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Verkehrsunfall – langsames Vortasten des Vorfahrtgewährenden in Einmündung

LG Hamburg – Az.: 306 O 128/10 – Urteil vom 01.04.2011

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.619,88 € (i. W.: viertausendsechshundertneunzehn 88/100 EURO) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8 April 2010 zu zahlen.

II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 489,45 € (i. W.: vierhundertneunundachtzig 45/100 EURO) zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 86 % und der Kläger zu 16 %.

V. Das Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Für die Beklagten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, sofern nicht die Beklagten zuvor Sicherheit leisten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 13.02.2010, bei dem das Fahrzeug des Klägers beschädigt wurde.

Verkehrsunfall - langsames Vortasten des Vorfahrtgewährenden in Einmündung
Symbolfoto: Von Dan Race/Shutterstock.com

Das Klägerfahrzeug ist ein Mitsubishi Carisma, amtliches Kennzeichen … (weitere Spezifikation in Anlage K 1, S. 2). Das Beklagtenfahrzeug ist ein vom Beklagten zu 1) gefahrener und von ihm gehaltener, bei der Beklagten zu 2) pflichthaftpflichtversicherter Opel Kombi (Foto Bl. 70 der Akte = Anlage 2 des Sachverständigengutachtens vom 18.01.2010), amtliches Kennzeichen ….

Zum Unfall kam es, als der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug aus der M.-P.-Straße auf die vorfahrtberechtigte Straße M…berg fahren wollte. Die Unfallendstellung ergibt sich aus den von der Polizei gefertigten Fotos (Sachverständigengutachten vom 18.01.2010, Anlage 1 = Bl. 69 der Akte).

Der Kläger behauptet, dass sämtliche im Sachverständigengutachten S. (Anlage K 1, Nachtrag Anlage K 2) aufgeführten Schäden auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen seien.

Der Kläger beantragt

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 5.380,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 546,69 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie meinen, dass aufgrund der Licht- und Sichtverhältnisse es unmöglich gewesen wäre, ohne Gefährdung des die Straße M…berg befahrenden Verkehrs aus der M.-P.-Straße herauszufahren.

Die Kompatibilität der geltend gemachten Schäden bestreiten sie mit Nichtwissen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes verwiesen auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen.

Das Gericht hat die Fahrer der Unfallfahrzeuge (Kläger und Beklagter zu 1)) persönlich angehört (Protokoll vom 12.10.2010, S. 2 f. = Bl. 44 der Akte), hat die Zeugin L. vernommen (Protokoll vom 12.10.2010, S. 4 = Bl. 46 der Akte) sowie Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. W., Beweisbeschluss vom 12.10.2010 (Bl. 49 f. der Akte), Gutachten vom 18.01.2010 (= Bl. 59 der Akte).

Entscheidungsgründe

I. 1. Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg. Den beim Betrieb beider Fahrzeuge eingetretenen und für beide Fahrer nicht unvermeidbaren Unfall hat der Beklagte zu 1) durch einen Verstoß gegen § 8 StVO verursacht. Unstreitig hatte der Kläger die Vorfahrt gegenüber dem Beklagten zu 1).

Der Vortrag der Beklagten, der ein Mitverschulden der Klägerseite begründen soll, ist nicht bewiesen oder unerheblich.

Die Beklagten haben vorgetragen, der Beklagte zu 1) habe sich langsam vorgetastet, weil in der Einmündung die Verkehrslage für den wartepflichtigen Verkehr nicht gut einzusehen sei, da parkende Fahrzeuge die Sicht behindern würden (Schriftsatz vom 26.05.2010, S. 1 ff. = Bl. 18 f. der Akte). Zum einen ist hierfür in der von der Polizei fotografierten Unfallendstellung überhaupt nichts ersichtlich (siehe Sachverständigengutachten vom 18.01.2010, Anlage 1 = Bl. 69 der Akte). Dem Beklagten zu 1) in seinem roten Opel Kombi war es anhand der Fotos ohne weiteres möglich, nach links zu schauen und den Mitsubishi des Klägers rechtzeitig zu bemerken. Im Übrigen erscheint mehr als fraglich, ob die behauptete Tatsache, dass Fahrzeuge die Sicht des Vorfahrtgewährenden versperrt hätten, ein Mitverschulden des Klägers begründen könnte.

Es mag dahinstehen, ob der Kläger, wie von den Beklagten behauptet, ohne Beleuchtung fuhr (Schriftsatz vom 26.05.2010 S. 2 = Bl. 19 der Akte). Denn anhand der bereits erwähnten Fotos im Gutachten vom 18.01.2010, Anlage 1 = Bl. 69 der Akte, lässt sich sehen, dass es an der Unfallstelle taghell war, es war sogar heller als sonst, aufgrund des reflektierenden Schnees neben der Fahrbahn. Insofern trifft es auch nicht zu, dass der Kläger den Unfall verursacht habe, weil er am „späteren Nachmittag“ (Schriftsatz vom 26.05.2010, S. 2 = Bl. 19 der Akte) unterwegs gewesen sei. Der Unfall ereignete sich unstreitig um 15.15 Uhr.

Die Beklagten behaupten ins Blaue hinein, dass der Kläger mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen wäre. Der Beklagte zu 1) hat ausdrücklich erklärt, er könne zur Geschwindigkeit des Klägers überhaupt nichts sagen (Protokoll vom 12.10.2010, S. 3 = Bl. 45 der Akte).

Auch das „langsame Hineintasten“ des Beklagten zu 1) ist durch nichts bewiesen. Vielmehr gilt das Gegenteil: Der Beklagte zu 1) musste während des Diktats seiner persönlichen Anhörung einräumen, dass er eben nicht gestanden habe, als der Kläger in ihn reinfuhr, sondern er „leicht vorwärts gerutscht“ sei (Protokoll vom 12.10.2010, S. 3 = Bl. 45 der Akte). Auch die Aussage der Zeugin L. war unergiebig für die Behauptung der Beklagten, dass ein Mitverschulden des Klägers an der Unfallentstehung mitgewirkt habe. Denn die Zeugin L. hat von dem Unfall im Vorfeld praktisch nichts bemerkt. Sie will zwei Sekunden vor dem Knall den Unfallgegner gesehen haben, dann habe es auch schon „Bumm“ gemacht. Das einzige, was sie mitbekommen hatte und vehement vertrat, war die (unerhebliche, s. o.) Behauptung, der Kläger sei ohne Licht gefahren.

2. In der Höhe kann der Kläger trotz der 100%igen Haftung der Beklagten nicht ganz durchdringen.

a) Die Beseitigung der Schäden am Klägerfahrzeug erfordert einen Nettoreparaturaufwand von 3.995,50 € (vgl. das überzeugende und nachvollziehbare Sachverständigengutachten vom 18.01.2010 = Bl. 59 ff. der Akte). Wie dem Kläger bereits mit dem Hinweis im Beschluss vom 04.03.2011 mitgeteilt (Bl. 98 der Akte), ist die Tatsache, dass der Sachverständiger nicht ausschließe, dass die vom Kläger mit der Klage bezifferten Schäden sämtlich auf den Verkehrsunfall zurückzuführen sind, für ihn unbehelflich. Er ist beweisbelastet für seine Behauptung, daß Kompatibilität zwischen den in Anlagen K 1 und K 2 behaupteten Schäden und dem Unfall besteht. Diesen Beweis hat der Kläger nicht führen können. Im Hauptsacheverfahren ist die eidesstattliche Versicherung kein Beweismittel. Die eidesstattliche Versicherung vom 11. März 2011 (Bl. 104 der Akte) ist daher unbehelflich.

b) Die Gutachterkosten in Höhe von 604,38 € stehen dem Kläger zu. Es ist durchaus denkbar, dass er den Sachverständigen zutreffend über die aus seiner Sicht nicht vorhandenen Vorschäden informiert hat. So kann es durchaus sein, dass es sich bei dem weiteren Schaden um einen „Parkrempler“ handelt, den der Kläger überhaupt nicht bemerkt hat vor dem Unfall. Deshalb hat die Beklagtenseite nicht den Beweis geführt, dass das Gutachten (Anlage K 1, Anlage K 2) untauglich sei wegen eines Verschulden des Klägers.

c) Die Auslagenpauschale beträgt 20,– €.

d) Dies ergibt die ausgeurteilte Summe gemäß dem Tenor zu I.

e) Mit dem Tenor zu 2) wird eine 1,3-Gebühr zzgl. Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer zugesprochen.

II. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 ZPO, für die Beklagten auch gemäß § 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht für den Kläger gemäß § 709 ZPO. Für die Beklagten ergeht die Entscheidung gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss: Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.380,58 €.

 

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