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Verkehrsunfall: Ursächlichkeit von Unfallereignis und eingetretenem Schaden

AG Karlsruhe, Az.: 1 C 382/13

Urteil vom 15.08.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Verkehrsunfall: Ursächlichkeit von Unfallereignis und eingetretenem Schaden
Symbolfoto: Kalulu/Bigstock

Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 14.12.2012 im Bereich des Karlsruher Hauptbahnhofes ereignete. Die Zeugin hatte einen bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fiat vor dem Bahnhof auf dem Parkplatzgelände abgestellt, um eine Person aussteigen zu lassen. Beim Weiterfahren musste die Zeugin rangieren und stieß dabei beim Rückwärtsfahren gegen einen von dem Kläger als Taxi genutzten Mercedes-Benz, der hinter dem Fiat angehalten worden war, um Fahrgäste aussteigen zu lassen. Das Taxi, dessen Kaufpreis der Kläger durch ein Darlehen finanziert hat, steht im Eigentum der Bank, die den Kläger ermächtigt hat, Ansprüche aus dem Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen.

Das Taxi wies bereits vor dem Vorfall einen Schaden im Frontbereich auf, dessen Umfang streitig ist. Der von dem Kläger mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragte Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten vom 14.12.2012 Reparaturkosten in Höhe von netto EUR 2002,85, wobei er nicht vom Vorhandensein von Vorschäden ausging.

Der Kläger behauptet, dass bei der Kollision ein über den Vorschaden hinausgehender Schaden an seinem Taxi entstanden sei. Die Kosten für die Beseitigung des Vorschadens im Bereich des Stoßfängers in Form einer kleinen Delle beliefen sich gemäß Kostenvoranschlag der Autohaus auf EUR 903,06 einschließlich Umsatzsteuer; der Vorschaden habe einige Tage zuvor dort besichtigt werden können.

Der Kläger hält die Beklagten in vollem Umfang für schadensersatzpflichtig und beziffert auf der Grundlage des Gutachtens und unter Berücksichtigung des Kostenvoranschlags der Autohaus den entstandenen Fahrzeugschaden auf EUR 1.099,79. Des Weiteren begehrt er eine Wertminderung, die er auf EUR 650,00 beziffert, eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von EUR 237,00 und eine Auslagenpauschale von EUR 25,00 und verlangt zudem Ersatz der Kosten für das von Sachverständigen F… erstellte Gutachten in Höhe von EUR 482,50.

Der Kläger beantragt:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2404 und 90,29 nebst Zinsen hieraus 1.H.v.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2013 zu zahlen.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 281,30 an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus i.H.v.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Kläger sich jedenfalls eine 50-prozentige Mithaftung entgegenhalten lassen müsse. Im Übrigen macht sie geltend, dass an dem klägerischen Fahrzeug unter Berücksichtigung des Vorschadens durch die Kollision kein weiterer Schaden entstanden sei. Das klägerische Fahrzeug habe ausweislich des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens des Sachverständigenbüros vom 17.12.2012 (AS 105-155) gerade im Bereich des vorderen linken Stoßfängers einen erheblichen, nicht reparierten Vorschaden aufgewiesen, der vordere Stoßfänger sei unter der linken Seite eingebeult und gebrochen gewesen, das im unteren Stoßfängerausschnitt angebrachte Tagfahrlicht einschließlich der Grillblende sei angebrochen gewesen und die vordere linke Radhausschale in sei im unteren Übergang zur Stoßfängerverkleidung angebrochen gewesen. Eine abgrenzbare Schadensausweitung sei durch den geringfügigen Kontakt der beiden Fahrzeuge nicht eingetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorgelegten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 12.03.2014 (AS 211-216) und vom 07.05.2014 (AS 261-264) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger, auch wenn er unstreitig nicht Eigentümer des Taxis ist und damit einen fremden Anspruch in eigenem Namen geltend macht, prozessführungsbefugt. Die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft sind gegeben, weil der Kläger unstreitig von der Eigentümerin des Fahrzeugs zur Prozessführung ermächtigt wurde und er aufgrund des mit der Eigentümerin des Fahrzeugs im Rahmen des Darlehensvertrags getroffenen Vereinbarungen auch ein eigenes Interesse an der Geltendmachung des Anspruchs hat.

II.

In der Sache bleibt die Klage hingegen ohne Erfolg.

Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz (§§ 7 StVG, 115 VVG) wegen des streitgegenständlichen Vorfalls nicht verlangen.

Der insoweit nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat die Verursachung eines Schadens durch das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug nicht ausreichend dargelegt und bewiesen. Im Falle eines Vorschadens – wie er hier jedenfalls dem Grunde nach unstreitig ist – ist nur der technisch und rechnerisch abgrenzbare Zweckschaden erstattungsfähig. Hierbei ist es nicht Sache des Gerichts, diesen technisch und rechnerisch abgrenzbaren Teil des Zweitschadens von Amts wegen zu ermitteln. Vielmehr muss der Anspruchsteller entsprechenden Vortrag halten; auch die Zuerkennung eines Mindestschadens kommt nur dann in Betracht, wenn der Anspruchsteller die Tatschengrundlage präsentiert, die die Schätzung des Schadens erlaubt (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.05.2014, 4 U 393/11-124, BeckRS 2014, 11140)

Diesen Anforderungen genügt das klägerische Vorbringen unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht, denn das Gericht geht aufgrund der Angaben des Zeugen davon aus, dass das Taxi des Klägers vor der Kollision am 14.12.2012 mit dem bei der Beklagten versicherten Pkw in größerem Umfang beschädigt war, als es der Kläger eingeräumt hat. Der Zeuge, der das Taxi im Auftrag der Beklagten begutachtet hat, hat im Rahmen seiner Vernehmung glaubhaft angegeben, dass der Zeuge der zum Kollisionszeitpunkt Fahrer des Taxis war, ihm anlässlich der Besichtigung des Fahrzeugs die bereits vor der Kollision mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug vorhandenen Schäden im Einzelnen gezeigt und erläutert hat. Wie der Zeuge weiter ausgeführt hat, handelt es sich dabei um die in seinem schriftlichen Gutachten auf Seite 4 (AS 111) im einzelnen aufgeführten Schäden, die er auf den von ihm gefertigten und seinem Gutachten als Anlage beigefügten Lichtbildern durch rote Pfeile auf den Bildern Nr. 10, Nr. 11 und Nr. 12 (AS 137/139) gekennzeichnet hat. Diese Schäden gehen deutlich übereine „kleine Delle“ wie vom Kläger angegeben hinaus. Das Gericht hat keine Veranlassung, den Wahrheitsgehalt der Angaben des Zeugen in Zweifel zu ziehen, zumal der Zeuge im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt hat, dass er einem Sachverständigen genau geschildert habe, „was vorher gewesen ist und was nachher war“. Der Zeuge hat im Übrigen den klägerischen Vortrag, wonach lediglich eine kleine Delle vorhanden gewesen sei, nicht bestätigt, er war anlässlich seiner Vernehmung vielmehr nicht in der Lage, genaue Angaben zum Umfang des bereits vorher vorhandenen Schadens zu machen. Die Angaben des Zeugen Sarin hält das Gericht zum Nachweis des klägerseits behaupteten lediglich geringen Schadens nicht für geeignet. Zum einen stehen sie in Widerspruch zu den von dem Zeugen Nickel glaubhaft wiedergegebenen Angaben des Zeugen J zum Umfang des Vorschadens ihm gegenüber. Zum anderen stehen die Angaben des Zeugen Sarin auch teilweise in Widerspruch zu dem eigenen Vorbringen des Klägers und den Angaben des Zeugen J. Soweit nämlich der Zeuge Sarin angegeben hat, dass das Taxi genau am Tag der Kollision mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug wegen des Vorschadens in seiner Werkstatt gewesen sei, steht dies im Widerspruch zu dem Vortrag des Klägers, wonach der Vorschaden bereits einige Tage vor dem 14.12.2012 im Autohaus besichtigt worden sei. Außerdem ist auch den Angaben des Zeugen der am 14.12.2012 mit dem Fahrzeug unterwegs war, nicht zu entnehmen, dass er sich an diesem Tag zweimal mit dem Fahrzeug zum Autohaus begeben hat. Er hat diesbezüglich vielmehr nur angegeben, dass er den Vorschaden an diesem Tag festgestellt und seinem Chef gemeldet habe. Vor diesem Hintergrund verbleiben nicht ausgeräumte Bedenken bezüglich der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen

In Anbetracht dieses Beweisergebnisses ist der genaue Umfang des vorhandenen Vorschadens letztlich nicht geklärt, es steht lediglich fest, dass er über die von dem Kläger behauptete kleine Delle hinausgeht. Wie ausgeführt, ist es jedoch nicht Sache des Gerichts, unabhängig vom Vortag des Klägers zu ermitteln, ob und ggfs. in welchem Umfang ein ersatzfähiger weiterer Schaden eingetreten ist. Der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unrichtige Vortrag des Klägers bietet für eine weitere Beweisaufnahme keine tragfähige Grundlage.

Da die Verursachung eines ersatzfähigen Fahrzeugschadens nicht feststeht, kann der Kläger auch Ersatz der geltend gemachten weiteren Schadenspositionen nicht verlangen, wobei ausgehend von dem erheblichen Vorschaden eine merkantile Wertminderung ohnehin bereits dem Grunde nach nicht in Betracht kommt und ein Ersatzanspruch hinsichtlich der Sachverständigenkosten für das – aufgrund des dem Sachverständigen nicht mitgeteilten Vorschadens – unbrauchbare Gutachten schon deshalb ausscheidet, weil der Kläger die Unbrauchbarkeit des Gutachtens durch Verschweigen des Vorschadens selbst herbeigeführt hat. Im Übrigen ist auch ein Nutzungsausfall nicht hinreichend dargetan, da ein reparaturbedingter Ausfall nicht dargetan ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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