AG Eisenach, Az.: 54 C 22/10, Urteil vom 29.09.2011
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen oder Hinterlegung von 120 % das aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehrt Schadensersatz wegen eines Sturzes auf einer Stufe in den Räumlichkeiten der Beklagten.
Die Beklagte betreibt in Eisenach ein Ladenlokal für Frisurbedarf. Am 07.07.2008 ging die Klägerin mit ihrem Ehemann in dieses Ladengeschäft. Dort kaufte sie Haarshampoo und bekam dafür einen Kassenbeleg. Beim Herausgehen aus dem Laden stürzte die Klägerin im Eingangsbereich des Geschäfts, und zwar so, dass sie mit dem Gesicht aufschlug. Dabei wurde die Brille der Klägerin beschädigt. Hierfür macht die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 766,67 € geltend.
Darüber hinaus begehrt sie Schmerzengeld für die beim Sturz erlittenen Verletzungen in Höhe von mindestens 250,00 €.
Der Sturz erfolgte an einer Treppenstufe, auf der sich an der Kante ein auffällig rotweißes Band aufgeklebt befindet. Der übrige Fußbodenbelag in dem Ladenlokal ist dunkelbraun gehalten.
Die Klägerin wurde außergerichtlich anwaltlich vertreten.
Die Klägerin behauptet, am Tag des Sturzes habe sich die im Laden befindliche Verkäuferin dahin geäußert, dass an dieser Stufe schon mehrfach Personen gestürzt seien und sie die Beklagte darauf hingewiesen und erfolglos um Abhilfe gebeten hätte.
Sie sei von der Verkäuferin vor dem Sturz nicht vor der Treppenstufe gewarnt worden.
Die Klägerin beantragt daher, die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe im Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2009 zu zahlen; die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an sie 766,67 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 23.02.2009 zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltsverfolgungskosten in Höhe von 155,30 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 12.02.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet, dass an der Stelle, an der die Klägerin zu Fall gekommen ist, bereits mehrere Personen gestürzt wären.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Treppenstufe durch dass rotweiße Klebeband auffällig genug markiert ist, um im Laden befindliche Kunden vor der Stufe zu warnen, um so ein Stolpern bzw. Fall zu verhindern.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben. Gemäß Beweisbeschluss vom 16.12.2010 durch Anordnung der Vernehmung der Zeugen H., J. und W. (Bl. 110 – 111 d. A.)
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird hinsichtlich der Zeugen … und … Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 03.02.2011 (Bl. 119 – 121 d. A.), wegen der Zeugin … auf das Protokoll der Vernehmung vor dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg vom 26.05.2011 (Bl. 127 d. A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß §§ 823, 253 BGB aus dem Unfallereignis vom 07.07.2008.
Ein deliktischer Anspruch ist nicht gegeben, da der Sturz der Klägerin nicht durch eine Verletzung von Verkehrsicherungspflichten durch die Beklagte verursacht wurde. Die dafür darlegungs- und beweispflichtige Klägerin konnte schon nicht schlüssig behaupten, dass eine solche Verletzungshandlung vorgelegen hätte.
Die allgemeine Rechtspflicht, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung andere zu nehmen, beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notewendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen hat. Allerdings gibt es eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht. Die Verkehrssicherungspflicht ist auf solche Gefahrenquellen zu beschränken, mit denen der übliche Verkehr nach seinem vernünftigen Sicherheitserwartungen nicht zu rechnen braucht und auf die er sich nicht ohne Weiteres selbst einstellen kann (vgl. LG Bochum, Urteil v. 15.05.2009, Az.: I-4 0 476/08).
Die Beklagte hat ihre Sorgfaltspflicht als Ladenbetreiberin ausreichen genüge getan, indem sie das rotweiße Klebeband an der Gefahrenstelle befestigt hatte. Die Signalwirkung dieses Klebebandes ist auch dem ausgedruckten, der Klageschrift beigefügtem Lichtbild (Bl. 16 d. A. Anlage K 4) zu entnehmen. Die Klägerin musste bereits nach Betreten des Ladens die Stufe nehmen, über die sie beim Verlassen des Geschäfts stolperte. Diese Leistung gelang der Klägerin problemlos. Zu vermuten ist deshalb, dass sie zu dieser Zeit ihrer Fortbewegung mehr Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Hätte die Klägerin sich auf dem Weg aus dem Laden hinaus ebenso verhalten, wäre sie nicht zu Fall gekommen. Schon mit dem problemlosen Überwinden der kleinen Hürde hat die Klägerin dokumentiert, dass sie sehr wohl in der Lage war, sich auf eine Treppenstufe einzustellen. Sie hätte ebenso beim Verlassen des Ladens mit nur geringer Anstrengung die ca. 10 cm hohe Stufe (die Örtlichkeit ist gerichtsbekannt) wieder erkennen können.
Die Klägerin hatte in der Verhandlung auf Befragen, wie viel die Beklagte noch hätte tun müssen, damit die Klägerin nicht zu Fall kommt die Auffassung geäußert, Beklagte hätte zum Schutz der Kunden den gesamten Fußboden im Ladenlokal durch Umbaumaßnahmen auf eine Ebene zu bringen müssen. Dieser Anspruch der Klägerin ist eindeutig überzogen und nicht mit dem oben genannten Grundsatz zu vereinbaren, dass nicht für alle denkbaren entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden müsste. So bedauerlich die Verletzung und der Schaden der Klägerin durch den Sturz auch waren, kommt das Gericht nicht umhin die Klägerin an ihre Eigenverantwortlichkeit zu erinnern.
Die Rekonstruktion des Unfalls lässt nur den Schluss zu, dass die Klägerin aus Unachtsamkeit hingefallen ist. Dieser Fehler, der passieren kann und menschlich ist, kann jedoch nicht der Beklagten angelastet werden.
Ein Mitverschulden der Beklagten kommt nicht Betracht. Dafür hätte die Behauptung der Klägerin gesprochen, die Verkäuferin habe erklärt, an dieser Stelle seien schon mehrerer Personen gestürzt. Der dazu gehörte Ehemann der Klägerin, der Zeuge …, hat in seiner Vernehmung (Bl. 120 d. A.) diese Behauptung bestätigt, indem er erklärte, dass die im Laden anwesende Verkäuferin sich entsprechend geäußert hätte, was auch nicht vor sondern nach dem Sturz gewesen sei.
Die dazu gehörte Zeugin … bestätigte diese Behauptung nicht. Sie erklärte in ihrer Vernehmung (Bl. 119 d. A.) lediglich, dass sie die Klägerin vor dem Sturz gewarnt hätte, sie solle vorsichtig sein, weil an dieser Schwelle schon Leute gestolpert seien.
Der Streit darüber, ob die Zeugin … oder eine Frau … zum Unfallzeitpunkt im Laden anwesend waren, kann dahinstehen. Zum Einen bestätigte die Zeugin … selbst, dass sie zum Vorgangszeitpunkt die einzige Verkäuferin im Laden gewesen sei. Frau … war zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten nicht mehr beschäftigt gewesen. Die Zeugin … erklärte, dass ihr die Zeugin … von dem Sturz berichtet hätte (B. 127 d. A.). Zumindest aus dem Wochenarbeitsplan konnte sie entnehmen, dass Frau … zu diesem Zeitpunkt nicht im Laden arbeitete
Jedenfalls wurde die Zeugin … nicht für die Behauptung, es sei an der besagten Stelle schon mehrfach zu Stürzen gekommen, als Beweis angeboten.
Die Frage, ob tatsächlich schon mehrfach Leute an dieser Stelle gestürzt sind, ist nicht aufgeklärt. Die Aussagen … und … stehen sich gegenüber. Der Zeuge … sagt zugunsten der Klägerin, die Zeugin … zugunsten der Beklagten aus. Beide gehören der Lage der jeweiligen Partei an. Der Ehemann der Klägerin ist naturgemäß an dem Ausgang des Verfahrens zugunsten seiner Ehefrau interessiert, die Verkäuferin und Zeugin … an dem positiven Ausgang des Verfahrens zugunsten ihrer Arbeitgeberin. Beide Aussagen sind dadurch nicht durch neutrale Zeugenbekundungen berechnet.
Damit ist ein non liquid gegeben. Dieses geht zu Lasten der Klägerin, der somit nicht der Beweis eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten und eines damit einhergehendes Mitverschulden der Beklagten beweisen kann.
Deshalb kann auch dahinstehen, ob das Schild „Vorsicht Stufe“ durch die geöffnete Ladentür und ein daran befestigtes Plakat für die Klägerin als Kundin nicht sichtbar war oder ob die anwesende Verkäuferin vor der Stufe gewarnt hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708, 711 ZPO.