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Parken auf fremdem Grund – Verbotene Eigenmacht

Halter eines Fahrzeugs als Zustandsstörer

AG Pfaffenhofen – Az.: 1 C 729/11 – Urteil vom 07.03.2012

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 254,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.07.2009 sowie weitere 49,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 39,00 € seit 15.05.2010 zu bezahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 254,06 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten in Höhe von 254,06 €.

Dieser besteht zunächst in einem Anspruch auf Befreiung von der gegenüber dem Unternehmer eingegangenen Verbindlichkeit. Mit Zahlung durch den Grundstücksbesitzer an den Unternehmer wandelt sich dieser in einen Zahlungsanspruch um.

Der Beklagte hat allerdings zuletzt bestritten, dass der Kläger die Abschleppkosten an den Unternehmer tatsächlich gezahlt hätte.

Dies schadet vorliegend jedoch nicht, da sich der Freistellungsanspruch schon dann in einen Zahlungsanspruch umwandelt, wenn der Beklagten endgültig und ernsthaft die Bezahlung verweigert.

Genau dies ist hier der Fall, so dass der Kläger auch aus diesem Grund sofort auf Zahlung und nicht erst auf Freistellung klagen konnte.

Nach BGH, Urteil vom 05.06.2009, Az. V ZR 144/08 begeht ein Fahrzeugführer verbotenen Eigenmacht, deren sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt.

Parken auf fremdem Grund - Verbotene Eigenmacht
Symbolfoto: Von redstone/Shutterstock.com

Die Abschleppkosten kann er dann als Schadenersatz vom Fahrzeugführer ersetzt verlangen, §§ 823 Abs. 2, 858 Abs. 1 BGB.

Das Parken auf fremden Grund stellt eine Besitzentziehung i.S. von § 858 BGB dar, da der betroffene Grundstücksbesitzer von der Nutzung dieses Teils des Grundstücks zum vorgesehenen Zweck gänzlich ausgeschlossen ist.

Zugleich liegt in Bezug auf den Rest des Grundstücks eine Besitzstörung i.S. von § 858 Absatz 1 BGB vor.

In Bezug auf die Besitzstörung besteht ein Anspruch auf deren Beseitigung gegen den Störer gem. § 862 Absatz 1 BGB. Der Vorschrift des § 862 BGB liegt dabei derselbe Störerbegriff wie in § 1004 BGB zu Grunde.

„Störer” ist damit nicht nur diejenige Person, welche durch eigene Handlung die Besitzstörung adäquat kausal verursacht hat (sog. „Handlungsstörer”), sondern auch der so genannte „Zustandsstörer”. Das ist diejenige Person, von deren Willen die Beseitigung des besitz- oder eigentumsbeeinträchtigenden Zustands abhängt. Für die Qualifikation einer Person als Zustandsstörer ist es nach herrschender Meinung gerade nicht erforderlich, dass die betreffende Person durch ihr Handeln die Störungsquelle geschaffen hat. Zustandsstörer ist vielmehr jede Person, die eine Störungsquelle beherrscht, so dass der störende Zustand mittelbar auf ihren Willen zurückzuführen ist.

Genau dies ist bei einem Fahrzeughalter zumindest dann der Fall, wenn er das Fahrzeug einer anderen Person freiwillig überlassen hat.

Handlungsstörer und Zustandsstörer sind dabei Gesamtschuldner nach § 421 BGB.

Dem Kläger steht es damit frei, sich entweder gegen den Handlungsstörer zu wenden, soweit er diesen kennt oder ermitteln kann, oder wahlweise auch gegen den Zustandsstörer.

Bis zur Bewirkung der Leistung bleiben beide Schuldner auf das Ganze verpflichtet.

Dessen ungeachtet gelang dem Kläger die Qualifizierung des Beklagten als Handlungsstörer zur Überzeugung des Gerichts nicht.

Zwar haben die Zeugen M., F. und A. bei ihren Vernehmungen angegeben, dass der Beklagte ihnen gegenüber gesagt habe, dass er sein Fahrzeug dort auf den Privatparkplatz geparkt hätte.

Insoweit erscheinen die Angaben der Zeugen aber nach der Beurteilung des Gerichts nicht glaubhaft; vielmehr hat das Gericht Zweifel daran, dass der Beklagte tatsächlich der Fahrer war, der das Fahrzeug unberechtigt auf dem Privatparkplatz abgestellt hatte.

So hat die Zeugin M. geäußert, dass sie sich an Einzelheiten des Gesprächs mit dem Beklagten nicht erinnern könne, jedoch an das Wesentliche. Insoweit erscheint fraglich, in welchem Bereich hier von Einzelheiten und wo von Wesentlichkeiten auszugehen ist.

So konnte sie sich nur ungefähr an die Uhrzeit, nicht aber den Tag des besagten Telefongesprächs mit dem Beklagten erinnern. Dann wiederum gab sie an, allerdings genau sagen zu können, dass der Beklagte gesagt habe, dass er selbst auf dem Parkplatz geparkt habe.

Dies erscheint aufgrund der Gesamtumstände und der Tatsache, dass es sich lediglich um ein einziges Telefongespräch handelte, das bereits lange Zeit zurückliegt, von dem die Zeugin selbst sagt, dass sie sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern könne, nicht nachvollziehbar und damit nicht glaubhaft.

Ebenso erscheint die Äußerung des Zeugen F. nicht glaubhaft. In Bezug auf die Hintergründe der Auseinandersetzung um das Abschleppen und die Herausgabe des Fahrzeugs des Beklagten und die Äußerung, dass er eine Abtretungsvereinbarung hat, setzte sich der Zeuge in Widerspruch zu den Angaben der ebenfalls vernommenen Polizeibeamten PHK D. und PHM K.. Die beiden Polizeibeamten hatte diesbezüglich übereinstimmen und glaubhaft die Geschehnisse in der Dienststelle berichtet und dabei jeweils unabhängig voneinander angegeben, dass der Unternehmer F. ihnen gegenüber von „Inkasso des Amtsgerichts …“ bzw. von „Inkassovollmacht“, nicht von Abtretungsvereinbarung gesprochen hätte.

Während die beiden Polizeibeamten insoweit glaubwürdig sind, hegt das Gericht aus diesem Grund erhebliche Zweifel an der Aussage des Zeugen F., dass der Beklagte ihm gegenüber gesagt habe, „dass er (der Beklagte) das Fahrzeug dorthin gestellt habe.“

Aber auch die Zeugenaussage des A. ist nach Ansicht des Gerichts hinsichtlich der Äußerung „hier habe ich (gemeint ist der Beklagte) geparkt, auf dem Parkplatz von Y. habe ich (gemeint ist der Beklagte) geparkt“ keinen Nachweis gerade für die Fahrereigenschaft des Beklagten.

Der Zeuge hatte die gesamte Vernehmung über ausgesagt, dass er nicht weiß, wer das Fahrzeug auf den Privatparkplatz gestellt hatte. Die Äußerung erfolgte auch erst ganz am Ende seiner Vernehmung, nachdem er ansonsten immer angegeben hatte, dass er nicht wisse, wer das Fahrzeug dort abgestellt hatte. Diese Äußerung war nach Ansicht des Gerichts daher nicht in diesem Sinne zu verstehen und vielmehr aufgrund sprachlicher Ungenauigkeit und sprachlichen Unvermögens des Zeuge zustande gekommen.

Aufgrund der Gesamtumstände hat das Gericht erhebliche Zweifel an der Fahrereigenschaft des Beklagten. Die Beweisaufnahme hatte nach Ansicht des Gerichts diese nicht unzweifelhaft festgestellt. Der Nachweis war dem Kläger nicht gelungen.

Allerdings schuldet der Beklagte die Abschleppkosten als Halter des Fahrzeugs.

Der Halter eines Fahrzeugs kann dann als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden, wenn, wie hier, der Fahrer das Fahrzeug freiwillig an den handelnden Zustandsstörer überlassen hat.

Hinzu kommt in diesem Fall, dass der Beklagte nach eigenem Vortrag den Schlüssel jedem berechtigten Fahrer am fraglichen Tag überlassen hatte, der das neue Fahrzeug des Beklagten probefahren wollte.

Insoweit traf der Beklagten keine Auswahl in Bezug auf den jeweiligen Fahrer, so dass er sich nicht darauf berufen kann, dass ein Fahrer mit Fahrerlaubnis sich regelgerecht verhält. Einen solchen Vertrauensgrundsatz gibt es in dieser Situation gerade nicht.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass es dem Beklagten zudem möglich und zumutbar gewesen wäre, den tatsächlichen, verantwortlichen Fahrer zu ermitteln, wohingegen die Klagepartei hierfür überhaupt keine Möglichkeiten hatte. Der Beklagte hat durch seine Handlung eine Ursache gesetzt, die zur Störung durch Falschparken geführt hatte. Dies ist dem Beklagten zuzurechnen.

Der Beklagte allein war in der Lage zur Beherrschung der Störerquelle.

Dies erscheint auch vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass der Beklagte im Wege des Innenausgleichs vom Handlungsstörer seinen Schaden ersetzt verlangen kann, § 426 BGB.

Der Anspruch auf die Abschleppkosten entfällt auch nicht deshalb, weil möglicherweise keine entsprechende Beschilderung und Hinweise angebracht waren.

Vorliegend kommt es hierauf nicht an.

Der Bereich der Parkplätze ist unter Betrachtung der vorliegenden Lichtbilder und nach Beurteilung der Skizze des Beklagten von der öffentlichen Straße deutlich abgegrenzt. Es ist eine Einfriedung vorhanden mit einer Einfahrt. Hier ist jedermann klar, dass es sich bei dem Parkplatz nicht um einen öffentlichen Parkraum handelt, sondern um einen Privatparkplatz.

Dies unterscheidet den vorliegenden Fall auch von dem, den das OLG München hinsichtlich einer Privatstraße entschieden hat. Im Gegensatz zur dortigen Privatstraße ist der Privatparkplatz auch ohne Beschilderung vom öffentlichen Verkehrsgrund deutlich abgegrenzt und auch klar als solcher erkennbar.

Es liegt auf Seiten des Klägers kein Nachweis für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Insoweit war der Beklagte beweisbelastet.

In Bezug auf die geltend gemachten Kosten wurde nur solche angesetzt, die nicht auch bei einer Umsetzung des Fahrzeugs auf einen freien öffentlichen Parkplatz entstanden wären. Insoweit wurden beispielsweise keine Standgebühren in Rechnung gestellt, die typischerweise nur beim Abschleppen auf das Firmengelände des Unternehmers entstehen.

Die einzelnen Positionen der Rechnung wurden vom Beklagten nicht angegriffen, so dass diese als zugestanden gelten, § 138 Abs. 3 ZPO.

Damit war der Beklagte zur Zahlung der Abschleppkosten in Höhe von 254,06 € verpflichtet.

Der Verzugsschaden in Höhe von 49,00 € und die Verzugszinsen waren ebenfalls durch den Beklagten zu tragen gemäß §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB. Diese waren durch den Beklagten nicht explizit angegriffen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

 

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