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Zugang einer E-Mail – Darlegungs- und Beweislast

E-Mail-Zugang: Klärung der Beweislast und Rechtsfolgen

Das Urteil des LG Hagen befasst sich mit der komplexen Frage des Zugangs einer E-Mail und der damit verbundenen Darlegungs- und Beweislast. Es stellt klar, dass die Beweislast für den Zugang einer E-Mail beim Absender liegt, besonders wenn der Empfänger den Erhalt bestreitet. Dies gilt auch für eventuelle Dateianhänge, die als zugegangen gelten, sobald der Empfänger sie tatsächlich öffnet. Das Urteil betont die Bedeutung des Risikos der Übermittlungsmethode, die vom Absender gewählt wird.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 328/22 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Beweislast des E-Mail-Zugangs: Liegt beim Absender, besonders wenn der Empfang bestritten wird.
  2. Unsicherheit des E-Mail-Zugangs: Es gibt keine Gewissheit, dass eine E-Mail den Empfänger erreicht.
  3. Rechtsprechung zum E-Mail-Zugang: Noch nicht abschließend geklärt, unterschiedliche Meinungen existieren.
  4. Bedeutung des Machtbereichs: Eine Willenserklärung muss in den Machtbereich des Empfängers gelangen, damit sie als zugegangen gilt.
  5. Technische Möglichkeiten und Risiken: Wie bei der Post kann eine E-Mail technisch bedingt verloren gehen.
  6. Verantwortung des Absenders: Wählt die Übermittlungsmethode und trägt das Risiko des Nichtankommens.
  7. Optionen zur Bestätigung des Zugangs: Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern, um den Zugang zu sichern.
  8. Spezifische Situation bei Dateianhängen: Gilt erst dann als zugegangen, wenn der Empfänger sie geöffnet hat.

Zugang einer E-Mail im Recht: Eine juristische Betrachtung

Email Zugang Beweislast
(Symbolfoto: Song_about_summer /Shutterstock.com)

In der heutigen digitalisierten Gesellschaft stellt der Zugang einer E-Mail ein bedeutsames Thema dar, insbesondere im rechtlichen Kontext. Dieses Thema berührt grundlegende Fragen der Kommunikation im Rechtsverkehr, wie etwa die Beweisbarkeit des E-Mail-Zugangs und die damit verbundenen rechtlichen Verpflichtungen. Speziell geht es um die Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf den Nachweis, ob und wann eine E-Mail ihren Adressaten erreicht hat. Diese Fragestellung hat weitreichende Implikationen, beispielsweise in Zivilrechtsstreitigkeiten, wo der Zugang elektronischer Kommunikation oft eine entscheidende Rolle spielt.

Die Thematik wirft eine Reihe von Fragen auf: Wann gilt eine E-Mail als zugegangen? Welche Rolle spielen dabei technische Aspekte wie E-Mail Server, Spamfilter oder Dateianhänge? Und wie wird der Zugang einer E-Mail rechtlich bewertet, insbesondere wenn es um die Übermittlung wichtiger Willenserklärungen oder Vertragsdokumente geht? Diese Fragen sind nicht nur für Juristen, sondern für jeden, der in der digitalen Kommunikation tätig ist, von Bedeutung. Der nachfolgende Text beleuchtet diese Fragen anhand eines konkreten Urteils und bietet tiefe Einblicke in die rechtlichen Herausforderungen und Lösungsansätze rund um den E-Mail-Verkehr. Tauchen Sie ein in die Welt der juristischen Feinheiten und entdecken Sie, wie das Recht mit den Herausforderungen der modernen Kommunikation umgeht.

Der Streit um den Zugang einer E-Mail: Ein Rechtsfall vor dem LG Hagen

In einem bemerkenswerten Rechtsfall vor dem Landgericht Hagen ging es um die Frage des Zugangs einer E-Mail und die damit verbundene Darlegungs- und Beweislast. Der Fall begann, als der Kläger behauptete, eine wichtige E-Mail an die Beklagte gesendet zu haben. Die Beklagte jedoch bestritt den Erhalt dieser E-Mail, die wichtige Dokumente als Anhänge enthielt. Diese E-Mail war zentral für den Fall, da sie relevante Informationen zu einem Verkehrsunfallereignis beinhaltete. Der Kern des Streits lag in der Frage, ob und wie der Zugang einer E-Mail rechtlich nachgewiesen werden kann, insbesondere wenn der Empfang von einer Partei bestritten wird.

Rechtliche Bewertung des E-Mail-Zugangs

Das Gericht musste sich mit der komplexen rechtlichen Bewertung des E-Mail-Zugangs auseinandersetzen. Es ging dabei um die Interpretation des § 130 BGB und die Frage, ob eine E-Mail, die auf einem E-Mail Server des Empfängers landet, als zugegangen gilt. Eine weitere Dimension erhielt der Fall durch die technische Möglichkeit, dass E-Mails in Spamfilter geraten oder nicht korrekt zugestellt werden. Der Kläger präsentierte als Beweis lediglich einen Screenshot der E-Mail, was das Gericht als nicht ausreichend erachtete, um den Zugang zu beweisen.

Anscheinsbeweis und die Rolle des Absenders

In seiner Urteilsfindung berücksichtigte das LG Hagen auch den sogenannten Anscheinsbeweis. Dieser besagt, dass unter bestimmten Umständen davon ausgegangen werden kann, dass eine E-Mail den Empfänger erreicht hat, wenn keine Rückmeldung über eine Nichtzustellung vorliegt. Allerdings betonte das Gericht, dass der Absender verantwortlich ist, den Zugang der E-Mail zu beweisen, insbesondere wenn der Empfang bestritten wird. Es wurde festgestellt, dass der Versender auch die Möglichkeit hat, durch Lesebestätigungen oder andere Methoden den Zugang der E-Mail zu sichern.

Die Entscheidung des Landgerichts Hagen

Das LG Hagen entschied, dass im vorliegenden Fall der Kläger nicht ausreichend beweisen konnte, dass die E-Mail mit den relevanten Unterlagen den Beklagten tatsächlich zugegangen war. Besonders hervorgehoben wurde die Rolle der Dateianhänge, die erst als zugegangen gelten, wenn der Empfänger sie aktiv öffnet. Aufgrund dieser Feststellungen und der Tatsache, dass der Kläger die Beweislast nicht erfüllen konnte, fiel das Urteil zuungunsten des Klägers aus. Die Kosten des Rechtsstreits wurden ihm auferlegt und der Streitwert auf bis zu 12.000,00 EUR festgesetzt. Dieses Urteil liefert wichtige Erkenntnisse darüber, wie Gerichte den Zugang und die Beweislast bei E-Mail-Kommunikation bewerten, und setzt damit Präzedenzfälle für ähnliche Fälle in der Zukunft.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wie wird die „Darlegungs- und Beweislast“ bei elektronischer Kommunikation bestimmt?

Die Darlegungs- und Beweislast bei elektronischer Kommunikation, insbesondere bei E-Mails, ist ein wichtiger Aspekt im deutschen Recht. Der Absender einer E-Mail trägt die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Dies wurde durch das LAG Köln in einem Urteil vom 10.01.2022 (4 Sa 315/21) festgestellt.

Die Darlegungs- und Beweislast bezieht sich auf die Notwendigkeit, den Zugang einer E-Mail beim Empfänger nachzuweisen. Dies bedeutet, dass der Absender beweisen muss, dass die E-Mail erfolgreich an den Empfänger gesendet wurde und dieser sie auch tatsächlich erhalten hat.

In einem konkreten Fall, in dem es um die Rückzahlung eines Darlehens ging, wurde festgestellt, dass die Beschreibung routinemäßiger Abläufe und die Behauptung, eine E-Mail versandt zu haben, im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast nicht ausreichend sind.

Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass das Absenden einer E-Mail keinen Anscheinsbeweis für deren Zugang begründet. Dies bedeutet, dass der bloße Versand einer E-Mail nicht als Beweis dafür angesehen wird, dass der Empfänger sie auch erhalten hat.

In Bezug auf elektronische Verträge und deren Beweiskraft gibt es spezifische Richtlinien und Vorgaben, die beachtet werden müssen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Darlegungs- und Beweislast bei elektronischer Kommunikation eine komplexe Angelegenheit ist, die eine sorgfältige Betrachtung und Beweisführung erfordert.


Das vorliegende Urteil

LG Hagen (Westfalen) – Az.: 10 O 328/22 – Beschluss vom 31.03.2023

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt (§ 91a ZPO).

Der Streitwert wird auf bis zu 12.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Gemäß § 91a ZPO konnte demnach durch Beschluss, der keiner mündlichen Verhandlung bedarf, über die Kosten des Verfahrens entschieden werden.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht die tenorierte Kostenfolge billigem Ermessen.

Vorliegend kam es auf die Frage des Zugangs der E-Mail bei der Beklagten am 12.10.2022 an.

Insoweit bestreitet die Beklagte, dass die klägerseits behauptete E-Mail vom 12.10.2022 auf dem E-Mail Server der Beklagten zu 1) abrufbereit zur Verfügung gestellt worden sei. Etwaige Dateianhänge, die dieser Nachricht beigefügt gewesen sein sollen, seien der Beklagten zu 1) weder zugegangen noch zur Kenntnis gelangt.

Wann eine E-Mail als zugegangen gilt, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, ebenso wenig die Darlegungs- und Beweislast des Zugangs einer E-Mail.

Zur Darlegungs- und Beweislast des Zugangs einer E-Mail wird einerseits vertreten, dass dem Absender einer E-Mail der Beweis des ersten Anscheins dahingehend zur Seite stehe, dass die von ihm versandte E-Mail beim Empfänger eingegangen ist, wenn nicht eine Rücksendung als unzustellbar eingegangen ist. Dies gelte auch dann, wenn die Nachricht möglicherweise in einen Spamfilter gelangt ist. Eingegangen sei eine E-Mail beim Empfänger einer Willenserklärung, wenn sie auf dem Server des Empfängers oder seines Providers abrufbar gespeichert ist (AG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2008 – 30 C 730/08-25 – MMR 2009, 507, 507).

Andererseits wird vertreten, dass der Zugang der E-Mail gemäß § 130 BGB vom Versender darzulegen und zu beweisen sei. Die Absendung der E-Mail begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2018 – 2 Sa 403/18 – Rn.39, juris; Arnold in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 130 BGB, Rn.33). Dies gelte auch für ein Sendeprotokoll (MüKoBGB/Einsele, 9. Aufl. 2021, BGB § 130 Rn.47).

Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 130 BGB muss die abgegebene Willenserklärung unter Abwesenden dem Empfänger zugehen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann. Nach dem Versenden einer E-Mail wird die Nachricht auf einem Server eingehen. Dies ist jedoch nicht gewiss. Wie auch bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt. Das Risiko kann nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Der Versender wählt die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Zudem hat der Versender die Möglichkeit, vorzubeugen. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 – I ZR 64/13 – Rn.11, juris) (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 11. Januar 2022 – 4 Sa 315/21 -, Rn. 60, juris).

Der Kläger hat den Zugang der E-Mail nebst Anlagen nicht dargelegt. Er hat vorliegend einen Screenshot einer E-Mail vom 12.10.2022 übersandt. Dies ist nach der Darlegungs- und Beweislast nicht ausreichend.

Vorliegend kommt hinzu, dass die Beklagten zudem bestreiten, dass etwaige Dateianhänge dieser E-Mail der Beklagten zu 1) zugegangen seien, noch dass sie von diesen Kenntnis erlangt habe.

Werden – wie im vorliegenden Falle – die notwendigen Unterlagen betreffend das Unfallereignis lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, sind diese nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat (OLG Hamm, Beschluss vom 9. März 2022 – I-4 W 119/20 -, Rn. 15, juris).

Die Beklagte hat bestritten, von der E-Mail am 12.10.2022 Kenntnis erlangt zu haben und dementsprechend auch die Dateianhänge mit den Unterlagen zum Verkehrsunfallereignis geöffnet zu haben.

 

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