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Verkehrsunfall –  Voraussetzungen einer Schmerzensgeldrente.

Rechtliche Auseinandersetzung um Schadensersatz nach Verkehrsunfall

Die vorliegende rechtliche Auseinandersetzung bezieht sich auf einen Verkehrsunfall, bei dem die Klägerin, eine damals 49-jährige Frau, durch einen rückwärtsfahrenden Pkw, welcher bei der beklagten Kraftfahrzeugversicherung haftpflichtversichert war, angefahren und verletzt wurde. Der Unfall ereignete sich am 11.07.2006. Durch den Aufprall wurde die Klägerin zu Boden geschleudert und zog sich erhebliche Verletzungen zu, darunter ein Kniegelenkstrauma mit vorderer Kreuzbandruptur, Innen- und Außenmeniskusriss sowie multiple Körperprellungen. Infolge dieser Verletzungen musste sie sich mehreren stationären Behandlungen unterziehen und erhielt verschiedene Leistungen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 O 6/18  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Die Klägerin, geboren am 08.08.1957, erhebt Schadensersatzansprüche gegen eine Kraftfahrzeugversicherung aufgrund eines Verkehrsunfalls.
  • Bei dem Unfall wurde die Klägerin von einem rückwärtsfahrenden, bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw angefahren und erlitt dabei Verletzungen, darunter ein Kniegelenkstrauma und diverse Körperprellungen.
  • Nach dem Unfall musste sich die Klägerin mehrfach in stationäre Behandlung begeben, darunter in verschiedene Krankenhäuser und Kliniken.
  • Vor dem Unfall war die Klägerin arbeitslos und bezog Leistungen. Nach dem Unfall erhielt sie verschiedene Sozialleistungen und Renten.
  • Die Beklagte argumentiert, dass einige der gesundheitlichen Probleme der Klägerin nicht direkt auf den Unfall zurückzuführen sind, sondern auf bereits bestehende oder altersbedingte Zustände.
  • Sachverständige wurden hinzugezogen, um die Verletzungen und deren Ursachen zu bewerten. Ihre Ergebnisse unterstützten teilweise die Ansichten der Beklagten.
  • Das Gericht kam zu dem Schluss, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € angemessen sei und wies andere Forderungen der Klägerin zurück.

Verletzungen und medizinische Behandlung

Schmerzensgeldrente nach Verkehrsunfall
(Symbolfoto: Ground Picture /Shutterstock.com)

Nach dem Unfall wurde die Klägerin in verschiedenen medizinischen Einrichtungen behandelt. Sie wurde zunächst vom 11.07. bis 19.07.2006 im Krankenhaus Radevormwald aufgenommen. Weitere Aufenthalte folgten im Johanniterkrankenhaus Radevormwald, in der Stiftung Tannenhof, Klinik Remscheid, im Psychiatrischen Krankenhaus Marienheide und im Krankenhaus für Sportverletzungen Hellersen in Lüdenscheid.

Finanzielle Auswirkungen und Leistungen

Zum Zeitpunkt des Unfalls war die Klägerin arbeitslos und bezog Leistungen nach dem ALG II bis Juli 2008. Ab August 2008 erhielt sie verschiedene Leistungen nach dem SGB II, deren Höhe monatlich variierte. Zusätzlich bezog sie ab dem 01.09. bis 31.12.2009 Wohngeld in Höhe von 258,- €. Ab dem 01.08.2009 wurde ihr eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt, die durchschnittlich 240,15 € netto betrug. Darüber hinaus erhielt sie ab dem 01.06.2010 die große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten, die im Durchschnitt monatlich 49,20 € netto betrug.

Urteilsverkündung und finanzielle Entscheidung

Das Landgericht Wiesbaden entschied am 17.01.2019, dass die beklagte Kraftfahrzeugversicherung an die Klägerin einen Betrag von 2.573,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2006 zu zahlen hat. Jeder weitere Anspruch der Klägerin wurde abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin auferlegt. Das Urteil wurde unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages als vorläufig vollstreckbar erklärt.

Bedeutung und Tragweite des Urteils

Das Urteil zeigt die rechtlichen Konsequenzen eines Verkehrsunfalls und die damit verbundenen Schadensersatzansprüche. Es verdeutlicht die finanziellen Auswirkungen, die ein solcher Unfall auf das Leben eines Individuums haben kann, insbesondere wenn es zu erheblichen Verletzungen kommt. Die Entscheidung des Gerichts berücksichtigt sowohl die physischen als auch die finanziellen Schäden, die der Klägerin entstanden sind, und setzt diese in Relation zu den Ansprüchen, die sie gegenüber der beklagten Kraftfahrzeugversicherung geltend gemacht hat.

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Schmerzensgeldrente – kurz erklärt


Die Schmerzensgeldrente ist eine Form der Entschädigung für Personen, die aufgrund eines Unfalls oder einer anderen schädigenden Handlung dauerhafte Schmerzen oder Beeinträchtigungen erleiden. Im Gegensatz zu einem einmaligen Schmerzensgeldbetrag wird die Schmerzensgeldrente regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg gezahlt. Sie kann insbesondere dann zuerkannt werden, wenn schwere lebenslange Beeinträchtigungen vorliegen. Typische Fälle, in denen eine Schmerzensgeldrente in Betracht kommt, sind schwere Hirnschäden, Querschnittslähmungen, der Verlust eines der fünf Sinne oder schwere Kopfverletzungen. Es ist wichtig zu beachten, dass Schmerzensgeld nicht als Einkommen gemäß § 96a Sozialgesetzbuch VI gilt und daher nicht zu einer Kürzung der Rente wegen Erwerbsminderung führt.


Das vorliegende Urteil

LG Wiesbaden – Az.: 5 O 6/18 – Urteil vom 17.01.2019

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.573,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die am 08.08.1957 geborene und heute 61 Jahre alte Klägerin macht gegenüber der beklagten Kraftfahrzeugversicherung Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw geltend.

Die damals 49 Jahre alte Klägerin wurde am 11.07.2006 durch einen bei der Beklagten haftpflichtversicherten, rückwärtsfahrenden Pkw angefahren, durch den Aufprall zu Boden geschleudert und verletzt. Insoweit wird auf Bl. 4 ff. der Akte verwiesen.

Die Klägerin erlitt ein Kniegelenkstrauma mit vorderer Kreuzbandruptur, Innen-und Außenmeniskusriss und multiple Körperprellungen. Insoweit wird auf Bl. 6 der Akte und Anl. K1 verwiesen.

Nach dem Unfall begab sie sich wie folgt in stationäre Behandlung:

– vom 11.07. bis 19.07.2006 in das Krankenhaus Radevormwald,

– vom 29.08 bis 02.09.2006 in das Johanniterkrankenhaus Radevormwald,

– 6 Wochen in die Stiftung Tannenhof, Klinik Remscheid,

– vom 19.01 bis 14.02.2007 in das Psychiatrische Krankenhaus Marienheide,

– vom 10.06 bis 25.06. und im Oktober 2007 in das Krankenhaus für Sportverletzungen Hellersen in Lüdenscheid.

Im Übrigen wird auf Bl. 8 der Akte verwiesen.

Zum Zeitpunkt des Unfalls war die Klägerin arbeitslos und erhielt Leistungen nach dem ALG II. Diese Zahlungen erfolgten bis Juli 2008. Insoweit wird auf Bl. 14 d. A. verwiesen.

Sie erhielt ab August 2008 die folgenden Leistungen nach dem SGB II:

– vom 01.08.2008 bis 31.08.2008 in Höhe von 894,63,- €,

– vom 01.09.2008 bis 30.09.2008 in Höhe von 860,85,- €,

– vom 01.10.2008 bis 31.10.2008 in Höhe von 880,45,- €,

– vom 01.11.2008 bis 30.11.2008 in Höhe von 870,67,- €,

– vom 01.12.2008 bis 31.12.2008 in Höhe von 867,70,- €,

– vom 01.01.2009 bis 31.01.2009 in Höhe von 833,46,- €,

– vom 01.03.2009 bis 31.03.2009 in Höhe von 864,26,- €,

– vom 01.04.2009 bis 30.04.2009 in Höhe von 807,56,- €,

– vom 01.05.2009 bis 31.05.2009 in Höhe von 853,46,- €,

– vom 01.07.2009 bis 31.07.2009 in Höhe von 853,77,- € und

– vom 01.08.2009 bis 14.08.2009 in Höhe von 398,35,- €.

Insoweit wird auf Bl. 325, 335, 341 d. A, sowie den Anlagenband „Rentenbescheide“ verwiesen.

Für die Zeit vom 01.09. bis 31.12.2009 erhielt sie Wohngeld in Höhe von 258,- €, Bl. 320 d. A.

Seit dem 01.08.2009 erhält die Klägerin eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung und zwar im Schnitt in Höhe von 240,15 € netto. Insoweit wird den Anlagenband „Rentenbescheide“ verwiesen.

Seit dem 01.06.2010 erhält die Klägerin überdies die große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten in Höhe von im Schnitt monatlich 49,20 € netto.

Hinzu kommt eine Witwenrente seit dem 01.06.2010 der Berufsgenossenschaft XXX in Höhe von im Schnitt monatlich 90,- € netto. Insoweit wird den Anlagenband „Rentenbescheide“ verwiesen.

Sie war zum Zeitpunkt des Unfalls verheiratet und lebte mit ihrem Ehemann und der jüngsten Tochter in einer ca. 60 qm2 großen 3 – Zimmerwohnung.

Die Klägerin meldete sich nach dem Unfall nacheinander in zwei Fitnessstudios an. Insoweit wird auf Bl. 13, 315 ff. d. A. verwiesen.

Für verschiedene weitere Aufwendungen wie Anfahrtskosten und Rezeptgebühren entstanden ihr weitere Aufwendungen i.H.v. 456,22 €. Insoweit wird auf Bl. 14 d. A. und Anl. K4 verwiesen.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 01.08.2006 forderte die Klägerin die Beklagte bis zum 10.08.2006 zur Anerkennung der Haftung dem Grunde nach auf. Insoweit wird auf Bl. 104 f. d. A., Anl. K6 verwiesen.

Die Beklagte leistete unter anderem vorgerichtlich Zahlungen wie folgt:

– am 17.08.2006 einen Betrag in Höhe von 3.850,44 €, wobei es sich um Schmerzensgeld in Höhe von 3.500,- € und Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 350,44 € handelte,

– am 11.07.2006 einen Betrag in Höhe von 999,67 € zur beliebigen Verrechnung,

– am 07.11.2009 Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 562,75 € und

– am 16.02.2010 einen Betrag in Höhe von 5.000,- € zur beliebigen Verrechnung.

Insoweit wird auf Bl. 153 f., 163 ff., Anl. B1-4 verwiesen.

Die Klägerin behauptet, sie habe unfallbedingt folgende Erkrankungen und Verletzungen erlitten:

– eine globale Gonarthrose im linken Kniegelenk mit Schwellenneigung und überlastungsbedingter Gonalgie rechts,

– eine komplexe antero-mediale Instabilität des Gelenks mit Insuffizienz des medialen Kollateralbands und der Kreuzbandplastik,

– eine deutliche progrediente arthrotische posttraumatische Umformung des linken Kniegelenks mit Muskelminderung des linken Beins und deutlicher Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit links, Umfangsvermehrung der linksseitigen Kniegelenkskontur, ausgedehnten reizfreien Narben Z.n. und mehrfacher Kniegelenkschirurgie unter anderem wegen Transplantationsversagen,

– ein Streckdefizit des linken Kniegelenks mit einer Verkürzung des linken Beines um 1,5 cm, Belastungsinsuffizienz links mit Wegstreckenbegrenzung und Gangbildstörung, dadurch Nutzung eines Unterarmgehstocks,

– eine Verkalkung der Gesäßmuskulatur nach Trochanter- und Gesäßmuskelprellung links, Überlastungsbeschwerden der linken Hüft- und Gesäßmuskulatur und des rechten Kniegelenks mit periartikulärem Reizzustand,

– eine fehlbelastungsbedingte Metatarsalgie links, Hallux rigidus und Zehengrundgelenksarthrose links,

– ein HWS-Schleudertrauma mit einer S-förmigen Fehlstellung mit Osteospondylarthrosen,

– eine LWS-Distorsionsprellung mit nachfolgender Fehlstellung und Verschleiß,

– eine posttraumatische Neurose unter Verstärkung der bekannten Depressionen,

– eine posttraumatische Belastungsstörung mit längerer depressiver Reaktion,

– eine somatoforme Schmerzstörung,

– eine posttraumatische aufgetretene, unfallbedingte Knieverletzung mit Zustand nach 3-maliger Knie-OP links,

– ein posttraumatisch auftretendes LWS-Syndrom mit Wurzelreizung,

– Schmerzen im Kiefer mit knackendem Geräusch beim Mundöffnen und blitzartigen Schmerzen von der linken Kieferseite bis ins Gehirn,

– infolge des HWS-Schleudertrauma eine Instabilität des craniozervikalen Übergangs, eines Dehngelenkkapseltraumas und einer Hirnstammschädigung, welche zu kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen geführt habe.

Die Zukunftsprognose für die Klägerin sei negativ. Insbesondere sei kurz bis mittelfristig ein endoprothetischer Ersatz des linken Kniegelenks erforderlich.

Im Übrigen wird auf Bl. 23 ff., Anl. K1, Bl. 35 ff., Anl. K2, und Bl. 518, 537 ff., Bl. 669 d. A. verwiesen.

Der Krankenhausaufenthalt im XXX Krankenhaus in Radevormwald von 29.08. bis 02.09.2006 sei ausschließlich unfallbedingt gewesen.

Der Aufenthalt im Krankenhaus Marienheide von 19.01. bis 14.02.2007 habe der stationären Behandlung der unfallbedingt aufgetretenen psychischen Symptomatik gedient.

Vom 17.06 bis 25.06.2007 und im Oktober 2007 habe sich die Klägerin im Krankenhaus XXX Hellersen in Lüdenscheid wegen Knieoperationen aufgehalten.

Sie sei auch nach wie vor in durchgängiger ärztlicher Behandlung.

Sie leide zudem unter ganztägigen chronischen Schmerzen am ganzen Körper und unter den psychischen und emotionalen Folgen des Unfalls. Sie habe ständige Knieschmerzen und müsse sich deshalb häufiger hinlegen. Sie können max. 10 Minuten gehen, wobei sie Schmerzen habe. Treppensteigen sowie das Gehen auf Unebenheiten sei für sie besonders schwer. Sie fühle sich beim Gehen unsicher, traue sich nicht, alleine spazieren zu gehen und könne sich nicht mehr um ihre Enkelkinder kümmern.

Sie könne sich nicht mehr selbst versorgen bzw. ihren Haushalt selbst führen. Vor ihrem Unfall am 11.07.2006 habe sie folgende Tätigkeiten im Haushalt aufgeführt:

Montag

Wäsche waschen und aufhängen 1,5 Stunden

Staub wischen, aufräumen, saugen 1,1 Stunden

Bad und Flur putzen 0,45 Stunden

Dienstag

Wäsche bügeln und falten 1,5 Stunden

Staub wischen, aufräumen, saugen 1,1 Stunden

Bad und Flur putzen 0,45 Stunden

Mittwoch

Wäsche waschen und aufhängen 1,5 Stunden

Staub wischen, aufräumen, saugen 1,1 Stunden

Bad und Flur putzen 0,45 Stunden

Donnerstag

Wäsche bügeln und falten 1,5 Stunden

Staub wischen, aufräumen, saugen 1,1 Stunden

Bad und Flur putzen 0,45 Stunden

Freitag

Fenster putzen, Gardinen waschen und aufhängen 1,5 Stunden

Treppe und Türe putzen, 2 x im Monat 1,5 Stunden

Bad reinigen und Küche wischen 0,45 Stunden

Samstag

Staub wischen, aufräumen, saugen 1,1 Stunden

Balkon putzen, Blumengießen und säubern 0,3 Stunden

Bett beziehen, Bad und Flur putzen 0,5 Stunden

Küche wischen 0,2 Stunden

Darin seien tägliche Arbeiten wie Frühstück vorbereiten, Tisch abräumen, kochen, Geschirrspülmaschine einräumen, einkaufen, Müll raustragen und Abendessen vorbereiten noch nicht enthalten. Insoweit wird auf Bl. 288 f. d. A. verwiesen.

Nach dem Unfall hätten zunächst ihr Ehemann und ihre jüngste Tochter den Haushalt geführt. Nachdem Ehemann und Tochter ausgezogen seien, lebe sie in einer 39 qm2 großen Wohnung allein, wobei der Haushalt von ihrer anderen Tochter geführt werde.

Für die zwei Fitnessstudios habe sie jeweils 705,80 € bzw. 468,- € aufgewendet. Insoweit wird auf Bl. 13, 289, 315 ff. d. A. verwiesen.

Die Zahlung der Rechnungen von

– Dr. XXX vom 04.08.2009 i.H.v. 60,- €,

– Dr. XXX vom 07.07.2009 i.H.v. 31,- €,

– Carlo XXX vom 11.01.2008 i.H.v. 15,- € und

– der bergischen Apotheke vom 11.02.2008 i.H.v. 26,03 €

sein unfallbedingt erforderlich gewesen. Insoweit wird auf Bl. 14, 65 ff., Anl. K4 und 290 f. d. A. verwiesen.

Die Klägerin habe die Aufnahme einer Tätigkeit als Tagesmutter geplant. Infolge des Unfalls habe sie nicht an einem Kurs zur Qualifikation als Tagesmutter teilnehmen können. Für die Tätigkeit sei sie aufgrund ihrer als Hausfrau und 3-facher Mutter erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten geeignet und sowohl physisch als auch psychisch in der Lage gewesen. Insoweit wird auf Bl. 15, 317, 667 d. A. verwiesen.

Sie habe bei der Tätigkeit als Tagesmutter zur Betreuung eines Kunden bei ihm zu Hause mit durchschnittlich 40 Wochenstunden unter Berücksichtigung der Bereitschaft zu Wochenendarbeit, Übernachtungen, Arbeit an Feiertagen und im Urlaub mit einem monatlichen Nettoeinkommen als Selbstständige i.H.v. 2.000,- € rechnen dürfen. Insoweit wird auf Bl. 291 ff. d. A. verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 65.000,- € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 % über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2006, an die Klägerin 246.686,13 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 83.454,21 € seit dem 11.08.2006 sowie aus den jeweils ab dem 01.12.2010 fällig werdenden Rentenbeträgen (Schmerzensgeldrente 150,- €, Erwerbsschadensrente 1036,56 €, Rente wegen Vermehrung der Bedürfnisse 750,- €) zu zahlen, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 01.10.2017 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Verdienstschadensrente von mindestens monatlich 1036,56 €, fällig jeweils am Letzten des Monats, zu zahlen, welche jährlich um die tarifliche Lohnerhöhung von mindestens 3 % zu erhöhen ist, nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.10.2017 aus den jeweils fällig werdenden monatlichen Rentenbeträgen, der Klägerin eine lebenslange Schmerzensgeldrente ab dem 01.10.2017 i.H.v. 150,- € zu zahlen, nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.10.2017 aus den jeweils fällig werdenden monatlichen Rentenbeträgen, der Klägerin eine lebenslange Geldrente ab dem 01.10.2017 wegen Vermehrung der Bedürfnisse, wobei zurzeit ein Mindestbetrag i.H.v. 720,- € monatlich angeregt wird, jedoch die endgültige Festsetzung der Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen, nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem übrigen Basiszinssatz ab dem 01.10.2017 aus den jeweils fällig werdenden monatlichen Rentenbeträgen, der Klägerin alle weiteren Schäden zu ersetzen, die aus dem streitgegenständlichen Unfall vom 11.07.2006 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit diese nicht auf Dritte oder Sozialversicherungsträger übergegangen sind die Beklagte zu verurteilen, an die D.A.S. Rechtsschutzleistung GmbH, Thomas-Dehler-Straße 2 in 81737 München auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten 6.479,55 € nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagt behauptet, die Klägerin leide an einer unfallunabhängigen chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, sowie einer mittelgradigen depressiven Episode bei psychosozialen Belastungsfaktoren im Hintergrund einer histrionen Persönlichkeitsakzentuierung. Insoweit wird auf Bl. 169 ff., Anl. B6, Bl. 184 ff. d. A., B8 verwiesen.

Daher stünden die unfallunabhängigen psychischen Belastungsfaktoren gegenüber dem Unfallereignis im Vordergrund.

Hinsichtlich des physischen Zustands könne allein der Schaden am linken Kniegelenk dem Unfall zugeordnet werden. Im Übrigen wird auf Bl. 155 f. d. A. verwiesen.

Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Insoweit wird auf Bl. 1226 d. A. verwiesen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis gemäß dem Beweisbeschluss vom 04.08.2011, Bl. 359, vom 27.06.2013, Bl. 753, vom 29.10.2013, Bl. 806, 04.07.2014, Bl. 886, 27.03.2015, Bl. 953, vom 13.01.2017, Bl. 1112 und vom 02.05.2017, Bl. 1157 d. A. erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten

– vom 10.04.2012, Bl. 438 ff., vom 06.08.2013, Bl. 780 ff. und vom 06.03.2015, Bl. 939 ff. d. A. durch die Sachverständigen Dr. XXX und Dr. XXX,

– vom 13.02.2013, Bl. 559 ff. d. A., vom 23.10.2017, Bl. 1202 ff. d. A. und vom 18.05.2018, Bl. 1321 ff. d. A. durch die Sachverständige XXX,

– vom 09.03.2016, Sonderband, vom 13.06.2016, Bl. 1039 ff. d. A. und vom 13.01.2017, Bl. 1112 ff. d. A. durch die Sachverständigen Prof. Dr. XXX und XXX

sowie durch Vernehmung der Zeugen XXX im Termin vom 18.05.2018, Bl. 1321 ff. d. A. und XXX im Termin vom 07.12.2018, Bl. 1392 ff. d. A.

Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das jeweilige Protokoll der Sitzungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klagen sind zum überwiegenden Teil zulässig.

Die Feststellungsklage in Ziffer 6 des Klageantrags ist mangels Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO unzulässig. Es ist über die übrigen Klageanträge hinaus nicht erkennbar, inwiefern der Rechtsposition der Klägerin eine gegenwertige Unsicherheit droht. Die Klägerin hat (zulässige) Klageanträge gestellt, die alle Bereiche abdecken, die durch das unstreitige Unfallereignis berührt sind (Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Haushaltsführung, vermehrte Bedürfnisse). Ein darüber hinausgehendes allgemeines Feststellungsinteresse vermag das Gericht nicht zu erkennen.

Die im Übrigen zulässigen Klagen sind nur zu einem geringen Teil begründet.

Der Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgelds aufgrund ihrer erlittenen Verletzungen infolge des Verkehrsunfalls vom 11.07.2006 in Höhe von 2.573,56 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 115 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 287 ZPO.

Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach stand zwischen den Parteien nicht im Streit.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme erachtet das Gericht bei Würdigung aller Umstände und nach freier Überzeugung gemäß § 287 ZPO ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € für angemessen.

Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von den Bemessungsfaktoren im Einzelfall ab. Schmerzensgeldtabellen können einen Orientierungsrahmen bieten. Bei Verletzungen infolge eines Verkehrsunfalls steht die Ausgleichsfunktion im Vordergrund. Die Höhe des Schmerzensgelds wird in erster Linie durch das Maß der dem konkret Verletzten durch den Unfall zugefügten Lebensbeeinträchtigung bestimmt.

Die Sachverständigen XXX kamen in ihren Gutachten vom 10.04.2012, Bl. 438 ff., vom 06.08.2013, Bl. 780 ff. und vom 06.03.2015, Bl. 939 ff. d. A. zu dem Ergebnis, dass neben einem Kniegelenkstrauma mit vorderer Kreuzbandruptur, einem Innen- und Außenmeniskussriss und Körperprellungen lediglich eine Instabilität des Kniegelenks mit Bewegungsdefizit und fortschreitendem Gelenkverschleiß im linken Kniegelenk auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Zusätzlich hat die Klägerin durch die Körperprellungen für insgesamt 6 Wochen ein Schmerztrauma erlitten. Durch diese Instabilität ist kurz bis mittelfristig wahrscheinlich eine Prothese notwendig. Die Klägerin zeigt beim Gehen eine leichte Agravationstendenz.

Das Training im Fitnessstudio ist aus medizinischer Sicht notwendig, um die Muskeln zu kräftigen und das Kniegelenk mobil zu halten Aus sachverständiger Sicht ist die Klägerin darüber hinaus in der Lage, ca. ein bis zwei Stunden am Tag – auch auf Unebenheiten – zu gehen und Treppen zu steigen und die alltäglichen Aufgaben im Haushalt durchzuführen.

Der Krankenhausaufenthalt vom 29.08. bis 02.09.2006 im Johanniter-Krankenhaus Radevormwald war nach dem Ergebnis der sachverständigen Begutachtung unfallbedingt,

Für die im Übrigen von der Klägerin behaupteten physischen Beeinträchtigungen ist nicht erkennbar, inwiefern sie auf dem Unfallereignis beruhen können. Es handelt sich vielmehr um altersbedingte, degenerative Veränderungen des Bewegungsapparats.

Die Sachverständigen Prof. Dr. XXX kamen in ihren Gutachten vom 09.03.2016, Sonderband, vom 13.06.2016, Bl. 1039 ff. d. A. und 13.01.2017, Bl. 1112 ff. d. A. zu dem Ergebnis, dass eine von der Klägerin behauptete posttraumatische Belastungsstörung nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen ist, da bereits vor dem Unfallereignis mehrere depressive Episoden der Klägerin bekannt sind. Es ist lediglich von einem unfallbedingten Schmerzsyndrom auszugehen. Die unfallunabhängigen psychischen Belastungsfaktoren stehen gegenüber den unfallbedingten Faktoren allerdings eindeutig im Vordergrund.

Das Gericht folgt den fundierten und sachkundigen Feststellungen der Sachverständigen uneingeschränkt. Die Sachverständigen XXX sind nach Auswertung aller ihnen zur Verfügung stehenden Krankenunterlagen und aufgrund ihres eigenen Untersuchungsergebnisses vom 20.01.2012 zu jederzeit nachvollziehbaren Ergebnissen gekommen. Die Sachverständigen Prof. Dr. XXX erstatteten ihr psychiatrisches Gutachten aufgrund ihrer psychologischen Untersuchungen vom 20.10., 23.10. und 06.11.2015, die zahlreiche Tests beinhalteten und durch eigene Angaben der Klägerin ergänzt wurden.

Zweifel an der fachlichen Eignung der Sachverständigen haben sich im Laufe des Prozesses nicht ergeben.

Bei der Bemessung des konkreten Schmerzensgelds hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin eine Instabilität des Kniegelenks mit Bewegungsdefizit und fortschreitendem Gelenkverschleiß im linken Kniegelenk erlitt und es daher wahrscheinlich ist, dass sie kurz oder mittelfristig auf eine Prothese angewiesen sein wird. Zudem erlitt die Klägerin für einen Zeitraum von ca. 6 Wochen unfallbedingt nicht unerhebliche Schmerzen und ein psychisches Schmerzsyndrom.

Die Vorstellung der Klägerin, die im Klageantrag ihren Ausdruck fand, erachtet das Gericht für deutlich überhöht, da die Sachverständigen die zum großen Teil behaupteten Unfallfolgen nicht festgestellt haben, vielmehr ein Großteil der Behauptungen entweder auf physischen oder psychischen Vorerkrankungen der Klägerin beruhten.

Im Ergebnis hält das Gericht bei Berücksichtigung aller Umstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € für angemessen. Von diesem Betrag waren das bereits durch die Beklagte vorgerichtlich gezahlte Schmerzensgeld in Höhe von 3.500,- € abzuziehen. Hinzu kommen weitere 3.926,44 €, die sich aus den übrigen vorgerichtlichen Zahlungen der Beklagten ergeben (dazu sogleich).

Darüber hinaus war der Klageantrag in Ziffer 4, mit dem die Klägerin über die Zahlung eines Schmerzensgelds eine lebenslange Schmerzensgeldrente begehrte, als unbegründet zurückzuweisen.

Schmerzensgeld wird nämlich grundsätzlich als Kapital und nicht als Rente geschuldet. Eine Schmerzensgeldrente kann daher nur in Fällen ganz massiver Dauerschädigungen in Betracht kommen, also bei ein Leben lang andauernden Verletzungsfolgen, welche zu immer wiederkehrenden Schmerzen und Beeinträchtigungen führen, wie etwa eine Querschnittslähmung.

Solche massiven Dauerschädigungen haben die Sachverständigen XXX nicht feststellen können. Insbesondere genügt es nicht, dass die Klägerin aufgrund der Instabilität des Kniegelenks damit rechnen kann, in Zukunft auf eine Prothese angewiesen zu sein. Die Schmerzensgeldrente berücksichtigt zum einen nur bereits eingetretene Dauerschädigungen, zum anderen hat das Gericht diesen Umstand bereits bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe berücksichtigt.

Der Klägerin stehen über die Zahlung eines Schmerzensgelds keine weiteren Ansprüche zu. Soweit die Klägerin Anspruch auf Zahlung bestimmter Beträge hatte, waren diese mit den vorgerichtlichen Zahlungen im Wege des Vorteilsausgleichs vollständig zu verrechnen.

Im Einzelnen:

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz ihres Haushaltsführungsschadens in Höhe von 768,- € aus §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 115 VVG in Verbindung mit § 287 ZPO.

Die Verminderung der häuslichen Arbeitsleistung der nicht berufstätigen Klägerin ist erstattungsfähig. Arbeit im Haushalt ist dabei solche, mit der die Klägerin ihre gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber Dritten (Familienmitglieder) erfüllt, was zum Erwerbsschaden gerechnet wird (vgl. etwa BGH NJW 1974, 41; 1989, 2539; 1997, 256; 2002, 292). Aber auch ohne unterhaltsrechtliche Verpflichtung gehört der Entfall von Haushaltsleistungen zum Erwerbsschaden; es kommt allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an (BGH NJW 1997, 256).

Maßgeblich für die Höhe des Anspruchs ist der Wert der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung, die bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten gemäß § 287 ZPO durch das Gericht geschätzt werden kann.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin den Haushalt der Familie, bestehend aus ihrem damaligen Lebensgefährten und einer etwa 10-jährigen Tochter, in einer ca. 60 qm großen 3-Zimmerwohnung allein geführt hat. Dies bestätigten die Zeuginnen XXX und XXX in ihren Vernehmungen überstimmend und begründeten dies unter anderem damit, dass Männer aus ihrem Kulturkreis (Balkan) generell keine Tätigkeiten im Haushalt übernehmen würden und die Tochter der Klägerin ihres Wissens nach nicht mitgeholfen habe. Die Zeuginnen, beide (ehemalige) Nachbarinnen und Freundinnen, konnten indes keine konkreten Angaben zu den täglich und wöchentlich anfallenden Haushaltstätigkeiten machen. So gab die Zeugin XXX etwa an, dass sie des Öfteren bei der Klägerin zu Besuch gewesen sei und es an manchen Tagen „richtig sauber“, an anderen Tagen wieder „etwas schlampiger“ gewesen sei.

Das Gericht sieht keine Veranlassung, an den glaubhaften Angaben der Zeuginnen zu zweifeln. Sie waren in ihrer jeweiligen Vernehmung ersichtlich bemüht, wahrheitsgemäße Angaben zu machen und konnten auf jeweilige Nachfrage deutlich machen, ob ihre Angaben auf eigenen Schätzungen und Vermutungen beruhen oder auf tatsächlichen Wahrnehmungen. Ein besonderes Interesse, der Klägerin mit einer günstigen Aussage zu helfen, hat das Gericht nicht gesehen. Die Zeuginnen bestätigten unisono, heute kaum noch Kontakt zu der Klägerin zu haben, seit sie aus der damaligen Wohnung ausgezogen sei.

Die Angaben der Zeuginnen unter Berücksichtigung der statistischen Auswertungen (vgl. etwa Frank Pardey, Haushaltsführungsschaden, 9. Aufl.) zugrunde gelegt, schätzt das Gericht den Arbeitsaufwand der Klägerin im Haushalt bei einer 6-Tageswoche auf zwei Stunden täglich, insgesamt 12 Stunden in der Woche. Die Schätzung berücksichtigt einerseits, dass die Klägerin den Haushalt allein geführt hat, andererseits die Größe der Wohnung und die Tatsache, dass es sich bei der damals etwa 10 Jahre alten Tochter nicht um ein Kleinkind gehandelt hat. Bei einer damaligen geschätzten Vergütung pro Stunde in Höhe von 8 € – Das Mindestlohngesetz ist erst mit Wirkung zum 01.01.2015 in Kraft getreten. – beträgt der ersatzfähige Haushaltsführungsschaden 96 € pro Woche.

Der Haushaltsführungsschaden war für einen Zeitraum von 6 Wochen zu ersetzen. Nach den Feststellungen der Sachverständigen XXX und XXX ist das Schmerztrauma aufgrund der Knieverletzungen nach etwa 6 Wochen abgeklungen. Diesen Zeitraum erachtet das Gericht für maßgeblich. Ein weitergehender Ersatzanspruch besteht nicht. Nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen ist die Klägerin trotz eines instabilen linken Kniegelenks in der Lage, ihren Haushalt selbständig zu führen.

Aus denselben Erwägungen steht der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rente wegen vermehrter Bedürfnisse zu, wie im Klageantrag Ziffer 5 beantragt wurde.

Daneben hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen für Medikamente in Höhe von 132,03 € und zweier Fitnessstudios in Höhe von 1.173,80 € aus §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 115 VVG. Nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen XXX und XXX waren diese Aufwendungen durch das Unfallereignis indiziert und notwendig.

Die Schadenspositionen in Höhe von insgesamt 2.073,23 € waren durch das Gericht im Rahmen des Vorteilsausgleichs mit den bereits geleisteten 5.999,67 € zu verrechnen. Im Ergebnis bestand kein Zahlungsanspruch.

Die Klägerin hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Ersatz eines Verdienstausfallschadens und einer Verdienstausfallschadensrente, wie die Klägerin im Klageantrag Ziffer 3 geltend gemacht hat, aus §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 115 VVG.

Nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen XXX in ihren Gutachten vom 13.02.2013, Bl. 559 ff. d. A., vom 23.10.2017, Bl. 1202 ff. d. A. und vom 18.05.2018, Bl. 1321 ff. d. A. und unter Berücksichtigung der von der Klägerin bereits vereinnahmten Renten- und Sozialversicherungsleistungen steht ihr unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten ein Ersatzanspruch zu.

Dabei kann das Gericht offen lassen, ob die Klägerin vor dem Unfallereignis physisch und psychisch überhaupt dazu in der Lage gewesen wäre, der von hier dargelegten Tätigkeit als „Tagesmutter“ bzw. „Nanny“ mit einem Verdienst von ca. 2.000,- € netto im Monat nachzukommen.

Die Sachverständige XXX hat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass die Klägerin bereits aufgrund ihres Alters und ihrer nicht ausreichenden fachlichen Qualifikation nicht in der Lage gewesen ist, als „Tagesmutter“ einen Nettoverdienst von monatliche 2.000,- € zu erzielen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen wäre die Klägerin – bei unterstellter Eignung – nur in der Lage gewesen, einer Tätigkeit als „kleine Tagesmutter mit etwa 1 – 2 Kindern“ nachzugehen. Der monatliche Nettoverdienst hätte dann deutlich unter 2.000,- € gelegen.

Das Gericht folgt den Ausführungen der Sachverständigen uneingeschränkt, zumal sie ihr Gutachten auf eine breite Tatsachenbasis stützen konnte, intensive Recherche betrieb und ihre Ergebnisse im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung nochmals für jedermann verständlich darlegte. Zweifel an ihrer Sachkunde sind zu keinem Zeitpunkt aufgetreten.

Berücksichtigt man die Einschätzung der Sachverständigen XXX in ihrer mündlichen Anhörung vom 18.05.2018 und ihre Ausführungen im Gutachten vom 13.03.2013, ergibt sich bei der Betreuung von 1 – 2 Kindern (unter der Prämisse der Leistungsfähigkeit) ein geschätzter Bruttomonatsverdienst von ca. 670 – 1.340,- € (vgl. S. 14 des Gutachtens). Abzüglich eines unternehmerischen Risikos, welches das Gericht aufgrund des Alters der Klägerin und ihrer fehlenden beruflichen Erfahrung gemäß § 287 ZPO auf 25 % schätzt, ergibt sich ein Bruttobetrag von 502,5 € – 1.005,- €. Diese entspricht einem zu erwartenden (hypothetischen) durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 753,75,- €.

Von diesem Betrag hat sich die Klägerin im Rahmen des Vorteilsausgleichs die von ihr vereinnahmten Renten- und Sozialleistungen anzurechnen. Daraus folgt, dass die Klägerin bis zum 14.08.2009 bereits Sozialleistungen erhielt, die den zu erwartenden durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst bei unterstellter physischer und psychischer Leistungsfähigkeit überstiegen. Für den Zeitraum ab dem 15.08.2009 vermochte es die Klägerin trotz mehrmaliger Hinweise seitens des Gerichts und einer großzügig bemessenen Beibringungsfrist nicht, hinreichend substantiiert unter Vorlage entsprechender Nachweise ihre finanzielle Situation darzulegen. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Klägerin nach ihrem Umzug und der damit verbundenen gewechselten Zuständigkeit des Jobcenters weiter auf Sozialhilfe angewiesen war. Die von ihr vereinnahmten Rentenbeiträge und Wohnzuschüsse genügten nicht ansatzweise, um die Grundbedürfnisse des Alltags zu finanzieren. Überdies hat die Klägerin nicht vorgetragen, nach ihrem Umzug erwerbstätig gewesen zu sein. Sie muss sich die Frage gefallen lassen, wie sie anders als durch Sozialhilfeleistungen Miete, Strom, Wasser, Lebensmittel oder andere Dinge des Alltags finanziert haben will. Eine plausible Erklärung auf diese Frage hatte sie nicht.

Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Angesichts des Klageerfolgs bemessen sich die nach §§ 280 Abs. 1 BGB, 115 VVG zu ersetzenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren lediglich auf 334,75 €, wovon die vorgerichtlich bereits erstatteten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 913,19 € abzuziehen waren.

Die Kostentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Klägerin waren trotz ihres teilweisen Obsiegens die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen, da die Klage in weit größerem Umfang als die von der Rechtsprechung definierte 10%-Grenze abgewiesen wurde. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 709 S. 2 ZPO.

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