OLG Koblenz – Az.: 3 U 514/14 – Beschluss vom 09.10.2014
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz – Einzelrichter – vom 10. April 2014 wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.
3. Das vorbezeichnete Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Senat hat mit Beschluss vom 24. Juli 2014 (GA 80 ff.) darauf hingewiesen, dass er erwägt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuweisen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf den vorbezeichneten Hinweisbeschluss Bezug.
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 28. Juli 2014 (GA 99 ff.) der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Die Beklagten haben hierauf mit Schriftsatz vom 23. September 2014 (GA 108 ff.) erwidert.
Die Ausführungen der Kläger rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Es verbleibt dabei, dass der Senat eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht feststellen kann, von der Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden nicht mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit überzeugt ist und es jedenfalls an einem Verschulden des Beklagten zu 1) fehlt.
II.
1. Soweit die Kläger beanstanden, die Berufung sei zumindest nicht offensichtlich unbegründet, versteht der Senat den Vortrag dahin, dass zum Ausdruck gebracht werden soll, die Aussichtlosigkeit der Berufung liege „nicht auf der Hand“. Dem stimmt der Senat zwar zu. Allerdings ist dies für die Annahme einer offensichtlichen Unbegründetheit im Sinne von § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auch nicht erforderlich. Die Aussichtslosigkeit darf vielmehr Ergebnis „vorgängiger gründlicher Prüfung sein“ (BTDrs 17/6406 S 11; Zöller-Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 522, Rnr 36). Dies aber ist aus den Gründen des Hinweisbeschlusses und der nachfolgenden Ausführungen der Fall; eine mündliche Verhandlung würde zu keinem höheren Erkenntnisgrad führen.
2. Entgegen der Auffassung der Kläger bleibt der Senat bei der Annahme, dass die Beklagte zu 2) selbst als langjährige Mitbewohnerin keine Verkehrssicherungspflicht trifft. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung haben die Kläger nicht dargetan.
3. Die Kläger behaupten eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, weil der Beklagte das vorhandene Überlaufrohr, das ursprünglich an das Abwasserrohr des klägerischen Anwesens angeschlossen gewesen sei, gekappt und stattdessen das Überlaufrohr in eine vom Beklagten selbst ausgehobene Grube abgeleitet habe, über die er aus Gründen des Sichtschutzes ein Häuschen aus Blech gestellt habe. Dem Beklagten sei damit bekannt gewesen, dass der bis dahin bestehende, gesicherte und kontrollierte Wasserabfluss bei Überfüllung seiner lediglich etwa 1.200 l fassenden Zisterne nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Die Beklagten haben bestritten, an dem Überlauf der Zisterne seit dem Erwerb des Anwesens im Jahr 2001 etwas verändert zu haben (GA 78 ff.). Erst im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens sei das Ende des Überlaufrohres aufgegraben worden.
Der Senat hat hierzu in seinem Hinweisbeschluss dargelegt, dass die Kläger ihre Behauptung nicht unter Beweis gestellt haben und beweisfällig geblieben sind.
Die Kläger führen hierzu nunmehr aus, dass das beim Aufgraben vorgefundene Bild dafür spreche, dass der vorgefunden Abfluss in die Grube nicht dem ursprünglichen Zustand beim Kauf des Hauses entsprochen haben könne, ohne allerdings nachvollziehbar die Gründe darzulegen, woraus sich ergeben könnte, dass die Beklagten etwas an dem Überlaufrohr geändert haben sollen. Aus den vom Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) …[A] im Rahmen seiner Begutachtung gefertigten Lichtbildern ergeben sich hierfür keine greifbaren Anhaltspunkte.
Die Kläger verweisen auf einen Beschluss der Grundstückseigentümer, wonach die Entwässerung des von den Dächern abfließenden Regenwassers über den angrenzenden Feldweg zu erfolgen habe. Die Voreigentümer des Hauses, die Eheleute …[C], hätten in Erfüllung der für alle Wohnungseigentümer bestehenden Verpflichtung das Überlaufrohr der Zisterne an das vorhandene Abwasserrohr der Kläger angeschlossen, um so sicherzustellen, dass die zu klein dimensionierte Zisterne nicht unkontrolliert überlaufen könne. Die Kläger haben für die Absprache der damaligen Wohnungseigentümer Beweis durch Vernehmung des Verwalters der Gemeinschaft …[B] angeboten (GA 100).
Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss bereits ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der bestrittene Vortrag nach Maßgabe des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO überhaupt zu berücksichtigen sei, weil sich der Vortrag als nicht hinreichend substantiiert erweise. Auf die Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Die Kläger sind der Auffassung, wenn an diesem Zustand Änderungen vorgenommen worden seien, spreche dies dafür, dass diese von dem Beklagten zu 1) erfolgt seien, zumal über die ausgehobene Grube ein kleines Blechhäuschen platziert worden sei, das es zu Zeiten der zwischenzeitlich verstorbenen Vorbesitzer nicht gegeben habe. Die Kläger hätten bemerkt, wenn dies durch die Vorbesitzer erfolgt wäre. Es könne nunmehr Beweis durch Zeugnis des Sohnes der Vorbesitzer, …[C], dafür angetreten werden, dass der Beklagte zu 1) nachträglich Veränderungen an der Zisterne vorgenommen habe.
Die Beklagten haben in ihrer Erwiderung nochmals bestritten, an dem Überlauf der Zisterne Veränderungen vorgenommen zu haben (GA 108). Der Überlauf ende kurz vor dem kleinen Gartenmäuerchen, das einen dahinter liegenden Weg trenne. Wenn es, wie die Kläger behaupteten, einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft gegeben habe, dass die Zisternen über den Weg zu entwässern seien, was nach Lage des Ende des Überlaufs nahe der dortigen Mauer durchaus sein könne, liege die Vermutung nahe, dass es die Vorbesitzer gewesen seien, die den Überlauf dahin verlegt hätten.
Die von den Klägern vorgebrachten Argumente verfangen nicht. Sie haben keine tauglichen Beweismittel angeboten, die belegen könnten, dass der Beklagte zu 1) Veränderungen an dem Überlauf der Zisterne vorgenommen hat. Die Kläger beschränken sich auf reine Mutmaßungen. Soweit sie die Vernehmung des …[C] (GA 100) anbieten, ist diesem Beweiserbieten nicht nachzugehen. Denn die Kläger tragen weder vor, noch führen sie konkret unter Angabe der näheren Umstände aus, wann der Beklagte zu 1) die Änderungen an dem Überlauf der Zisterne vorgenommen haben soll und woraus sich die konkrete Kenntnis der benannten Zeugen ergeben soll. Der Zeuge …[C] hat das Anwesen der Kläger offenbar selbst nicht bewohnt.
Es ist auch weiterhin nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 1) eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch Unterlassen begangen hätte. In Betracht käme, dass er die Zisterne möglicherweise nicht richtig gewartet und/oder nicht bemerkt hat, dass das Überlaufrohr bzw. der Notüberlauf in Folge des Bewuchses mit Wurzelwerk verstopft gewesen ist und sich ein Rückstau gebildet hat (Gutachten vom 13. Juni 2012, S. 8). Die Kläger haben hierzu weder vorgetragen, welche Anforderungen an die Wartung und den Betrieb einer Zisterne generell zu stellen sind, noch dargelegt, wann und aufgrund welcher Umstände der Beklagte die Verstopfung des Überlaufrohres erstmals hätte bemerken und darauf reagieren können. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass sich die Beklagten zum Zeitpunkt des Schadensereignisses im Urlaub befanden. Es ist durchaus denkbar, dass sich die mangelnde Funktionsfähigkeit der Zisterne des Beklagten erst nach einem starken Regenfall zeigte. Jedenfalls vermag sich der Senat nicht die Überzeugung bilden, dass der Beklagte zu 1) schuldhaft gehandelt hätte.
Die Kläger mutmaßen, dass es angesichts des geringen Fassungsvermögens der Zisterne von 1.200 l und einem jährlichen Wasserzufluss von 37.000 l über einen längeren Zeitraum Wasseraustritte gegeben haben müsse und hierdurch die Schäden an ihrem Wohnhaus entstanden seien (GA 101).
Aufgrund der von Sachkunde getragen Ausführungen des Sachverständigen lässt sich im Hinblick auf die im Hinweisbeschluss des Senats dargelegten Beweismaßstäbe nach § 286 ZPO nicht mit der erforderlichen Gewissheit der Nachweis erbringen, dass die am Hausgrundstück der Kläger eingetreten Feuchtigkeitsschäden durch die Zisterne auf dem Grundstück der Beklagten verursacht worden sind.
Der Sachverständige hat bereits in seinem Ausgangsgutachten vom 16. Juni 2012 ausgeführt, dass die Schäden zwar ohne Zweifel durch Wasser entstanden seien, das ehemals in beträchtlichen Mengen in kurzer Zeit aus dem Baugrund eingedrungen sei, wobei der Sachverständige übliches baugrundbedingtes Wasser als Schadensursache ausschließen konnte (ebd., S. 31, 33 ). Es könne aber nicht abschließend und verbindlich gesagt werden, worin die Ursachen für den Wassereinbruch zu suchen seien (ebd., S. 39). Es bestehe zwar die hypothetische Möglichkeit, dass Zisternenwasser den im Kellergeschoss gelegenen Raum der Kläger vernässt haben könnte, wobei allerdings ein Wasserverlust der Zisterne auszuschließen sei. Ein Überlaufen der Zisterne könnte durch den verstopften Notüberlauf erfolgt sein oder aber eine unfreiwillige Bewässerung durch den Schlauch des Druckrohres. Definitiv könne jedoch kein abschließender technischer Beweis geführt werden (Ergänzungsgutachten vom 21. Januar 2013, S. 2, Bl. 109 BA). Aufgrund des vom Sachverständigen mit eingefärbtem Wasser in der Zisterne vorgenommenen Tests konnte kein Nachweis für eine Schadensursächlichkeit erbracht werden, da Farbanhaftungen an der Kellerwand des Anwesens der Kläger nicht feststellbar waren. Ebenfalls führte die von dem Sachverständigen untersuchte Möglichkeit des Überlaufens der Zisterne, bedingt durch eine Funktionsunfähigkeit des Überlaufs, nicht zu einem Nachweis der Verursachung des Schadens durch die Zisterne.
Soweit die Kläger rügen, der Sachverständige habe nicht sämtliche Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, können sie hiermit bereits deshalb nicht mehr gehört werden, weil alle Stellungnahmefristen zu den Gutachten abgelaufen und das Beweissicherungsverfahren abgeschlossen ist.
Soweit die Kläger argumentieren, andere Ursachen für den Schadenseintritt seien nicht ersichtlich, weil es sich um ein einmaliges Schadensereignis gehandelt habe, hat der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss dargelegt, dass der Umstand nicht verkannt werde, dass nach dem Vorfall vom Juli/August 2011 keine weiteren Feuchtigkeitsschäden an der betroffenen Hauswand eingetreten seien. Dies könnte dafür sprechen, dass ein einmaliges Schadensereignis vorliege, das durch eine Verstopfung des Überlaufsystems an der Zisterne hervorgerufen worden sein könnte.
Die Beklagten haben jedoch mögliche andere Schadensursachen angeführt. Nach den ergänzenden Ausführungen der Kläger zu der Lage ihres Grundstücks 12 m oberhalb des Rheins und 8 m oberhalb der Trassenführung der Deutschen Bahn AG hält der Senat zwar nicht mehr daran fest, dass der Grundwasserspiegel im rheinnahen … bzw. … sehr hoch sei, dadurch der Sandboden sehr durchnässt gewesen sein könne und deshalb Nässe durch die Wände habe dringen können. Es verbleibt jedoch die von den Klägern aufgezeigte Möglichkeit einer Durchnässung des Sandbodens, etwa bei Starkregen, mit damit einhergehenden Feuchteeinwirkungen auf die gegen Wasserbeanspruchung ungeschützte erdberührte Kelleraußenwand der Kläger.
Schließlich hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 13. Juni 2012 (S. 39) an der Wand des Wohnzimmers zum benachbarten Bad gelbliche Verfleckungen festgestellt und ausgeführt, dass sich hinter der Wand eine Dusche befinde und deshalb erwogen werden müsse, ob eine lokale Undichtigkeit der Dusche vorliege. Auch wenn der Sachverständige dieser möglichen Schadensursache nicht nachgegangen ist, weil sie nicht von seinem Auftrag umfasst war, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass eine etwaige Undichtigkeit der Dusche zu dem Feuchteschaden an der Haustrennwand des klägerischen Anwesens geführt hat. Der Einwand der Kläger, eine defekte Dusche sei als Schadensursache außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, überzeugt nicht. Der Hinweis, dass an der durchnässten Außenwand keine wasserführende Leistungen verlaufen und der Wassereintritt von außen erfolgt sein müsse, was das zusätzlich im Hebeschacht vorgefundene herausgepumpte Wasser in einer Menge von immerhin 300 Litern belege, schließt eine lokale Undichtigkeit an der Dusche, wie vom Sachverständigen aufgrund seiner Berufserfahrung erwogen nicht aus (S. 39 des Ausgangsgutachtens vom 13. Juni 2012).
Der Senat bleibt aus den Gründen des Hinweisbeschlusse auch bei seiner Auffassung, dass den Klägern keine Beweiserleichterungen im Hinblick auf eine Leerung und Reinigung der Zisterne zuzubilligen sind.
Der Umstand, dass eine technische Beweisführung mit massiver Bewässerung der Zisterne zwar geführt werden könne, aber mit unvertretbaren Risiken für die Grundstücke beider Parteien verbunden wäre, führt nicht zu Beweiserleichterungen der Kläger. Denn sie müssen, wie im Hinweisbeschluss ausgeführt, den Vollbeweis nach den Maßstäben des § 286 ZPO führen.
4. Den Klägern steht auch kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zu. Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss unter Darlegung der obergerichtlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass es unentschieden bleiben kann, ob Grobimmissionen, wie der Wasseraustritt infolge eines Rohrbruchs unter den Begriff der ähnlichen Einwirkungen im Sinne des § 906 BGB fällt, da es Voraussetzung für eine Haftung aus einem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch ist, dass der in Anspruch Genommene Störer ist (OLG Hamm, Urteil vom 18. April 2013, I- 24 U 113/12, 24 U 113/12 – NJW-RR 2014, 328 ff., Juris Rn. 32). Den Klägern ist aber nicht der Nachweis gelungen, dass die Feuchteeinwirkungen an ihrem Wohnhaus ursächlich auf die Zisterne auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) zurückzuführen sind. Entgegen der Auffassung der Kläger kann der angeführten Entscheidung des OLG Hamm auch nicht entnommen werden, dass es des Nachweises der Ursächlichkeit der schadhaften Zisterne für den Eintritt des Schadens nicht bedürfe.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711, 713 ZP0.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.801,68 € festgesetzt (Zahlungsantrag 5.801,68 €, Feststellungsantrag 2.000,00 €).