberechtigten umfasst primär die nächsten Familienangehörigen. Dies sind:

  • Ehepartner und eingetragene Lebenspartner
  • Kinder
  • Eltern

Ein besonderes Näheverhältnis wird bei diesen Personen automatisch vermutet. Andere Verwandte wie Geschwister oder Großeltern müssen ihr besonderes Näheverhältnis zum Verstorbenen konkret nachweisen und begründen.


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Wie wird die Haftungsquote bei Verkehrsunfällen mit mehreren Beteiligten ermittelt?

Die Haftungsquote wird anhand der Verursachungsbeiträge der beteiligten Verkehrsteilnehmer bestimmt. Bei der Bewertung spielen sowohl das Verschulden als auch die Betriebsgefahr der Fahrzeuge eine entscheidende Rolle.

Grundsätze der Haftungsverteilung

Die Haftung wird nach dem Grad des Verschuldens der Unfallbeteiligten aufgeteilt. Selbst ohne eigenes Verschulden kann aufgrund der Betriebsgefahr des Fahrzeugs eine Haftung von bis zu 20% bestehen.

Bewertung der Verursachungsbeiträge

Bei der Ermittlung der Haftungsquote werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

  • Die Schwere der Verkehrsverstöße
  • Die Kausalität der Verstöße für den Unfall
  • Die konkrete Verkehrssituation
  • Das Maß der Sorgfaltspflichtverletzung

Praktische Anwendung

Bei einem Unfall zwischen einem abbiegenden Fahrzeug und einem überholenden Motorrad zeigt sich die differenzierte Bewertung besonders deutlich. Der Linksabbieger haftet typischerweise zu 60-70%, wenn er seine doppelte Rückschaupflicht verletzt. Die Haftungsquote kann sich jedoch deutlich verschieben, wenn besondere Umstände vorliegen:

Bei einer massiven Geschwindigkeitsüberschreitung des Überholenden kann dessen Haftungsanteil auf bis zu 50% steigen. Ist die überhöhte Geschwindigkeit hingegen nicht unfallursächlich, kann die Haftung des Überholenden auch bei nur 25% liegen.

Die Gerichte bewerten jeden Einzelfall individuell und berücksichtigen dabei alle relevanten Umstände. So kann etwa bei einer unklaren Verkehrssituation oder einer Kolonne die Haftung des überholenden Fahrzeugs sogar bei 100% liegen.


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Welche Fristen müssen bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach einem tödlichen Verkehrsunfall beachtet werden?

Bei einem tödlichen Verkehrsunfall gelten unterschiedliche Verjährungsfristen für verschiedene Anspruchsarten:

Strafrechtliche Verjährung

Die fahrlässige Tötung verjährt nach 5 Jahren ab dem Tag des Unfalls. Diese Frist kann durch bestimmte Ermittlungshandlungen wie Vernehmungen oder Durchsuchungen unterbrochen werden.

Schmerzensgeldansprüche der Erben

Wenn das Unfallopfer nicht sofort verstirbt, geht der Schmerzensgeldanspruch auf die Erben über. Die reguläre Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Erbfall eingetreten ist.

Schockschäden bei Angehörigen

Bei einem Schockschaden haben Angehörige einen eigenen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Verjährungsfrist beträgt ebenfalls 3 Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Schaden und der Schädiger bekannt wurden.

Besonderheiten bei unbekanntem Unfallverursacher

Wenn der Unfallverursacher zunächst unbekannt ist, beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Ende des Jahres, in dem die Identität des Schädigers festgestellt wurde. In solchen Fällen gilt eine maximale Verjährungsfrist von 30 Jahren.

Beerdigungskosten und Unterhaltsschäden

Für diese materiellen Ansprüche gilt die reguläre Verjährungsfrist von 3 Jahren. Die Frist beginnt auch hier mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.


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Welche Rolle spielt ein technisches Gutachten bei der Unfallrekonstruktion?

Ein technisches Gutachten ist das zentrale Beweismittel zur objektiven Rekonstruktion des Unfallhergangs. Bei einem Zusammenstoß zwischen einem abbiegenden PKW und einem Motorrad liefert es präzise Erkenntnisse über Geschwindigkeiten, Reaktionszeiten und den exakten Ablauf der Kollision.

Technische Analyse und Dokumentation

Der Gutachter untersucht systematisch alle unfallrelevanten Aspekte. Dazu gehören die Dokumentation der Fahrzeugschäden durch Fotos, die Vermessung des Unfallortes und die Auswertung von Unfallspuren wie Bremsspuren oder Fahrzeugteilen. Moderne Analysemethoden ermöglichen dabei eine detaillierte Rekonstruktion: Spezielle Computersoftware erstellt ein präzises Modell des Unfallablaufs.

Ermittlung der Unfallursachen

Ein wesentlicher Bestandteil des Gutachtens ist die Analyse der technischen Unfallursachen. Der Sachverständige prüft beispielsweise, ob die Geschwindigkeit des Motorrades angemessen war, ob der PKW-Fahrer den Abbiegevorgang korrekt durchgeführt hat und ob technische Mängel an den Fahrzeugen zum Unfall beigetragen haben.

Bedeutung für die Beweisführung

Die Ergebnisse des technischen Gutachtens sind für die Klärung der Schuldfrage von entscheidender Bedeutung. Wenn Sie in einen Unfall verwickelt sind, stellt das Gutachten objektive und nachprüfbare Fakten bereit. Diese technischen Analysen können beispielsweise belegen, ob der Motorradfahrer zu schnell fuhr oder der PKW-Fahrer seine Sorgfaltspflicht beim Abbiegen verletzt hat.


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Welche Versicherungen sind bei einem tödlichen Verkehrsunfall einzuschalten?

Bei einem tödlichen Verkehrsunfall zwischen einem abbiegenden PKW und einem Motorradfahrer müssen mehrere Versicherungen kontaktiert werden.

Primäre Versicherungen

Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ist die wichtigste Ansprechpartnerin für die Regulierung der Ansprüche. Falls die gegnerische Versicherung nicht bekannt ist, hilft der Zentralruf der Autoversicherer unter der kostenlosen Nummer 0800 250 260 0.

Ansprüche der Hinterbliebenen

Die Erben können sowohl vererbte als auch eigene Ansprüche geltend machen. Zu den vererbten Ansprüchen gehören:

  • Materielle Schadensersatzansprüche wie Fahrzeugschäden und Sachverständigenkosten
  • Schmerzensgeldansprüche des Verstorbenen, deren Höhe sich nach der Überlebensdauer richtet

Weitere relevante Versicherungen

Der Todesfall kann Leistungen aus verschiedenen Versicherungen auslösen:

  • Insassenunfallversicherung bei entsprechendem Versicherungsschutz
  • Private Unfallversicherung des Verstorbenen
  • Gesetzliche Unfallversicherung, besonders bei Arbeitswegeunfällen

Besondere Versicherungsleistungen

Die Hinterbliebenen haben Anspruch auf Sterbegeld, dessen Höhe kürzlich durch das Unfallversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz angepasst wurde. Bei Unterhaltsverpflichtungen des Verstorbenen entstehen Schadensersatzansprüche für entgangene Unterhaltsansprüche nach §§ 844 II BGB, 10 II StVG.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Haftungsquote

Eine gerichtlich festgelegte prozentuale Aufteilung der Verantwortung für einen Schaden zwischen mehreren Beteiligten. Sie bestimmt, zu welchem Anteil die jeweiligen Parteien für die entstandenen Kosten und Schäden aufkommen müssen. Die Quote wird nach der Schwere des jeweiligen Verschuldens bemessen. Geregelt ist dies in §§ 254, 840 BGB. Beispiel: Bei einer Haftungsquote von 65:35 muss der Hauptverursacher 65% der Gesamtkosten tragen, während der andere Beteiligte für 35% aufkommt.


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Mitschuld

Ein rechtliches Konzept, das beschreibt, inwieweit der Geschädigte selbst zur Entstehung seines Schadens beigetragen hat. Die Mitschuld führt zu einer Minderung des Schadensersatzanspruchs nach § 254 BGB. Sie liegt vor, wenn der Geschädigte die gebotene Sorgfalt außer Acht lässt, beispielsweise durch überhöhte Geschwindigkeit im Straßenverkehr. Die Mitschuld wird bei der Bemessung des Schadensersatzes berücksichtigt und kann zu einer prozentualen Kürzung der Ersatzleistung führen.


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Materielle Schäden

Bezeichnet alle finanziell messbaren Vermögenseinbußen, die durch einen Schadensfall entstehen. Dazu gehören etwa Reparaturkosten, Verdienstausfall oder Behandlungskosten. Gesetzlich geregelt in §§ 249 ff. BGB. Bei einem Verkehrsunfall können dies beispielsweise die Kosten für ein neues Fahrzeug, Bergungskosten oder der Verdienstausfall des Geschädigten sein. Im Gegensatz zu immateriellen Schäden lassen sich materielle Schäden konkret beziffern.


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Immaterielle Schäden

Bezeichnet nicht-wirtschaftliche Schäden wie seelische oder körperliche Leiden, die nicht direkt in Geld messbar sind. Sie werden durch Schmerzensgeld nach § 253 BGB ausgeglichen. Dazu gehören etwa psychische Belastungen, dauerhafte Beeinträchtigungen der Lebensqualität oder der Verlust eines Angehörigen. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach Art, Schwere und Dauer der Beeinträchtigung sowie vergleichbaren Gerichtsentscheidungen.


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Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

Kosten für anwaltliche Tätigkeiten, die vor einem gerichtlichen Verfahren entstehen, etwa für Beratung, Korrespondenz oder Vergleichsverhandlungen. Diese Kosten sind nach § 249 BGB als Schadensposition erstattungsfähig. Der Geschädigte kann sie als Teil seines Schadens geltend machen, wenn die Einschaltung eines Anwalts zur Durchsetzung seiner Ansprüche erforderlich und angemessen war.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 B (Schadenersatzpflicht): Dieser Paragraph regelt die allgemeine Haftung für Schäden, die durch rechtswidriges Handeln verursacht werden. Der Schädiger ist verpflichtet, den daraus resultierenden Schaden zu ersetzen. Im vorliegenden Fall ist zentral, dass der Beklagte durch sein abweichendes Verhalten (falsche Einschätzung der Geschwindigkeit des Motorrads) zur Kollision beigetragen hat, was eine Haftung gemäß § 823 BGB begründet.
  • § 254 BGB (Mitverschulden): Diese Norm beschäftigt sich mit der Frage des Mitverschuldens, wenn mehrere Parteien zur Schadensentstehung beigetragen haben. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der Motorradfahrer die zulässige Geschwindigkeit erheblich überschritt, was sein eigenes Mitverschulden begründet und proportional zur Haftung des Beklagten in Relation gesetzt wird.
  • § 1 StVG (Gesetz über den Schutz Verkehrsteilnehmern): Dieses Gesetz regelt die Haftung im Straßenverkehr und betont die Gefährdungshaftung für Verkehrsteilnehmer. Das Gericht hat entschieden, dass der Beklagte zu 65 % haftet, was im Einklang mit dem StVG steht, wonach eine Haftung trotz Mitverschulden des Motorradfahrers festgelegt wird.
  • § 242 BGB (Leistung nach Treu und Glauben): Dieser Paragraph legt fest, dass die Ausübung von Rechten und die Erfüllung von Verpflichtungen in einer Weise erfolgen sollen, die mit Treu und Glauben vereinbar ist. Die Berücksichtigung der Umstände, insbesondere der feuchten Fahrbahn und der Sichtverhältnisse, beeinflusst die Klärung, ob die Schadensersatzansprüche rechtmäßig sind und in welchem Umfang sie durch das Verhalten des Beklagten gemindert werden können.
  • § 286 ZPO (Beweislast): Dieser Paragraph regelt die Beweislast im Zivilprozess. Im konkreten Fall müssen die Klägerinnen beweisen, dass der Sicherheitsabstand und die Sichtverhältnisse für den Unfall relevant sind. Die Verantwortung, die Umstände darzulegen, die die Wahrnehmung des Verkehrszeichens betreffen, liegt bei den Klägerinnen, was den Ausgang Verfahrens beeinflussen kann.

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Das vorliegende Urteil

LG Kiel – Az.: 2 O 107/22 – Urteil vom 02.06.2023


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