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Schmerzensgeld für Faustschläge und Nasenbeinfraktur

AG Itzehoe, Az.: 96 C 269/10, Urteil vom 18.11.2011

I. Das Versäumnisurteil vom 07.12.2010 wird – insoweit klarstellend – aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 600,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2009 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, daß die Forderung wie unter Ziff. 1 auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 29,25 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2009 zu zahlen.

II. Im übrigen – über die Verurteilung aus Ziff. 1 hinaus – wird das Versäumnisurteil vom 07.12.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten seiner Säumnis im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07.12.2010. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgelds wegen Faustschlägen und einer Nasenbeinfraktur.

Schmerzensgeld für Faustschläge und Nasenbeinfraktur
Symbolfoto: Discovod/Bigstock

In der Nacht vom 18. auf den 19.04.2009 besuchten die Parteien unabhängig voneinander die Gastwirtschaft „D.“ in K.. Der Beklagte beobachtete dabei eine Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dessen damaliger Freundin H.. Einige Zeit später trafen die Parteien vor der Gastwirtschaft wieder aufeinander. Dort kam es sodann zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen ihnen – ggfls unter Beteiligung weiterer Personen.

Der Kläger behauptet, der Beklagte sei vor der Gastwirtschaft sofort auf ihn zugegangen und habe ihm ohne Vorwarnung mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Dabei habe er eine äußerst schmerzhafte Nasenbeinfraktur erlitten mit einer Verkrümmung nach rechts, die operativ habe wieder begradigt werden müssen. Aufgrund der Nasenbeinfraktur leide er als Spätfolge immer noch regelmäßig unter Nasenbluten. Der Kläger begehrt daher ein Schmerzensgeld von mindestens 1.800,- EUR.

Mit Versäumnisurteil vom 07.12.2010 ist der Beklagte wie folgt verurteilt worden:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.800,- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2009 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, daß die unter Ziffer 1 bezeichnete Forderung auf unerlaubter Handlung beruht.

3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 123,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2010 zu ersetzen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Mit am 23.12.2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte gegen dieses ihm am 09.12.2010 zugestellte Versäumnisurteil Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 07.12.2010 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 07.12.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er behauptet, der Kläger habe Frau H. in der Gastwirtschaft im Streit eine Kopfnuß gegeben. Daraufhin habe er sich eingemischt, sei aber vom Kläger bedroht worden, bis dieser vom Ordnungsdienst aus dem Lokal herausgeworfen worden sei. Vor der Gastwirtschaft sei es sodann zu einem Handgemenge mit gegenseitigen Schlägen zwischen ihm und Herrn G.e auf der einen sowie dem Beklagten und weiteren Personen auf der anderen Seite gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2011 (Bl. 41 ff. d.A.) verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe der Beweisverfügungen vom 07.01.2011 (Bl. 25 d.A.) und vom 12.04.2011 (Bl. 67 d.A.) sowie der Beweisbeschlüsse vom 11.05.2011 (Bl. 116 d.A.) und vom 28.06.2011 (Bl. 122 d.A.) durch die Vernehmung der Zeugen H., G., K., P., B., W. und J.H. sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 01.02.2011 (Bl. 41 ff. d.A.) und vom 03.05.2011 (Bl. 99 ff. d.A.) sowie auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. med. K. vom 06.09.2011 (Bl. 126 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat teilweise in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 600,- EUR aus den §§ 823 Abs.1, Abs.2, 249, 253 Abs.2 BGB, 223 Abs.1, 231 StGB für die erlittene Nasenbeinfraktur.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß der Kläger von dem Beklagten oder zumindest aus der Gruppe des Beklagten einen Faustschlag ins Gesicht erhielt und dabei eine Nasenbeinfraktur erlitten. Der Beklagte hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung zugestanden, auch zugeschlagen zu haben, und gemeint, er habe dem Kläger am Kinn erwischt. Die Zeugin H. hat von einem Schlag des Beklagten ins Gesicht des Klägers berichtet. Auch der Zeuge G. hat eine Keilerei auch zwischen den Parteien geschildert, wobei er einen eigenen Schlag ins Gesicht eines Gegners ausschließen konnte. Der Zeuge J.H. hat gleichfalls bekundet, der Beklagte habe dem Kläger mindestens einmal mit der Faust auf die Nase geschlagen. Des weiteren hat die Zeugin H. glaubhaft angegeben, der Kläger habe nach der Schlägerei eine blutige und blutende Nase gehabt. Aus dem Bericht des Zeugen Dr. med. S. vom 24.04.2009 (Bl. 96 d.A.) ergibt sich dabei ferner, daß der Beklagte in der Nacht eine Nasenbeinfraktur erlitt, die eine operative Repositionierung erforderlich machte. Nach alledem steht mit hinreichender Sicherheit fest, daß schon die blutige und blutende Nase nach der Schlägerei aus der Nasenbeinfraktur hervorging. Des weiteren steht fest, daß der Kläger zumindest aus der Gruppe des Beklagten den die Nasenbeinfraktur hervorrufenden Faustschlag ins Gesicht erhielt. Nach den insoweit glaubhaften Aussagen aller Zeugen kommt nur der Beklagte als Täter des Faustschlags oder sonstigen Schlag ins Gesicht des Klägers in Betracht. Eine Haftung des Beklagten für eine Faustschlag ergibt sich dabei aber auch bereits aus seiner persönlichen Anhörung. Steht fest, daß der Schädiger mit Verletzungsneigung in die Schutzsphäre des Geschädigten eingegriffen hat, ist eine Beweisführung hinsichtlich der Ursächlichkeit des Verhaltens für den Verletzungserfolg nach § 830 Abs.1 S.2 BGB nicht mehr erforderlich; läßt sich nicht ermitteln, wer von mehreren Beteiligten einen Schaden durch seine Handlung verursacht hat, so ist jeder für den Schaden verantwortlich (vgl. AG Pinneberg, SchlHA 2003, 143 f.). Auch nach den Angaben des Beklagten hat er zugeschlagen und damit mit Verletzungsneigung und sogar -absicht in die Schutzsphäre des Klägers eingegriffen. Soweit er sich damit gegenüber dem Kläger als Gegner an einer Schlägerei beteiligt hat, ist er für die Folgen dieser Schlägerei für den Kläger mit verantwortlich. Daß der Kläger am Ende der Schlägerei eine Nasenbeinfraktur erlitten hatte, steht nach den obigen Ausführungen zur Überzeugung des Gerichts fest.

Bei der Bemessung des Schmerzensgelds sind in bezug auf die Ausgleichsfunktion die vom Kläger erlittenen, mit einer Nasenbeinfraktur zwingend verbundenen Schmerzen sowie die umfangreicheren und länger währenden Behandlungsfolgen zu berücksichtigen. Irgendwelche Spätfolgen konnten dagegen nicht festgestellt werden, da der Sachverständige Dr. med. K. vielmehr überzeugend ausgeführt hat, die Neigung des Klägers zu Nasenbluten habe mit der Nasenbeinfraktur nichts zu tun. In bezug auf die Genugtuungsfunktion ist vorliegend aber zu berücksichtigen, daß der Kläger nicht grund- und gänzlich schuldlos in die Auseinandersetzung mit hineingezogen wurde. Der Kläger hat selbst zugestanden, sich einen erheblichen Streit mit seiner damaligen Freundin geliefert zu haben, bei dem es von außen so ausgesehen haben könnte, als hätte er dieser eine Kopfnuß gegeben. Die Zeugin H. hat ferner bestätigt, daß der Kläger sodann auch den Beklagten beleidigt habe, und der Zeuge Jesko Homfeldt hat angegeben, der Beklagte sei zunächst lediglich in den Streit zwischen den beiden dazwischengegangen. Unter diesen Umständen ging die Aggression zwischen den Parteien zunächst zumindest auch von dem Kläger aus. Ob der Beklagte dem Kläger vor der Gastwirtschaft sodann ohne Vorwarnung einen Faustschlag versetzte oder ob die Schlägerei eher die Folge eines gegenseitigen Beleidigens und Provozierens war, bleibt nach den entgegengesetzten und insoweit jeweils gleich (un-) glaubhaften Aussagen der Zeugen unklar. Unter diesen Umständen ist das Schmerzensgeld für den Kläger deutlich niedriger zu bemessen, als wäre ihm auf offener Straße ohne Vorwarnung eine Nasenbeinfraktur zugefügt worden. Der Kläger hat die Auseinandersetzung mit dem Beklagten nämlich zumindest mit verursacht und provoziert; er ist nicht gänzlich ohne eigenes Verschulden in die Schlägerei geraten. Unter Abwägung dieser Kriterien erscheint insgesamt ein Schmerzensgeld von 600,- EUR für den Kläger angemessen, aber auch ausreichend. Die weitergehende Klage war deshalb abzuweisen.

Soweit der Beklagte dem Kläger – auch nach seinen eigenen Angaben – einen (bewußten) Schlag ins Gesicht verpaßt hat, war im Hinblick auf die Regelung des § 850 f Abs.2 ZPO auf den Antrag des Klägers ferner festzustellen, daß dessen Forderung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht.

Die Nebenforderung auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H. der allein geltend gemachten 0,65 -Gebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu einem Streitwert bis 600,- EUR sowie die Zinsforderungen beruhen auf den §§ 280, 286, 288 Abs.1, 291 BGB. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durfte der Kläger als Folge der unerlaubten Handlung des Beklagten auch die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen, ohne daß es insoweit auf die Frage des Verzugs mit einem bestimmten Betrag an Schmerzensgeld ankommt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 92 Abs.1 S.1, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.800,- EUR festgesetzt.

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