AG Diez, Az.: 13 C 174/11, Urteil vom 14.12.2011
1. Die über das Teilanerkenntnisurteil vom 16.11.2011 hinausgehende Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien waren durch einen Jagdpachtvertrag vom 23.4.1999 verbunden, dessen Laufzeit mit 10 Jahren vereinbart wurde. Der Pachtpreis war jährlich im Voraus eines jeden Pachtjahres, das am 1. April eines jeden Kalenderjahres begann, zu zahlen. In einer Nachtragsvereinbarung vom 26.3.2009 vereinbarten die Parteien eine Vertragsverlängerung bis zum 31.3.2018 und einen von dem Kläger jährlich zu zahlenden Gesamtbetrag von 5000,00 € (4070,00 € Pachtpreis und 930,00 € Wildschadensverhütungspauschale).
Seit dem 25.3.2011 sind dem Kläger die Waffenbesitzkarte und der Jagdschein unanfechtbar entzogen; am 5.4.2011 zahlte er 5000,00 € für das Jagdjahr 2011/2012.
Spätestens sodann bot sich … als Nachfolgepächter des Klägers an.
In einer Sitzung vom 28.4.2011 sprach sich der Ortsgemeinderat der Ortsgemeinde G. jedoch dafür aus, die Jagd an einen anderen Interessenten zu verpachten, welcher indes im Folgenden seine Bewerbung zurückzog, woraufhin am 10.5.2011 eine (erste) Ausschreibung erfolgte. Zur Angebotseröffnung am 17.6.2011 lag u.a. die Bewerbung des … vor. Im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung des Jagdvorstandes der Beklagten und des Ortsgemeinderates der Ortsgemeinde G. vom 23.6.2011 einigte man sich darauf, die Jagd bis zum 31.3.2018 an … zu vergeben, der jedoch mit danach zugegangenem Schreiben vom 21.6.2011 mitteilte, „aus persönlichen Gründen“ von seinem Jagdpachtangebot zurückzutreten. Die Jagd wurde daraufhin erneut ausgeschrieben; die beiden Ausschreibungen verursachten Kosten in Gesamthöhe von 893,05 € (383,66 € + 509,39 €).
Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren – neben Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten – Rückzahlung des für das Jagdjahr 2011/2012 gezahlten Betrages von 5000,00 €.
Nach Rechtshängigkeit, nämlich zum 1.10.2011, hat die Beklagte die Jagd neu verpachtet und daraufhin abgerechnet, wobei sie zu einem Guthaben des Klägers von 1876,95 € gelangt ist; wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 9.11.2011 (Bl. 105-106 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger trägt vor: Seine Zahlung vom 5.4.2011 sei irrtümlich und ohne Rechtsgrund erfolgt. Schadensersatzansprüche der Beklagten, die seinem in vollem Umfang berechtigten Rückforderungsanspruch entgegengehalten werden könnten, würden insgesamt nicht bestehen. Jedenfalls sei der Beklagten, die eklatant gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen habe, jedweder Schadensersatzanspruch abgeschnitten. Es sei unverständlich und nicht nachvollziehbar eine Ausschreibung des Jagdbezirks vorgenommen worden, anstatt den Jagdbezirk unmittelbar freihändig zu vergeben und spätestens nach dem Rückzug des weiteren Interessenten das Angebot des … anzunehmen. Schon im September 2010 sei der Beklagten bekannt gewesen, dass der Jagdschein voraussichtlich entzogen werde und … das Jagdpachtverhältnis zu gleichen Bedingungen fortsetzen wolle. Soweit die Beklagte die Ausschreibungskosten als Schaden geltend machen wolle, stehe dem entgegen, dass diese Kosten laut ihrer (ersten) Ausschreibung vom Pächter zu erstatten seien.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.6.2011 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsvertretung in Höhe von 489,45 € zu zahlen.
Die Beklagte hat einen Teilbetrag in Höhe von 1876,95 € – unter Protest gegen die Kosten – anerkannt und ist insoweit bereits durch Teilanerkenntnisurteil vom 16.11.2011 verurteilt worden.
Im Übrigen beantragt sie, die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Der Kläger, der die Entziehung der Waffenbesitzkarte und des Jagdscheins zumindest fahrlässig verursacht habe, sei der Beklagten verpflichtet, die aus der vorzeitigen Beendigung des Jagdpachtvertrages entstandenen Schäden zu ersetzen. Bis zur Neuverpachtung habe ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten bestanden; nun seien die gegenseitigen Forderungspositionen zu saldieren. Der Kläger schulde bis zur Neuverpachtung, also für das halbe Pachtjahr von April bis September 2011, jedenfalls den hälftigen Betrag von 2500,00 € zuzüglich der Ausschreibungskosten. Unter weiterer Berücksichtigung eines Guthabens des Klägers von 270,00 € an Wildbreterlös bestehe keine Zahlungspflicht der Beklagten über den anerkannten Teilbetrag hinaus. Auch ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liege nicht vor.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die über den anerkannten Teilbetrag hinausgehende Klageforderung ist nicht begründet.
Insoweit nimmt der Kläger die Beklagte zu Unrecht aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB auf Rückzahlung des für das Jagdjahr 2011/2012 gezahlten Betrages in Anspruch.
Zwar ist die Zahlung vom 5.4.2011 rechtsgrundlos erfolgt, nachdem der unanfechtbare Entzug des Jagdscheins am 25.3.2011 das Erlöschen des Jagdpachtvertrages zur Folge hatte (§§ 13 S. 1 BJagdG, 18 Abs. 1 S. 1 LJG Rheinland-Pfalz).
Soweit die Beklagte, die sich bis dahin lediglich auf Gegenrechte (Zurückbehaltung bzw. Aufrechnung) berufen sowie auch einen Teilbetrag anerkannt und dessen Zahlung angekündigt hat, im Widerspruch hierzu erstmals mit nachgelassenem Schriftsatz vom 29.11.2011 und vom Umfang und Zweck des Schriftsatznachlasses nicht mehr „gedeckt“ einwenden will, dass die Zahlung im Gegensatz zum Klagevorbringen nicht irrtümlich, sondern in Kenntnis der Nichtschuld (§ 814 BGB) erfolgt und daher von vornherein nicht kondizierbar sei, ist dies bereits prozessual nicht mehr berücksichtigungsfähig, schon nicht hinreichend dargelegt (positive Kenntnis der vorgenannten Rechtslage am 5.4.2011?) und auch ohne Beweisantritt geblieben.
Dem mithin – für sich gesehen – zunächst berechtigten Begehren auf Rückzahlung des rechtsgrundlos geleisteten Betrages von 5000,00 € stehen jedoch im Umfang des nicht anerkannten und noch streitgegenständlichen Klagebegehrens zu saldierende bzw. aufrechenbare Gegenforderungen der Beklagten in der Form von Schadenersatzansprüchen gegenüber, die insoweit zum Erlöschen der Klageforderung geführt haben.
Auch wenn der Kläger dies offenbar noch immer anders sehen will, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass der Pächter dem Verpächter den aus den Beendigung des Jagdpachtvertrages entstehenden Schaden zu ersetzen hat, wenn ihn ein Verschulden trifft (§§ 13 S. 3 BJagdG, 18 Abs. 1 S. 3 LJG Rheinland-Pfalz); dieses Verschulden des strafrechtlich rechtskräftig verurteilten Klägers ist hier nach den zutreffenden Rechtsausführungen in der Klageerwiderung (Ziff. II. 1.), denen der Kläger insoweit auch nicht einmal entgegengetreten ist, völlig unzweifelhaft gegeben.
Ebenso völlig zweifelsfrei gehört hier zum ersatzfähigen Schaden i. S. v. § 249 BGB zunächst der von der Beklagten zutreffend mit 2500,00 € angesetzte Betrag (Jagdpacht bis zur unstrittig zum 1.10.2011 erfolgten Neuverpachtung, also für sechs Monate von April bis September 2011).
Hinzu kommen 893,05 €, die – als solches unstrittig und auch urkundlich belegt – an Kosten für zwei erfolgte Ausschreibungen angefallen sind; diese Kosten wurden durch das von dem Kläger verschuldete Erlöschen des Jagdpachtvertrages verursacht und gehören daher (auch ohne entsprechende Vereinbarung im Vertrag vom 23.4.1999) ebenfalls zum ersatzfähigen Schaden. Dass laut Ziff. 13. der ersten Ausschreibung deren Kosten vom Pächter zu erstatten sein sollten, ist für die Schadensersatzpflicht des Klägers im Rahmen des § 249 BGB schon deshalb irrelevant, weil diese Ausschreibung erfolglos blieb und nicht zum Abschluss eines Jagdpachtvertrages mit einem neuen Pächter führte.
Der sich so ergebende ersatzfähige Gesamtschaden von 3393,05 € reduziert sich um das dem Kläger von der Beklagten zugestandene Guthaben von 270,00 € (Wildbreterlös) auf 3123,05 €, so dass zu Gunsten des Klägers nur ein überschießender Betrag in anerkannter Höhe von 1876,95 € verbleibt.
Selbst das gesamte Tatsachenvorbringen des Klägers hierzu als richtig unterstellt, vermag das Gericht dessen Rechtsauffassung, der Beklagten zustehende Schadensersatzansprüche seien wegen eines Verstoßes gegen die aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht nicht nur gemindert, sondern sogar gänzlich ausgeschlossen, nicht zu teilen.
Insoweit kommt es von vornherein nicht darauf an, über welche Kenntnisse die Beklagte schon im September 2010 durch Mitteilungen des Klägers und des … verfügt haben soll; Rechtsfolgen knüpft das Gesetz erst an den unanfechtbaren Entzug des Jagdscheins.
Nach der Rechtsauffassung des Gerichts kann die Beklagte auch nicht, um zu Gunsten des Klägers den Schaden gering zu halten, dazu verpflichtet gewesen sein, im Rahmen einer freihändigen Vergabe das Angebot des … (unabhängig von den insoweit zwischen den Parteien strittigen Details) anzunehmen, weder vor der Sitzung vom 28.4.2011 noch nach dem Rückzug des weiteren Interessenten, dem zunächst der Vorzug gegeben worden war. Dies liefe sonst auf einen aus keinem Rechtsgrund bestehenden Kontrahierungszwang der Beklagten hinaus, die schon in ihrem vorgerichtlichen Schreiben vom 6.6.2011 völlig zu Recht auf die bei ihr liegende „Entscheidungsgewalt …, in welcher Weise die Vergabe der Verpachtung folgt“, verwiesen hat. Die Beklagte konnte und durfte den Jagdbezirk, wie zunächst am 10.5.2011 geschehen, ausschreiben, woraufhin die Jagd ja sogar auch an … vergeben werden sollte. Nachdem dieser sodann ebenfalls sein Angebot zurückzog, steht die Erforderlichkeit der daraufhin vorgenommenen zweiten Ausschreibung völlig außer Frage.
Soweit die zweite Ausschreibung, wie die Beklagte nunmehr geltend macht, die vorstehend bereits abgehandelte Ziff. 13. der ersten Ausschreibung nicht mehr enthielt, war die Beklagte nicht aus Gründen der Schadensminderung dazu gehalten, durch eine solche (eine Neuverpachtung ggf. erschwerende) Ausschreibungsbedingung dafür Sorge zu tragen, dass sie die Ausschreibungskosten von einem neuen Pächter anstatt von dem ihr zum Schadensersatz verpflichteten Kläger wieder hereinbekommt.
Nach alledem hat es dabei zu verbleiben, dass die Klageforderung nur im Umfang eines Betrages von 1876,95 € berechtigt gewesen ist.
Zinsen hierauf stehen dem Kläger nicht zu; das von der Beklagten zunächst – gemäß den vorstehenden Ausführungen zu Recht – geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht schließt Fälligkeit und Verzug und damit auch den Anspruch auf Verzinsung aus (Palandt, § 273 BGB Rn. 20 und § 291 BGB Rn. 5).
Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten kann der Kläger ebenfalls nicht verlangen (auch nicht aus einem Wert von 1876,95 €). Die Voraussetzungen für einen Verzugsschadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB sind vorliegend nicht erfüllt (vgl. Hinweis vom 19.9.2011). § 280 Abs. 1 BGB kann der Kläger entgegen seinem Schriftsatz vom 5.10.2011 deshalb nicht heranziehen, weil die gegen ihn geltend gemachten Schadensersatzansprüche, die er mittels anwaltlicher Hilfe abwehren wollte, gemäß den vorstehenden Ausführungen hier gerade zu Recht erhoben wurden.
Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß §§ 91 Abs. 1, 93 ZPO insgesamt dem Kläger aufzuerlegen; nach Neuverpachtung und damit eingetretener Abrechnungsreife hat die Beklagte unverzüglich abgerechnet und anerkannt; Fälligkeit und Verzug waren, wie vorstehend bereits ausgeführt wurde, bis dahin nicht gegeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird bis zum Teilanerkenntnis im Termin vom 16.11.2011 auf 5000,00 € und ab diesem Zeitpunkt auf 3123,05 € festgesetzt.