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Verkehrsunfall – Abzug neu für alt bei Beschädigung eines Verkehrsschildes

Das Amtsgericht Burg entschied, dass die Klägerin nach einem Verkehrsunfall auf der B 184 noch eine Schadenersatzzahlung von 347,09 € verlangen kann. Während bei dem beschädigten Verkehrsschild ein Abzug „Neu für Alt“ vorzunehmen war, galt dies nicht für den Gabelständer und den Leitpfosten aufgrund ihrer langen Lebensdauer. Die Kürzung des Stundenverrechnungssatzes der Mitarbeiter der Klägerin war ebenfalls nicht gerechtfertigt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 C 136/22

✔ Kurz und knapp


  • Ein Verkehrsschild unterliegt aufgrund der verwendeten Folienbeklebung einem Verschleiß mit einer Lebensdauer von 15-20 Jahren.
  • Der Gabelständer für Verkehrsschilder aus verzinktem Stahl ist sehr langlebig und unterliegt keinem nennenswertem Verschleiß.
  • Leitpfosten aus witterungsbeständigem Kunststoff haben eine sehr lange Lebensdauer ohne nennenswerten Verschleiß.
  • Bei Beschädigung ist ein angemessener Abzug „Neu für Alt“ vorzunehmen, wenn ein Gegenstand seine übliche Lebensdauer noch nicht erreicht hat.
  • Die Beweislast für Alter und Zustand des beschädigten Gegenstands liegt beim Geschädigten.
  • Die marktübliche Höhe von Stundensätzen für Reparaturarbeiten muss substantiiert bestritten werden.
  • Bei Teilzahlung des Schadens kann der Restbetrag samt Verzugszinsen eingeklagt werden.

Gerichtsurteil zu Schäden an Verkehrszeichen nach Unfall

Verkehrsunfälle sind leider ein alltägliches Phänomen auf unseren Straßen. Neben den unmittelbaren Folgen für die Beteiligten können solche Ereignisse auch erhebliche Schäden an Infrastruktur und Eigentum verursachen. Ein Bereich, der besonders betroffen sein kann, sind Verkehrsschilder und Wegweiser. Diese spielen eine zentrale Rolle für die Sicherheit und Orientierung im Straßenverkehr und müssen daher stets in einem einwandfreien Zustand sein.

Aber was passiert, wenn ein Verkehrsschild durch einen Unfall beschädigt wird? Wer kommt für die Reparatur- oder Ersatzkosten auf? Und ist es gerechtfertigt, dass der Geschädigte einen Abzug „Neu für Alt“ hinnehmen muss, wenn das Schild noch nicht das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt eines aktuellen Gerichtsurteils, das die Rechte und Pflichten aller Beteiligten klärt.

Nachfolgend fassen wir die wesentlichen Erkenntnisse dieses Urteils zusammen und erörtern die Hintergründe und rechtlichen Aspekte, die in solchen Fällen eine Rolle spielen können.

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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Burg


Verkehrsunfall auf der B 184: Beschädigung eines Verkehrsschildes und Leitpfostens

Beschädigtes Verkehrsschild
(Symbolfoto: Jakob Berg /Shutterstock.com)

Am 17. August 2018 ereignete sich auf der B 184 bei L. in Richtung G. ein Verkehrsunfall, an dem ein bei der Beklagten versicherter Transporter beteiligt war. Bei diesem Unfall wurden ein Vorwegweiser, ein Leitpfosten und ein Jungbaum beschädigt. Der Vorwegweiser war im Jahr 2010 aufgestellt worden. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten war unstrittig.

Für die Reparatur des Vorwegweisers wurden ein neuer Gabelständer und ein neuer Wegweiser gefertigt und montiert. Die Klägerin stellte für das neue Schild 1411,20 € und für den Gabelständer 512,60 € netto in Rechnung. Die Gesamtrechnung belief sich auf 3536,68 € brutto. Hinzu kamen 859,00 € für den Gehölzschaden, was eine Gesamtsumme von 4395,68 € ergab, die der Beklagten am 15. Oktober 2020 in Rechnung gestellt wurde. Zur Schadenssicherung und Schadensbeseitigung waren Mitarbeiter der Klägerin im Einsatz, die auch einen Leitpfosten austauschten. Hierfür wurden bei einem Stundensatz von 47,16 € insgesamt 364,69 € berechnet.

Die Beklagte zahlte am 23. Dezember 2020 insgesamt 3598,62 €. Dabei wurde ein Abzug „Neu für Alt“ von 50% hinsichtlich des Leitpfostens, des Schildes und des Gabelständers vorgenommen, und der Stundensatz der Mitarbeiter wurde auf 43,00 € reduziert. Diese Abzüge sowie eine Pauschale von 25,00 € wurden Gegenstand der Klage.

Die Klägerin argumentierte, dass durch den Ersatz des Verkehrsschildes kein messbarer Vermögensvorteil entstanden sei, da das Verkehrsschild keiner natürlichen Abnutzung unterliege und eine Lebensdauer von über 50 Jahren habe. Der Leitpfosten müsse nur bei einem Unfall ausgetauscht werden.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Amtsgericht Burg entschied, dass die Klägerin wegen der Beschädigung ihres Eigentums beim Verkehrsunfall gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249 BGB noch eine Zahlung von 347,09 € verlangen kann. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten war unstreitig, und Schadenersatzzahlungen für das neue Verkehrsschild wurden bereits geleistet.

Das Gericht folgte den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. G., der erläuterte, dass die Lebensdauer des verwendeten Folientyps RA2 auf dem Vorwegweiser 15-20 Jahre beträgt. Da das Schild bereits acht Jahre alt war, musste die Klägerin einen Abzug „Neu für Alt“ hinnehmen, da der Austausch das nächste Mal mindestens um acht Jahre verzögert wird, was eine messbare Vermögensmehrung darstellt.

Der Gabelständer und der Leitpfosten unterliegen keinem nennenswerten Verschleiß und weisen eine Lebensdauer von 50-70 Jahren bzw. bestehen aus witterungsbeständigem Kunststoff. Deshalb ist bei diesen Positionen kein Abzug „Neu für Alt“ vorzunehmen.

Berechnung der offenen Forderung

Die Klägerin stellte folgende Kosten in Rechnung:

  • Austausch Verkehrsschild: 2697,02 €
  • Gehölzschaden: 859,00 €
  • Eigene Kosten: 364,69 €
  • Pauschale: 25,00 €

Dies ergab eine Gesamtsumme von 3945,71 €. Abzüglich der bereits geleisteten Zahlung der Beklagten von 3598,62 € ergab sich eine offene Forderung von 347,09 €.

Schlussfolgerung des Gerichts

Das Gericht entschied, dass die Kürzung des Stundenverrechnungssatzes der Mitarbeiter der Klägerin nicht gerechtfertigt war. Das pauschale Behaupten, der angesetzte Stundenpreis sei nicht marktüblich, war unerheblich, zumal die Beklagte keinen alternativen Stundensatz belegen konnte.

Die Beklagte wurde verurteilt, die offenen 347,09 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2020 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus 3556,02 € vom 19. November 2020 bis 23. Dezember 2020 und weiter Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus 364,69 € vom 19. November 2020 bis zum 23. Dezember 2020 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zu 70% der Klägerin und zu 30% der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Der Abzug „Neu für Alt“ ist bei der Schadensregulierung differenziert zu betrachten. Während er bei Gegenständen mit begrenzter Lebensdauer wie Verkehrsschildern gerechtfertigt sein kann, ist er bei langlebigen Komponenten wie Gabelständern oder Leitpfosten unangebracht. Pauschale Kürzungen von Stundenverrechnungssätzen sind unzulässig, sofern die Gegenseite keine konkreten Belege für die Unangemessenheit vorlegen kann. Das Urteil zeigt, dass eine sorgfältige Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der spezifischen Eigenschaften der beschädigten Objekte erforderlich ist.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Beschädigung von Verkehrszeichen und Abzug „Neu für Alt“


Was ist ein Abzug „Neu für Alt“ bei der Schadensregulierung?

Der Abzug „Neu für Alt“ ist ein Prinzip im deutschen Schadensersatzrecht, das darauf abzielt, eine ungerechtfertigte Bereicherung des Geschädigten zu verhindern. Es wird angewendet, wenn durch die Schadensregulierung eine Wertsteigerung des beschädigten Gegenstands entsteht, weil alte oder abgenutzte Teile durch neue ersetzt werden.

Gründe für den Abzug „Neu für Alt“

Der Hauptgrund für den Abzug „Neu für Alt“ ist die Vermeidung einer Vermögensmehrung des Geschädigten. Wenn beispielsweise ein altes, abgenutztes Teil durch ein neues ersetzt wird, würde der Geschädigte ohne diesen Abzug besser dastehen als vor dem Schadensereignis. Das deutsche Schadensersatzrecht, insbesondere § 249 BGB, sieht vor, dass der Geschädigte so gestellt werden soll, wie er vor dem Schadensereignis war, aber nicht besser.

Anwendbarkeit auf verschiedene Gegenstände

Kfz-Versicherung

In der Kfz-Versicherung wird der Abzug „Neu für Alt“ häufig bei Verschleißteilen wie Reifen, Bremsen oder der Kupplung angewendet. Wenn diese Teile durch den Unfall beschädigt und anschließend durch neue ersetzt werden, führt dies zu einer Wertsteigerung des Fahrzeugs. Der Versicherer kann dann einen Abzug vornehmen, um diese Wertsteigerung auszugleichen.

Verkehrsschilder

Bei der Beschädigung von Verkehrsschildern kann ebenfalls ein Abzug „Neu für Alt“ vorgenommen werden, wenn durch den Austausch des alten Schildes gegen ein neues eine messbare Vermögensmehrung entsteht. Dies ist der Fall, wenn das alte Schild bereits stark abgenutzt war und durch ein neues, höherwertiges Schild ersetzt wird. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Gerichte entschieden haben, dass kein Abzug „Neu für Alt“ vorgenommen werden muss, wenn keine messbare Vermögensmehrung eintritt.

Gebäude und andere Sachschäden

Der Abzug „Neu für Alt“ kann auch bei Gebäudeschäden oder anderen Sachschäden relevant sein. Wenn beispielsweise alte Bauteile durch neue ersetzt werden, kann dies zu einer Wertsteigerung führen, die durch den Abzug ausgeglichen wird. Allerdings ist die Anwendung dieses Prinzips nicht immer unumstritten und hängt oft von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab.

Der Abzug „Neu für Alt“ ist ein Mechanismus im Schadensersatzrecht, der sicherstellt, dass der Geschädigte durch die Schadensregulierung nicht besser gestellt wird als vor dem Schadensereignis. Er wird vor allem bei der Reparatur oder dem Austausch von abgenutzten oder alten Teilen angewendet, um eine ungerechtfertigte Bereicherung zu verhindern. Die genaue Anwendung und Berechnung des Abzugs hängt von den individuellen Umständen und der Art des beschädigten Gegenstands ab.


Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung, ob ein Abzug „Neu für Alt“ gerechtfertigt ist?

Die Entscheidung, ob ein Abzug „Neu für Alt“ gerechtfertigt ist, hängt von mehreren Faktoren ab, die im deutschen Schadensersatzrecht berücksichtigt werden. Diese Faktoren sind entscheidend, um sicherzustellen, dass der Geschädigte durch die Schadensregulierung nicht besser gestellt wird als vor dem Schadensereignis.

Ein wesentlicher Faktor ist die erwartete Lebensdauer des Gegenstands. Wenn ein Gegenstand, wie ein Verkehrsschild, bereits einen erheblichen Teil seiner Lebensdauer hinter sich hat, wird der Abzug „Neu für Alt“ angewendet, um die verbleibende Nutzungsdauer zu berücksichtigen. Ein Verkehrsschild, das seit vielen Jahren im Einsatz ist, wird durch ein neues Schild ersetzt, was zu einer Wertsteigerung führt, die durch den Abzug ausgeglichen wird. Dies ist notwendig, um eine ungerechtfertigte Bereicherung des Geschädigten zu verhindern.

Der Grad des Verschleißes des beschädigten Gegenstands ist ebenfalls entscheidend. Verschleißteile wie Reifen oder Bremsen, die bereits stark abgenutzt sind, führen bei einem Austausch durch neue Teile zu einer Wertsteigerung. Der Sachverständige berechnet den Abzug basierend auf dem Abnutzungsgrad in Prozent, um den Vorteil auszugleichen, den der Geschädigte durch den Austausch erhält. Dies stellt sicher, dass der Geschädigte nicht besser gestellt wird als vor dem Schadensereignis.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Höhe der Wertsteigerung durch den Austausch. Die tatsächliche Wertsteigerung, die durch den Austausch des beschädigten Gegenstands entsteht, muss berücksichtigt werden. Wenn der Austausch zu einer signifikanten Verbesserung des Zustands führt, wird der Abzug „Neu für Alt“ vorgenommen, um diese Wertsteigerung auszugleichen. Dies gilt insbesondere, wenn der neue Gegenstand eine längere Lebensdauer oder bessere Funktionalität aufweist als der alte. Ein Beispiel hierfür ist der Austausch eines alten Verkehrsschildes durch ein neues, was zu einer messbaren Vermögensmehrung führt.

Die rechtlichen Grundlagen und Gutachten spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Die rechtliche Grundlage für den Abzug „Neu für Alt“ findet sich in § 249 Abs. 1 BGB, der besagt, dass der Zustand wiederhergestellt werden soll, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Ein Sachverständiger erstellt ein Gutachten, um den Vorteilsausgleich zu berechnen und die Angemessenheit des Abzugs zu beurteilen. Dabei werden sowohl der Zustand des beschädigten Gegenstands als auch die Kosten für den Austausch berücksichtigt.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht die Anwendung dieser Prinzipien. Bei der Beschädigung eines Verkehrsschildes kann der Abzug „Neu für Alt“ gerechtfertigt sein, wenn das Schild bereits alt und abgenutzt war. Der Austausch durch ein neues Schild führt zu einer Wertsteigerung, die durch den Abzug ausgeglichen wird. In einem Fall wurde ein pauschaler Abzug von 30 Prozent vorgenommen, um den Vorteil auszugleichen, den der Geschädigte durch den Austausch des alten Schildes gegen ein neues erhalten hat.

Diese Faktoren zusammen gewährleisten, dass der Geschädigte durch die Schadensregulierung nicht ungerechtfertigt bereichert wird und der Schädiger nur den tatsächlichen Schaden ersetzt.


Wie wird die Lebensdauer von Verkehrsschildern und anderen Straßeneinrichtungen bestimmt?

Die Lebensdauer von Verkehrsschildern und anderen Straßeneinrichtungen wird durch verschiedene Faktoren bestimmt, die sowohl technische als auch umweltbedingte Aspekte berücksichtigen. Diese Informationen sind entscheidend für die Schadensregulierung, insbesondere bei der Anwendung des Abzugs „Neu für Alt“.

Herstellerangaben spielen eine zentrale Rolle bei der Bestimmung der Lebensdauer von Verkehrsschildern. Hersteller geben oft spezifische Lebensdauern für ihre Produkte an, basierend auf Materialeigenschaften und Fertigungstechniken. Beispielsweise wird die Lebensdauer von retroreflektierenden Folien, die auf Verkehrsschildern verwendet werden, von den Herstellern angegeben. Diese Folien sind in verschiedenen Reflexionsklassen erhältlich, wobei jede Klasse eine unterschiedliche Lebensdauer aufweist. Ein Beispiel ist die Folie Typ RA 2, die eine Lebensdauer von etwa zehn Jahren hat.

Erfahrungswerte und wissenschaftliche Studien ergänzen die Herstellerangaben. Diese basieren auf langjährigen Beobachtungen und Untersuchungen der tatsächlichen Haltbarkeit von Verkehrsschildern unter realen Bedingungen. Faktoren wie Witterungseinflüsse, UV-Strahlung, Schmutz und mechanische Belastungen durch Verkehr und Vandalismus werden dabei berücksichtigt. Verkehrsschilder unterliegen einer natürlichen Abnutzung, die ihre Sichtbarkeit und Funktionalität im Laufe der Zeit beeinträchtigen kann. Die allgemeine Lebensdauer von Verkehrsschildern wird oft auf etwa 20 Jahre geschätzt, wobei spezifische Umstände wie Standort und Umwelteinflüsse diese Lebensdauer verkürzen oder verlängern können.

Normen und Richtlinien bieten ebenfalls Orientierungshilfen zur Bestimmung der Lebensdauer. In Deutschland regeln technische Normen und Richtlinien die Mindestanforderungen für die Planung, den Bau und das Lebenszyklusmanagement von Straßeneinrichtungen. Diese Normen berücksichtigen die verschiedenen Mobilitätsformen und die spezifischen Anforderungen an die Straßeneinrichtungen, einschließlich der Verkehrsschilder. Die Normen legen fest, dass bei der Planung und Erneuerung von Straßenachsen alle Mobilitätsformen berücksichtigt werden müssen, was auch die Dimensionierung und Haltbarkeit der Verkehrsschilder einschließt.

Gutachten und Sachverständigenbewertungen sind oft erforderlich, um die Lebensdauer eines spezifischen Verkehrsschildes im Schadensfall zu bestimmen. Ein Sachverständiger bewertet den Zustand des beschädigten Schildes und berücksichtigt dabei Faktoren wie Korrosion, Verwitterung und die verbleibende Nutzungsdauer. Diese Bewertung ist entscheidend für die Berechnung des Abzugs „Neu für Alt“, da sie den geldwerten Vorteil bestimmt, den der Geschädigte durch den Austausch des alten Schildes gegen ein neues erhält. Ein Beispiel hierfür ist ein Fall, in dem ein Verkehrsschild, das etwa 20 Jahre alt war, durch ein neues ersetzt wurde. Der Sachverständige stellte fest, dass das alte Schild Spuren von Korrosion und Verwitterung aufwies, was einen Abzug von 30 Prozent rechtfertigte.

Die Bestimmung der Lebensdauer von Verkehrsschildern und anderen Straßeneinrichtungen ist somit ein komplexer Prozess, der Herstellerangaben, Erfahrungswerte, wissenschaftliche Studien, Normen und Gutachten berücksichtigt. Diese Informationen sind entscheidend für die Bewertung eines Abzugs „Neu für Alt“ bei der Schadensregulierung, um sicherzustellen, dass der Geschädigte nicht besser gestellt wird als vor dem Schadensereignis.


 

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 7 Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters. Hier geht es um die Haftung der Beklagten für den bei ihr versicherten Transporter, der den Unfall verursacht hat.
  • § 115 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Regelt die direkte Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers durch den Geschädigten. Die Klägerin macht ihre Ansprüche direkt gegen die Versicherung der Beklagten geltend.
  • § 249 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Bestimmt, dass der Zustand wiederherzustellen ist, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Hiermit wird der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des beschädigten Verkehrsschildes und anderer Schäden begründet.
  • Abzug „Neu für Alt“: Juristisches Prinzip, bei dem der Wertzuwachs durch die Neuanschaffung bei der Schadensersatzberechnung berücksichtigt wird. Im vorliegenden Fall wird diskutiert, ob und in welcher Höhe die Klägerin einen solchen Abzug hinnehmen muss.
  • Gutachten von Sachverständigen: Zur Klärung technischer Details, wie der Lebensdauer und des Verschleißes der beschädigten Objekte, wurde ein Gutachten eingeholt. Die Aussagen des Gutachters beeinflussen die Entscheidung über den Abzug „Neu für Alt“.
  • § 280 BGB: Bezieht sich auf den Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Relevant für die Zinsen, die aufgrund des Zahlungsverzugs der Beklagten verlangt werden.
  • § 286 BGB: Regelungen zur Verzugszinsforderung. Hieraus ergibt sich der Anspruch der Klägerin auf Zinsen wegen des Zahlungsverzugs.
  • § 288 BGB: Bestimmt die Höhe der Verzugszinsen. Die Klägerin verlangt Verzugszinsen über dem Basiszinssatz.
  • § 92 ZPO (Zivilprozessordnung): Regelt die Verteilung der Prozesskosten. Das Gericht entscheidet, dass die Klägerin 70% und die Beklagte 30% der Kosten tragen muss.
  • §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO: Bestimmen die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Möglichkeit der Abwendung durch Sicherheitsleistung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Burg

AG Burg – Az.: 3 C 136/22 – Urteil vom 20.07.2023

1. Die Beklage wird verurteilt, 347,09 € nebst 5% Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 24.12.2020 nebst weiteren Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus 3556,02 € vom 19.11.2020 bis 23.12.202 sowie weiter Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus 364,69 € vom 19.11.2020 bis zum 23.12.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 70%, die Beklagte 30%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Am 17.08.2018 hatte der bei der Beklagten versicherte Transporter auf der B 184 bei L. Richtung G. ein Verkehrsunfall, wodurch ein Vorwegweiser, der 2010 aufgestellt wurde, ein Leitpfosten und ein Jungbaum beschädigt wurden. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist unstreitig.

Bei der Reparatur des Vorwegweisers wurde ein neuer Gabelständer und ein neuer Wegweiser gefertigt und montiert. Für das Schild wurden 1411,20 € und für den Gabelständer 512,60 € netto der Klägerin berechnet. Die Rechnung endete mit einer Forderung von 3536,68 € brutto. Zuzüglich des Gehölzschadens von 859,00 € wurden der Beklagten am 15.10.2020 4395,68 € in Rechnung gestellt mit einer Fälligkeit zum 18.11.2020. Zur Schadenssicherung und Schadensbeseitigung waren Mitarbeiter der Klägerin in Einsatz, die auch einen Leitpfosten austauschten. Bei einem berechneten Stundensatz von 47,16 € ergab sich ein Betrag von 364,69 €, der der Beklagten am 20.10.2020 in Rechnung mit Fälligkeit zum 18.11.2020 gestellt wurde. Am 23.12.2020 zahlte die Beklagte insgesamt 3598,62 €. Hinsichtlich Leitpfosten, Schild und Gabelständer wurde ein Abzug Neu für Alt von 50% angesetzt und der Stundensatz der Mitarbeiter auf 43,00 € reduziert. Die Abzüge zuzüglich Pauschale von 25,00 € sind Gegenstand der Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, ein messbarer Vermögensvorteil sei bei ihr durch das neue Schild nicht eingetreten. Das Verkehrsschild unterliege weder Verschleiß noch Reparatur und habe eine Lebensdauer von übe 50 Jahren. Ein Leitpfosten müsste nur bei Unfall ausgetauscht werden.

Die Klägerin beantragt, die Beklage wird verurteilt, 1161,97 € nebst 5% Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 24.12.2020 nebst weiteren Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus 4395,68 € vom 19.11.2020 bis 23.12.202 sowie weiter Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus 364,69 € vom 19.11.2020 bis zum 23.12.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Verkehrsschild habe eine begrenzte Lebensdauer von 15-20 Jahren. Aufgrund der Beweislast dürften nur 15 Jahre in Ansatz gebracht werden, sodass nach 8 Jahren ein Abzug von 50% nicht zu beanstanden sei. Dieses treffe auch für einen Leitpfosten zu. Der von der Klägerin angesetzte Stundensatz sei nicht marktüblich.

Das Gericht hat Beweis erhoben, ob Verkehrsschild samt Aufsteller und Leitpfosten einem Verschleiß unterliegen, durch Einholung eines Gutachtens bei dem Sachverständigen für Straßenverkehrstechnik Dipl.-Ing. S. G.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 03.02.2023 und der Ergänzung vom 17.05.2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin kann wegen der Beschädigung ihres Eigentums bei dem Verkehrsunfall gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249 BGB noch die Zahlung von 347,09 € verlangen.

Die Haftung der Beklagten ist unstreitig. Auf für das neue Verkehrsschild wurde bereits Schadenersatzzahlungen geleistet. Für den Wegweiser ist ein Abzug Neu für Alt vorzunehmen. Der Sachverständige hat insoweit erläutert, dass in keinem Regelwerk eine Aussage zur Lebensdauer getroffen wird. Der Wegweiser selber besteht aus wetterfesten Aluminium und daher unterliegt dieser an sich keinem Verschleiß. Jedoch wird darauf eine Folie mit lichttechnischen Eigenschaften aufgebracht und diese Folie unterliegt einem Alterungsprozess. Bei dem hier verwendeten Folientyp RA2 sei die charakteristische Lebenserwartung 15-20 Jahre. Der Gabelständer unterliege keinem Verschleiß und haben eine Lebensdauer von 50-70 Jahre und Länger. Der Leitpfosten bestehe aus witterungsbeständigen Kunststoff und unterliege keinem nennenswertem Verschleiß.

Das Gericht folgt den Plausiblen Ausführungen des Sachverständigen. Danach unterliegt der Wegweiser nur wegen der darauf aufgebrachten Folie, auf die es letztlich ankommt, dem Verschleiß. Das Schild war bereits 8 Jahre alt bei einer Lebenserwartung von 15-20 Jahren. Der genaue Zustand des Schildes konnte nicht festgestellt werden, da es schon entsorgt wurde. Die Klägerin muss sich einen Abzug Neu für Alt anrechnen lassen, da durch den jetzigen Austausch der Nächste Tausch um mindestens 8 Jahre nach hinten verschoben wurde, was eine messbare Vermögensmehrung darstellt. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass der häufigste Grund für einen Austausch ein Unfall ist. Die Klägerin ist für die Höhe ihres Schadens beweisbelastet, sodass von einer Lebenserwartung von ca. 15 Jahren auszugehen ist. Da das Schild etwa 8 Jahre aufgestellt war, hatte es die Hälfte seiner Lebenserwartung erreicht, sodass 50% von den berechneten 1411,20 € samt MwSt. in Abzug zu bringen sind, mithin insgesamt 839,66 €.

Bei der Position Gabelständer ist kein Abzug Neu für Alt vorzunehmen. Dieser besteht aus verzinkten Stahl und unterliegt damit keiner Abnutzung. Gleichermaßen ist auch kein Abzug bei dem Leitpfosten vorzunehmen, da dieser auch keinem Verschleiß unterliegt und daher durch den Austausch der Klägerin kein Vermögensvorteil zugeflossen ist.

Eine Kürzung des Stundenverrechnungssatzes für die Mitarbeiter der Klägerin hat nicht zu erfolgten. Ein pauschales behaupten, der Stundenpreis sei nicht marktüblich, ist unerheblich, zumal auch nicht gesagt wird, wie man auf einen Stundesatz von 43,00 € gekommen ist.

Die offene Forderung der Klägerin berechnet sich wie folgt:

Austausch Verkehrsschild         2697,02 €

Gehölzwertgutachten 859,00 €

Eigene Kosten 364,69 €

Pauschale 25,00 €

3945,71 €

Abz. Zahlung -3598,62 €

Offene Forderung 347,09 €

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 280, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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