AG Kiel – Az.: 116 C 52/18 – Urteil vom 24.01.2019
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagten Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert wird auf 905,88 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.
Dieser ereignete sich am 20.08.2017 gegen 20:05 Uhr im Bereich S.-platz/S.-blatt in K. Der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger ist Halter und Eigentümer des am Unfall beteiligten Mercedes Benz mit dem amtlichen Kennzeichen …. Weiter beteiligt war der Beklagte zu 1.) mit dem bei der Beklagten zu 2.) haftpflichtversichertem Transporter mit dem amtlichen Kennzeichen ….
Der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges befuhr die linke Spur. Rechts neben ihm fuhr der Beklagte zu 1.). Einer der beiden versuchte einen Spurwechsel. Wer, ist zwischen den Parteien streitig. Es kam zur Kollision.
Das klägerische Fahrzeug wurde vorne rechts beschädigt.
Der Kläger macht folgende Kostenpositionen geltend:
1. Reparaturkosten netto: 1.401,76 Euro
2. Sachverständigenkosten netto: 385 Euro
3. Unkostenpauschale 25 Euro
insgesamt: 1.811,76 Euro
Darauf zahlte die Beklagte zu 2.) 905,88 Euro. Der Kläger macht noch 905,88 Euro geltend.
Der Kläger macht zudem vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend in Höhe von 215 Euro. Dies entspricht einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe einen Spurwechsel vorgenommen und dadurch den Unfall herbeigeführt. Der Kläger behauptet auch, das Beklagtenfahrzeug sei im Bereich der Mitte der Fahrerseite getroffen worden.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 905,88 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten die Geschäftsgebühr von 108,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, das klägerische Fahrzeug sei wegen eines beabsichtigten Spurwechsels auf ihre Spur gekommen. Die Beklagten behaupten, das Fahrzeug sei hinten links getroffen worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M., F. und S. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 26.11.2018, Bl. 64 ff. d.A.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerseite steht kein weiterer Anspruch gegen die Beklagten zu. Insbesondere folgt ein solcher nicht aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 17 StVG, hinsichtlich der Beklagten zu 2.) i.V.m. § 115 VVG.
Der Kläger kann nicht die restlichen 50 % der Schadenspositionen von den Beklagten ersetzt verlangen.
Zwar ist bei Betrieb eines Fahrzeuges das Eigentum des Klägers beschädigt worden.
Ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG lag nicht vor, ein Idealfahrer hätte den Unfall vermeiden können.
Allerdings ergibt die Haftungsverteilung nach § 17 Abs. 1 StVG die alleinige Haftung des Klägers.
Es steht nämlich zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Spurwechsel vom klägerischen Fahrzeug vorgenommen worden ist und nicht vom Beklagtenfahrzeug.
Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Die Überzeugung von der Wahrheit erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit, weil eine solche nicht zu erreichen ist. Es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.
Die Überzeugung des Gerichts speist sich insbesondere aus den Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung während der persönlichen Anhörung des Beklagten zu 1.) sowie aus der Beweisaufnahme, soweit die Zeugin S. vernommen wurde, und aus einer Plausibilitätskontrolle.
In seiner persönlichen Anhörung hat der Beklagte zu 1.) ausgeführt, dass das klägerische Fahrzeug kurz vor dem Unfall immer die Spur hin- und hergewechselt habe. Das klägerische Fahrzeug sei von links nach rechts rübergezogen. So sei es zum Unfall gekommen. Der Beklagte zu 1.) als Fahrer des Beklagtenfahrzeuges habe beabsichtigt, am Ende der Straße rechts abzubiegen. Er habe keinen Spurwechsel nach links vornehmen wollen.
In ihrer Vernehmung hat die Zeugin S. ausgeführt, dass sie als Beifahrerin des Beklagtenfahrzeuges das klägerische Fahrzeug als neben dem Beklagtenfahrzeug fahrend wahrgenommen habe. Sie habe es dann krachen gehört. Das habe sie sich damit erklärt, dass das klägerische Fahrzeug nach rechts rübergezogen sei. Der Beklagte zu 1.) habe Spurwechsel vermieden, da die gesundheitlich beeinträchtigte Mutter der Zeugin im Auto gesessen habe. Man sei eher langsam gefahren, damit Unebenheiten nicht so stark wahrgenommen werden würden. Nach dem Unfall, der sich kurz vor der A.-Straße ereignet habe, sei man in diese Straße eingebogen.
Die Aussagen des Beklagten zu 1.) und der Zeugin S. erachtet das Gericht für glaubhaft. Dabei verkennt das Gericht nicht das erhebliche Eigeninteresse des Beklagten zu 1.) und seiner Lebensgefährtin am Ausgang des Prozesses.
Dem Ergebnis steht auch nicht die übrige Beweisaufnahme entgegen.
In seiner Vernehmung hat der Zeuge M. ausgeführt, dass er einen Spurwechsel nach rechts vornehmen wollte, weil er in die A.-Straße abbiegen wollte, damit aber warten wollte, bis die anderen Fahrzeuge weg gewesen wären. Das Beklagtenfahrzeug sei nach links auf seine Spur rübergezogen. So sei es zum Unfall gekommen. Das klägerische Fahrzeug habe das Beklagtenfahrzeug in der Mitte links getroffen.
Die Ausführungen des Zeugen M. hält das Gericht nicht für glaubhaft. Im Hinblick darauf, dass Unfall sich kurz vor der A.-Straße abgespielt hat und der Zeuge M. in diese Straße einbiegen wollte, geht das Gericht davon aus, dass er einen Spurwechsel vornehmen wollte. Dabei ist seine Aussage, er wollte mit dem Spurwechsel warten, bis die anderen Fahrzeuge vorbeigefahren waren, nicht nachvollziehbar, da er nicht etwa bekundet hat, er habe sein Fahrzeug zum Stehen gebracht oder stark verlangsamt. Wie er mit dem Spurwechsel warten will, bis Fahrzeuge vorbeigefahren sind, ohne an der A.-Straße vorbeizufahren, erschließt sich nicht.
In seiner Vernehmung hat der Zeuge F. bekundet, er sei etwa 300 Meter vom Unfallort entfernt gewesen, als er folgendes gesehen habe: Die Unfallfahrzeuge hätten sich immer weiter aneinander angenähert. Das klägerische Fahrzeug habe dabei rechts geblinkt. Der Unfall sei auf der linken der beiden Spuren geschehen. Der Zeuge habe gute Sicht auf die Unfallfahrzeuge gehabt.
Die Aussage ist nicht glaubhaft. Die Wahrnehmungsmöglichkeiten des Zeugen F. waren, wenn er sich 300 m entfernt befand, getrübt. Es mag so sein, dass er die Annäherung der Fahrzeuge wahrgenommen hat. Nicht nachvollziehbar ist aber, dass er gesehen haben will, auf welcher Spur sich das Geschehen abspielte.
Anhaltspunkte, die eine Mithaftung der Beklagtenseite auslösen, sind nicht erkennbar.
Die Nebenforderungen sind unbegründet, da es an einer Hauptforderung mangelt. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, kann der Kläger auch nicht hinsichtlich der regulierten 50 % von den Beklagten Rechtsanwaltskosten ersetzt verlangen.
Die Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 3 ZPO.