Übersicht
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Der Fall vor Gericht
- 2.1 Die Rolle der Rechnung als Kaufmännisches Bestätigungsschreiben: Ein Urteil des OLG München
- 2.2 Der Fall: Streit um Gebrauchte WC-Container und Gewährleistungsansprüche
- 2.3 Die Entscheidungsgründe des Landgerichts München I
- 2.4 Die Berufung der Beklagten und die Rolle des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens
- 2.5 Die Entscheidung des OLG München
- 2.6 Auswirkungen des Urteils und Handlungsempfehlungen
- 3 Die Schlüsselerkenntnisse
- 4 Benötigen Sie Hilfe?
- 5 Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- 5.1 Was sind die rechtlichen Folgen, wenn eine Rechnung als kaufmännisches Bestätigungsschreiben gilt?
- 5.2 Welche Mindestanforderungen muss eine Rechnung erfüllen, um als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu gelten?
- 5.3 Welche Widerspruchsfristen gelten bei einer Rechnung als kaufmännisches Bestätigungsschreiben?
- 5.4 Wie unterscheidet sich eine normale Rechnung von einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben?
- 5.5 Welche Verteidigungsmöglichkeiten hat ein Unternehmer gegen die Wirkung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG München
- Datum: 08.01.2025
- Aktenzeichen: 7 U 1776/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren und Widerklage im Zusammenhang mit Gewährleistungsansprüchen aus einem Kaufvertrag über gebrauchte WC-Container
- Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Kaufrecht, Gewährleistungsrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Partei, die den Kaufvertrag über gebrauchte WC-Container abschloss und einen Anspruch auf Vertragsrückabwicklung sowie auf einen Betrag von 1.950 € geltend machte; zudem wurde von ihr ein weitergehender Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.018,50 € erhoben, der im Urteil als unbegründet erklärt wurde.
- Beklagte: Die Partei, die die WC-Container veräußerte und in der Berufungsinstanz die Aufhebung beziehungsweise Änderung des erstinstanzlichen Urteils angestrengt hat; ihr Antrag wurde teilweise stattgegeben, während die weitergehende Berufung zurückgewiesen wurde.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Im Juli 2021 führten die Parteien per WhatsApp Verhandlungen über den Ankauf von zwei gebrauchten WC-Containern; beide sind im Handel und in der Vermietung von WC-Containern tätig, wodurch Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag zur Streitfrage wurden.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob neben der bereits vom Landgericht zuerkannten Rückabwicklung des Kaufvertrags und einem Betrag von 1.950 € auch ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.018,50 € besteht.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das erstinstanzliche Urteil wurde im Kostenpunkt aufgehoben und geändert – insbesondere wurde festgestellt, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.018,50 € nicht zusteht, während die weitergehende Widerklage abgewiesen wurde; zusätzlich wurde die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen, die Kosten wurden neu verteilt und das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; Revision wurde nicht zugelassen.
- Begründung: Das Gericht prüfte die Gewährleistungsansprüche aus dem streitgegenständlichen Kaufvertrag und kam zum Ergebnis, dass ein zusätzlicher Schadensersatzanspruch von 17.018,50 € nicht begründet ist.
- Folgen: Die Kosten der ersten Instanz werden zu 60 % von der Klägerin und zu 40 % von der Beklagten getragen, im Berufungsverfahren beträgt die Kostenverteilung 57 % beziehungsweise 43 %; das Urteil sowie das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, und es wurden keine weiteren Rechtsmittel zugelassen.
Der Fall vor Gericht
Die Rolle der Rechnung als Kaufmännisches Bestätigungsschreiben: Ein Urteil des OLG München

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Urteil vom 08. Januar 2025 (Az.: 7 U 1776/23) eine interessante Entscheidung im Kontext von Kaufverträgen getroffen. Im Kern ging es um die Frage, ob eine Rechnung als Kaufmännisches Bestätigungsschreiben gewertet werden kann und welche Konsequenzen dies für mögliche Schadensersatzansprüche hat. Dieser Artikel beleuchtet den Fall, die Argumente und die Entscheidung des Gerichts, um auch Lesern ohne juristisches Fachwissen ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen.
Der Fall: Streit um Gebrauchte WC-Container und Gewährleistungsansprüche
Im vorliegenden Fall stritten zwei Unternehmen, die beide im Handel und der Vermietung von WC-Containern tätig sind, über Gewährleistungsansprüche aus einem Kaufvertrag. Die Klägerin hatte von der Beklagten zwei gebrauchte WC-Container erworben. Die Verhandlungen fanden im Juli 2021 über WhatsApp statt. Nach einer Anfrage der Klägerin nach einer Rechnung, übersandte die Beklagte am 28. Juli 2021 eine solche. Diese Handelsrechnung wies die beiden WC-Container „20ft 6 WC … gebraucht gekauft wie gesehen“ zu einem Preis von 4.500,- € (netto) je Container aus, was einen Gesamtpreis von 10.710,- € (brutto) ergab. Es kam später zu Streitigkeiten über den Zustand der Container, woraufhin die Klägerin Gewährleistungsansprüche geltend machte und unter anderem Schadensersatz forderte. Die Beklagte wies die Ansprüche zurück, was schließlich zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte.
Die Entscheidungsgründe des Landgerichts München I
Das Landgericht München I hatte in erster Instanz zugunsten der Klägerin entschieden und der Rückabwicklung des Kaufvertrags sowie einem Schadensersatzanspruch stattgegeben. Es argumentierte, dass die gelieferten WC-Container Mängel aufwiesen, die die Klägerin zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten berechtigten.
Die Berufung der Beklagten und die Rolle des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens
Die Beklagte legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung beim OLG München ein. Ein zentraler Punkt ihrer Argumentation war, dass die Rechnung vom 28. Juli 2021 als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu werten sei.
Was ist ein Kaufmännisches Bestätigungsschreiben?
Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist ein im Handelsverkehr übliches Mittel, um mündliche oder fernmündliche Vertragsvereinbarungen schriftlich festzuhalten. Es dient der Rechtssicherheit und Klarstellung der getroffenen Abmachungen. Im Gegensatz zu einem formellen Kaufvertrag, der von beiden Parteien unterzeichnet wird, handelt es sich beim Bestätigungsschreiben um eine einseitige Erklärung, die jedoch unter Kaufleuten als verbindlich gilt, wenn der Empfänger nicht unverzüglich widerspricht.
Die Argumentation der Beklagten
Die Beklagte argumentierte, dass die Rechnung alle wesentlichen Bestandteile eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens enthalte: die Bezeichnung der Vertragsparteien, die Beschreibung der Ware (WC-Container), den Preis und die Zahlungsbedingungen. Durch die unbeanstandete Entgegennahme der Rechnung habe die Klägerin die darin enthaltenen Bedingungen stillschweigend akzeptiert. Dies schließe insbesondere die Klausel „gebraucht gekauft wie gesehen“ ein, die eine Beschränkung der Gewährleistung beinhalte.
Die Entscheidung des OLG München
Das OLG München gab der Berufung der Beklagten teilweise statt. Das Gericht bestätigte zwar grundsätzlich die Rückabwicklung des Kaufvertrags, reduzierte aber den Schadensersatzanspruch der Klägerin erheblich.
Die Rechnung als Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
Das OLG München schloss sich der Auffassung der Beklagten an, dass die Rechnung vom 28. Juli 2021 als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu werten sei. Das Gericht führte aus, dass die Rechnung alle wesentlichen Informationen über den Kaufvertrag enthalte und die Klägerin nicht unverzüglich widersprochen habe.
Die Bedeutung des Schweigens
Das Gericht betonte, dass im Handelsverkehr von einem Kaufmann erwartet wird, dass er ein Bestätigungsschreiben unverzüglich prüft und gegebenenfalls widerspricht, wenn er mit dem Inhalt nicht einverstanden ist. Unterlässt er dies, gilt das Schreiben als genehmigt und der Inhalt wird Vertragsbestandteil.
Die Konsequenzen für den Schadensersatzanspruch
Durch die Wertung der Rechnung als kaufmännisches Bestätigungsschreiben und die darin enthaltene Klausel „gebraucht gekauft wie gesehen“ wurde der Schadensersatzanspruch der Klägerin erheblich eingeschränkt. Das Gericht argumentierte, dass die Klägerin beim Kauf von gebrauchten Containern mit einem gewissen Verschleiß rechnen musste und nicht erwarten konnte, dass diese in einem neuwertigen Zustand sind.
Auswirkungen des Urteils und Handlungsempfehlungen
Das Urteil des OLG München verdeutlicht die Bedeutung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im Handelsverkehr. Es zeigt, dass auch eine Rechnung als solches gewertet werden kann, wenn sie alle wesentlichen Vertragsbedingungen enthält und der Empfänger nicht unverzüglich widerspricht.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
- Rechnungen sorgfältig prüfen: Unternehmen sollten eingehende Rechnungen unverzüglich auf Richtigkeit und Übereinstimmung mit den getroffenen Vereinbarungen prüfen.
- Unverzüglich widersprechen: Bei Abweichungen oder Unklarheiten sollte dem Absender des Bestätigungsschreibens (in diesem Fall der Rechnung) unverzüglich widersprochen werden. Der Widerspruch sollte schriftlich erfolgen, um einen Nachweis zu haben.
- Klare Vereinbarungen treffen: Um Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Unternehmen klare und eindeutige Vereinbarungen treffen und diese schriftlich festhalten, idealerweise in einem formellen Kaufvertrag.
- Bedeutung der Geschäftskorrespondenz verstehen: Es ist wichtig, die rechtliche Bedeutung von Geschäftskorrespondenz, einschließlich Rechnungen, Vertragsbestätigungen und anderen Formelle Kommunikationen, zu verstehen und entsprechend zu handeln.
Was bedeutet das für Betroffene?
Für Personen oder Unternehmen, die ähnliche rechtliche Probleme haben, ist es ratsam, sich rechtzeitig von einem Anwalt beraten zu lassen. Ein Anwalt kann die spezifische Situation prüfen und die bestmöglichen Handlungsoptionen aufzeigen. Dies ist besonders wichtig, wenn es um die Geltendmachung oder Abwehr von Gewährleistungsansprüchen geht oder wenn die Frage im Raum steht, ob eine Rechnung oder ein anderes Dokument als kaufmännisches Bestätigungsschreiben gewertet werden kann. Das Verständnis der Feinheiten des Handelsrechts und die richtige Reaktion auf Geschäftsbriefe und andere Dokumentation für Geschäftsvorfälle kann entscheidend sein, um finanzielle Verluste zu vermeiden und die eigenen Rechte zu wahren.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG München stärkt die Position von Käufern bei gebrauchten Waren, auch wenn diese „wie besehen“ gekauft wurden. Ein pauschaler Gewährleistungsausschluss durch AGB ist unwirksam, wenn der Verkäufer Unternehmer ist. Bei mangelhafter Ware hat der Käufer das Recht auf Rücktritt und Rückabwicklung des Kaufvertrags, muss aber nachweisen können, dass die Mängel bereits beim Kauf vorlagen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Kunde eine gebrauchte Ware von einem gewerblichen Verkäufer erwerben, können Sie trotz der Klausel „gekauft wie gesehen“ Ihre Gewährleistungsrechte geltend machen. Bei Mängeln müssen Sie diese zeitnah dokumentieren und dem Verkäufer melden. Sie haben dann Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, wenn Sie nachweisen können, dass die Mängel bereits beim Kauf bestanden. Allerdings sollten Sie nicht vorschnell Ersatzware kaufen, da Sie möglicherweise nicht den vollen Differenzbetrag als Schadensersatz verlangen können.
Benötigen Sie Hilfe?
Klarheit im Geschäftsverkehr: Rechtssicherheit bei kaufmännischen Bestätigungsschreiben?
Im täglichen Geschäftsverkehr können Rechnungen und andere Dokumente, die als Bestätigung von Abmachungen gelten, zu Unsicherheiten führen – insbesondere wenn es um die rechtliche Relevanz und deren Auswirkungen auf Gewährleistungsansprüche geht. Viele, die vor der Herausforderung stehen, deren Inhalt korrekt einzuordnen, fragen sich, ob und in welchem Umfang sie an den dargestellten Regelungen gebunden sind.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Unterlagen präzise zu analysieren und Ihre Rechte sachgerecht wahrzunehmen. Vertrauen Sie auf unsere fundierte Beratung, um in unübersichtlichen Fällen den Überblick zu behalten und kompetent weiterzukommen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind die rechtlichen Folgen, wenn eine Rechnung als kaufmännisches Bestätigungsschreiben gilt?
Grundsätzliche Wirkung
Wird eine Rechnung als kaufmännisches Bestätigungsschreiben eingestuft, entfaltet sie eine besondere rechtliche Bindungswirkung. Der Empfänger muss der Rechnung unverzüglich widersprechen, wenn er mit deren Inhalt nicht einverstanden ist. Erfolgt kein Widerspruch, gilt der in der Rechnung dargestellte Inhalt als verbindlich vereinbart.
Rechtliche Konsequenzen
Ein nicht erfolgter Widerspruch führt zu weitreichenden Folgen:
Vertragsänderung: Der Vertrag gilt mit dem Inhalt der Rechnung als geschlossen oder geändert. Dies betrifft nicht nur den Preis, sondern auch alle anderen in der Rechnung enthaltenen Bedingungen.
Beweislast: Das Bestätigungsschreiben stellt eine Beweisurkunde für den Vertragsinhalt dar. Wenn Sie als Empfänger später behaupten, es sei etwas anderes vereinbart worden, müssen Sie dies beweisen.
Besondere Fallkonstellationen
Bei Werklohnforderungen kann das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zur Schlussrechnung zum Verlust weiterer Ansprüche führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn in der Rechnung bestimmte Forderungen als abschließend dargestellt werden.
Schutz vor nachteiligen Folgen
Die Bindungswirkung tritt in zwei Fällen nicht ein:
Wesentliche Abweichungen: Wenn die Rechnung erheblich von den tatsächlichen Vereinbarungen abweicht, sodass der Absender nicht mit einer Zustimmung rechnen konnte.
Arglistiges Verhalten: Wenn der Rechnungssteller bewusst falsche Angaben macht, um den Empfänger zu täuschen.
Die Widerspruchsfrist beträgt in der Regel 2 bis 5 Werktage. Innerhalb dieser Frist muss der Empfänger seinen Widerspruch klar und eindeutig zum Ausdruck bringen.
Welche Mindestanforderungen muss eine Rechnung erfüllen, um als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu gelten?
Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss nicht zwingend als solches bezeichnet werden – auch eine Rechnung kann diese Funktion erfüllen, wenn sie bestimmte Mindestanforderungen erfüllt.
Formelle Voraussetzungen
Die Rechnung muss schriftlich verfasst sein, wobei die Form der Übermittlung (Brief, E-Mail oder Telefax) keine Rolle spielt. Der Absender muss das Dokument unmittelbar nach den Vertragsverhandlungen verschicken und es muss dem Empfänger nachweislich zugehen.
Persönliche Voraussetzungen
Beide Parteien müssen entweder Kaufleute sein oder zumindest in größerem Umfang am Geschäftsleben teilnehmen. Dies trifft beispielsweise auch auf Rechtsanwälte zu, die ähnlich einem Kaufmann am Geschäftsleben teilnehmen.
Inhaltliche Anforderungen
Die Rechnung muss folgende inhaltliche Elemente aufweisen:
- Eine eindeutige Bezugnahme auf vorangegangene Vertragsverhandlungen
- Die wesentlichen Vertragsbestandteile müssen vollständig und final wiedergegeben werden
- Der Text muss erkennen lassen, dass der Absender von einem bereits erfolgten Vertragsschluss ausgeht
- Die Darstellung muss redlich sein – bei Abweichungen von den Verhandlungen muss der Absender vernünftigerweise mit der Billigung des Empfängers rechnen können
Abgrenzung zur gewöhnlichen Rechnung
Eine gewöhnliche Rechnung wird erst dann zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben, wenn sie die kaufmännisch-rechtliche Ausdrucksweise verwendet und die Rechtserheblichkeit des Schreibens deutlich wird. Der Text muss klar zum Ausdruck bringen, dass er einen vorher mündlich oder telefonisch geschlossenen Vertrag bestätigt.
Die Rechnung darf nicht zu stark von den Vertragsverhandlungen abweichen. Bei gravierenden Abweichungen vom Inhalt der vorangegangenen Vertragsverhandlungen liegt kein bindendes kaufmännisches Bestätigungsschreiben vor.
Welche Widerspruchsfristen gelten bei einer Rechnung als kaufmännisches Bestätigungsschreiben?
Bei einer Rechnung, die als kaufmännisches Bestätigungsschreiben fungiert, gilt der Grundsatz der unverzüglichen Widerspruchspflicht. Dies bedeutet, der Widerspruch muss ohne schuldhaftes Zögern erfolgen.
Konkrete Fristen
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat folgende Zeiträume als Richtwerte etabliert:
Regelfall: 1-2 Werktage. In besonderen Fällen, etwa bei komplexeren Prüfungserfordernissen, können auch bis zu 3 Tage als angemessen gelten.
Fristberechnung und Besonderheiten
Die Widerspruchsfrist beginnt mit dem Zugang des Bestätigungsschreibens. Der Prüfungsaufwand im konkreten Einzelfall kann die zulässige Fristdauer beeinflussen. Eine Woche gilt in der Regel bereits als zu lang und führt zum Rechtsverlust.
Formelle Anforderungen
Der Widerspruch sollte folgende Elemente enthalten:
- Eindeutige Bezeichnung als „Widerspruch gegen die Rechnung“
- Kundendaten (Name, Kundennummer)
- Rechnungsdaten (Nummer, Datum, Betrag)
- Konkrete Begründung der Fehler oder Abweichungen
Rechtliche Konsequenzen
Erfolgt kein fristgerechter Widerspruch, wird der Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens verbindlich. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Schreiben derart von den getroffenen Vereinbarungen abweicht, dass der Absender vernünftigerweise nicht mit einer Billigung rechnen durfte.
Wie unterscheidet sich eine normale Rechnung von einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben?
Das kaufmännische Bestätigungsschreiben und die normale Rechnung unterscheiden sich grundlegend in ihrer rechtlichen Funktion und Wirkung.
Rechtliche Natur und Zweck
Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben dient der schriftlichen Fixierung eines bereits mündlich geschlossenen oder verhandelten Vertrags zwischen Geschäftspartnern. Es hat eine bestätigende (deklaratorische) oder rechtsbegründende (konstitutive) Wirkung.
Eine normale Rechnung hingegen dokumentiert lediglich die Einzelheiten einer erbrachten Leistung oder Lieferung und dient als Abrechnungsdokument.
Anwendungsbereich
Das kaufmännische Bestätigungsschreiben kommt ausschließlich im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten oder kaufmannsähnlichen Geschäftsteilnehmern zur Anwendung. Bei Privatpersonen als Vertragspartner ist es nicht anwendbar.
Rechtliche Wirkung
Der wichtigste Unterschied liegt in der Schweigefalle: Wenn der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht unverzüglich widerspricht, gilt der Vertrag mit dem Inhalt des Schreibens als vereinbart. Dies gilt selbst dann, wenn das Schreiben vom mündlich Vereinbarten abweicht.
Zeitlicher Aspekt
Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss in zeitlicher Nähe zu den Verhandlungen versandt werden. Bei einer normalen Rechnung gibt es keine solche zeitliche Beschränkung, sie muss lediglich innerhalb der gesetzlichen Fristen erstellt werden.
Formelle Anforderungen
Eine normale Rechnung muss bestimmte Pflichtangaben nach dem Umsatzsteuergesetz enthalten, wie etwa Rechnungsnummer, Steuernummer und detaillierte Leistungsbeschreibung. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss hingegen nur die wesentlichen Vertragspunkte enthalten und als Bestätigungsschreiben erkennbar sein.
Welche Verteidigungsmöglichkeiten hat ein Unternehmer gegen die Wirkung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens?
Unverzüglicher Widerspruch als wichtigste Verteidigungsmöglichkeit
Als Unternehmer haben Sie die Möglichkeit, einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben unverzüglich zu widersprechen. Dies bedeutet, Sie müssen ohne schuldhaftes Zögern reagieren. In der Regel sollten Sie den Widerspruch innerhalb von ein bis zwei Tagen nach Erhalt des Schreibens einlegen. In Ausnahmefällen können auch bis zu drei Tage ausreichend sein – eine Woche ist jedoch regelmäßig zu lang.
Inhaltliche Abweichungen als Verteidigungsgrund
Wenn das Bestätigungsschreiben inhaltlich erheblich von den tatsächlichen Verhandlungen abweicht, entfaltet es keine rechtsbegründende Wirkung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Absender vernünftigerweise nicht mit einer Billigung durch Sie rechnen konnte. Stellen Sie sich vor, Sie verhandeln über einen Auftrag im Wert von 1.000 Euro, und das Bestätigungsschreiben nennt einen Betrag von 10.000 Euro – in einem solchen Fall wäre die Abweichung so erheblich, dass das Schreiben keine Bindungswirkung entfaltet.
Unredlichkeit des Absenders nachweisen
Eine weitere Verteidigungsmöglichkeit besteht darin, die Unredlichkeit des Absenders nachzuweisen. Wenn der Absender das Verhandlungsergebnis bewusst falsch wiedergibt oder unredlich handelt, ist er nicht schutzwürdig. In diesem Fall entfaltet das Bestätigungsschreiben keine Wirkung, auch wenn Sie nicht widersprochen haben.
Formale Anforderungen prüfen
Prüfen Sie auch die formalen Voraussetzungen des Bestätigungsschreibens. Das Schreiben muss in zeitlicher Nähe zu den Verhandlungen erfolgen. Wenn zwischen den Verhandlungen und dem Zugang des Schreibens ein zu langer Zeitraum liegt, etwa drei Wochen, ist der erforderliche Zusammenhang nicht mehr gegeben. In einem solchen Fall können Sie die Wirksamkeit des Bestätigungsschreibens erfolgreich anfechten.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
Ein geschäftlicher Brief, der nach mündlichen Verhandlungen die getroffenen Vereinbarungen schriftlich zusammenfasst. Wenn der Empfänger nicht unverzüglich widerspricht, gilt der Inhalt als verbindlich vereinbart – auch wenn er vom tatsächlich Besprochenen abweicht. Dies ist in § 346 HGB verankert und gilt nur im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten.
Beispiel: Nach telefonischer Bestellung sendet der Lieferant eine schriftliche Auftragsbestätigung mit zusätzlichen AGB. Widerspricht der Kunde nicht sofort, werden diese Bedingungen Vertragsbestandteil.
Gewährleistungsansprüche
Gesetzlich garantierte Rechte des Käufers bei mangelhafter Ware, geregelt in §§ 434 ff. BGB. Diese umfassen Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz. Bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern können diese Rechte durch Vereinbarung eingeschränkt werden, ein vollständiger Ausschluss ist jedoch meist unwirksam.
Beispiel: Ein gekaufter WC-Container weist versteckte Mängel auf. Der Käufer kann Reparatur verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.
Widerklage
Eine Gegenklage des Beklagten gegen den Kläger im selben Verfahren, geregelt in § 33 ZPO. Der Beklagte macht dabei eigene Ansprüche geltend, die mit der Hauptklage in Zusammenhang stehen können, aber nicht müssen. Dies spart Zeit und Kosten gegenüber einem separaten Verfahren.
Beispiel: Der Verkäufer wird wegen Mängeln verklagt und macht im Gegenzug noch ausstehende Zahlungen geltend.
Vertragsrückabwicklung
Die Rückgängigmachung eines Vertrags und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, geregelt in §§ 346 ff. BGB. Beide Parteien müssen erhaltene Leistungen zurückgeben – der Käufer die Ware, der Verkäufer den Kaufpreis. Auch Nutzungen und Wertersatz können zu erstatten sein.
Beispiel: Bei mangelhaften WC-Containern gibt der Käufer diese zurück und erhält den Kaufpreis erstattet.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 434 BGB – Sachmangel: Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet. Die Beschaffenheit kann sich auch aus den Umständen und Erwartungen des Käufers ergeben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beurteilung der WC-Container als mangelhaft basiert auf ihrer Gebrauchstauglichkeit und dem Zustand bei Übergabe, wobei der Vermerk „gekauft wie gesehen“ eine wichtige Rolle spielt.
- § 437 BGB – Rechte des Käufers bei Mängeln: Bei Vorliegen eines Sachmangels hat der Käufer das Recht auf Nacherfüllung, Rücktritt vom Kaufvertrag oder Schadensersatz. Diese Rechte können in einer bestimmten Reihenfolge geltend gemacht werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin hat zunächst Nacherfüllung verlangt und nach deren Ablehnung den Rücktritt erklärt sowie Schadensersatz geltend gemacht.
- § 474 BGB – Verbrauchervertrag: Regelungen zum Unternehmerkauf sind anders als beim Verbrauchsgüterkauf. Zwischen Unternehmern können Gewährleistungsrechte durch AGB oder individualvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da beide Parteien gewerblich mit WC-Containern handeln, gelten die strengeren Regelungen des Unternehmerkaufs.
- § 280 BGB – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung: Bei einer Pflichtverletzung kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Der Schaden muss kausal auf der Pflichtverletzung beruhen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin macht Schadensersatz für die Kosten der Ersatzbeschaffung geltend, die durch die behauptete Mangelhaftigkeit der Container entstanden sind.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 7 U 1776/23 – Urteil vom 08.01.2025
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