OLG München, Az.: 3 U 1362/14, Urteil vom 17.12.2014
1. Auf die Berufung des Beklagten hin wird Ziffer I des Endurteils des Landgerichts Traunstein vom 03.04.2014 (7 O 2910/13) abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Es wird festgestellt, dass den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks S. 12, R., und damit derzeit den Klägern ein Notwegerecht über das Grundstück des Beklagten mit der Flurnummer …56/2 zwischen der Zufahrt von der Bundesstraße B 305 im Westen und der Grundstücksgrenze im Osten auf einer Breite von 3,10 Metern auf dem geteerten Weg gemäß der dem Urteil beigefügten Skizze zusteht, bis eine andere Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück S. 12, R. geschaffen ist. Dieses Notwegerecht erstreckt sich auch auf die Nutzung durch von den Eigentümern ermächtigte Nutzer des Grundstücks als Mieter, Dauermieter und deren Besucher.
2. Auf die Berufung der Kläger hin wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 03.04.2014 (Az.:7 O 2910/13) dahingehend ergänzend abgeändert, dass festgestellt wird, dass den Klägern das Recht zusteht, den bei der ihnen obliegenden Räumung des in Ziffer I. bezeichneten Teerwegs anfallenden Schnee auf dem in Ziffer I. bezeichneten Grundstück des Beklagten entlang des Teerwegs beidseits abzulagern.
3. Im Übrigen werden die Berufungen der Kläger und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Klage, Widerklage und Hilfswiderklage bleiben insoweit in dem vom Landgericht ausgesprochenen Umfang abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 19.800,00 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts, der in erster Instanz gestellten Anträge und des Tenors der angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des LG Traunstein vom 03.04.2014 (Bl. 76/94 d. A.) Bezug genommen.
Sowohl die Kläger als auch der Beklagte haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.
Die Kläger beantragen: Unter Abänderung des am 03.04.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Traunstein, Az 7 O 2910/13 wird der Beklagte weiter verurteilt wie folgt:
I.
1. Der Beklagte wird verurteilt, den zwischen den Häusern S. 11 und 12 aufgestellten Zaun ab der südwestlichen Hausecke des Anwesens Nr. 12 bis zur nördlichen Grundstücksgrenze gem. der dem Urteil beigefügten Skizze zu entfernen.
2) Der Beklagte wird verurteilt, den Zaun auf seinem Grundstück von der nordöstlichen Hausecke des Gebäudes S. 11 bis zum Teerweg im Norden und bis zur östlichen Grundstücksgrenze gem. der dem Urteil beigefügten Skizze zu entfernen.
3) Der Beklagte wird verurteilt, die in seinem Eigentum stehende Fläche zwischen der östlichen Hauswand des Anwesens S. 11, die im nördlich verlaufenden Teerweg und der östlich gelegenen geteerten Fläche auf dem Grundstück der Kläger gem. der dem Urteil beigefügten Skizze mit Schotter zu befestigen und die Nutzung als Wendeplatz zu dulden und nicht zu behindern.
4) Es wird festgestellt, dass den Klägern, den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks S. 12 sowie den jeweiligen Nutzern ein Wegerecht zur Nutzung der in Ziff. 3 bezeichneten Fläche als Wendeplatz zusteht.
5) Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch mit dem Inhalt eines Wegerechts nach Ziff. I des landgerichtlichen Urteils und eines Nutzungsrechts nach den Ziff. 3 zu bewilligen.
6) Es wird festgestellt, dass der Beklagte das Ablagern von Schnee beidseits des Teerweges zu dulden hat. Soweit die Schneeräumung bei Notfällen durch einen Dienstleister erbracht werden muss, werden die Kosten zur Hälfte getragen, wenn die auftraggebende Partei die andere Partei vor Auftragserteilung informiert hat.
7) Dem Beklagten wird für jede Zuwiderhandlung gegen die Duldungs- und Unterlassungspflicht nach vorstehend Ziffern I 3 die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, sowie die Verhängung einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren angedroht.
II. Im Hinblick auf die Berufung des Beklagten wird hilfsweise beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
1) Es wird festgestellt, dass den Nutzern, den Klägern und den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks S. 12, R., ein Notwegerecht im ortsüblichen Umfang zu Lasten des Grundstücks des Beklagten, Flurstücknummer …56/2 zwischen der Zufahrt von der Bundesstraße B 305 im Westen und der Grundstücksgrenze im Osten auf einer Breite von mindestens 3,10 m auf dem geteerten Zuweg gem. beigefügter Skizze zusteht.
2) Es wird festgestellt, dass den jeweiligen Nutzern, den Klägern und den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks S. 12, R.i.W. ein Notwegerecht zur Nutzung der in Ziff. I 3 bezeichneten Fläche als Wendeplatz zusteht.
Hilfsweise:
3) Es wird festgestellt, dass der Teerweg von der Zufahrt ab der Bundesstraße B 305 bis zum klägerischen Anwesen auf dem gesamten Verlauf mit Teerdeckung instand zu halten ist und die Unterhaltskosten von den Klägern und dem Beklagten zu je 50% zu tragen sind. Soweit die Unterhaltungsmaßnahmen nicht auf Abnutzung beruhen, trägt die Kosten der Beklagte.
4) Es wird festgestellt, dass die Schneeräumpflicht auf dem Teerweg und der Einfahrt von der Bundesstraße beide Parteien zur Hälfte tragen.
III. Die Widerklage wird abgewiesen.
Hilfsweise wird für den Fall, dass der Widerklage stattgegeben wird, beantragt:
Dem Beklagten wird geboten, den Betrieb von Kameras auf dem Grundstück S.10-11 zu unterlassen und zu entfernen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 2 Jahren sowie die Verhängung von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren angedroht.
Der Beklagte beantragt:
1. Das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 03.04.2014 wird in Ziff. I aufgehoben.
2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
3. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von der Abfassung eines Tatbestands wird im übrigen gemäß § 540Abs. 2 i.V.m. § 313 a Abs. 1, Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Entscheidungsgründe (abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
1) Zur Zulässigkeit
Beide Berufungen sind zulässig. Im Berufungsrechtszug sind damit bis auf eine Ausnahme alle Anträge aus erster Instanz anhängig gemacht. Allein der ursprünglich im Wege der Widerklage geltend gemachte Anspruch des Beklagten, die Kläger müssten die auf ihrem Grundstück installierte Videokamera beseitigen, wird im Berufungsrechtszug nicht weiter verfolgt und ist damit rechtskräftig aberkannt.
2) Zur Annahme eines Gewohnheitsrechts
Kern des Rechtsstreits ist primär die Frage, ob und wenn ja, inwieweit den Klägern das Recht zusteht, den auf dem Grundstück des Beklagten befindlichen Teerweg als Zufahrt zu ihrem Grundstück zu nutzen. Das Landgericht hat das Recht der Kläger zur Nutzung des Teerweges als Gewohnheitsrecht anerkannt. Dem kann sich der Senat nicht anschließen.
Von einem Gewohnheitsrecht ist auszugehen, wenn sich in einer bestimmten Rechtsfrage durch ständige Übung ein Rechtsbewusstsein der beteiligten Kreise gebildet hat, dass unzweifelhaft ein entsprechendes Gebot besteht und die Gerichte diese Rechtsüberzeugung teilen. Rechtsgeltung kann das Gewohnheitsrecht wegen der erforderlichen autoritativen Festlegung nur aufgrund richterlicher Anerkennung erlangen.
Grundsätzlich kann ein Wegerecht danach durch langjährige einvernehmliche Übung als örtlich begrenztes Gewohnheitsrecht (Observanz) entstehen. Dies dürfte entgegen der Auffassung des AG Neuruppin (Urteil vom 29.04.2005, 42 C 37/04 NJOZ 2005, 3217) auch in Konstellationen möglich sein, in denen die langjährige Übung erst nach In-Kraft-Treten des BGB bzw. der Errichtung der darauf beruhenden Grundbücher entstanden ist. Voraussetzung für die Annahme eines solchen allein durch Gewohnheitsrecht begründeten Wegerechts ist aber in einer solchen Konstellation, dass die beteiligten Rechtskreise, die diese langjährige Übung als rechtsverbindlich anerkennen, davon ausgehen, dass diese nicht lediglich auf einem schuldrechtlichen Vertrag wie beispielsweise einer jederzeit kündbaren Leihe oder in Ausübung eines gesetzlich geregelten Notwegerechts gemäß § 917 BGB erfolgt.
In einer Konstellation, in der ohnehin nur die beteiligten Eigentümer zweier Grundstücke sich als Berechtigter und Verpflichteter gegenüber stehen, sind daher kaum Konstellationen vorstellbar, in denen die Annahme eines gewohnheitsrechtlich verankerten Wegerechts bejaht werden kann. Eine solche Konstellation kann im vorliegenden Fall ungeachtet der unstreitig gegebenen langjährigen einvernehmlichen Übung nicht angenommen werden.
Der Weg als solcher wurde – nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger – zu einer Zeit errichtet, als beide Grundstücke noch Teil eines Grundstücks waren, das der öffentlichen Hand gehörte. Dies soll im Zusammenhang mit der Errichtung der auf dem Grundstück der Kläger stehenden Gebäude 1936 gewesen sein. Nach der später erfolgten Grundstücksteilung erwarb in den siebziger Jahren die Mutter der Kläger das nunmehr diesen gehörende Grundstück von der Bundesrepublik Deutschland. Mit dem Freistaat Bayern, damals Eigentümer des jetzt dem Beklagten gehörenden Grundstücks, vertreten durch das Finanzamt, war vereinbart, dass zur Absicherung der Erschließung des klägerischen Grundstücks eine Grunddienstbarkeit auf dem erst 2011 vom Beklagten erworbenen Grundstück eingetragen werden sollte. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich nicht, warum es zu dieser beabsichtigten Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht kam. Einvernehmlich war freilich der Mutter der Klägerin und später den Klägern selbst die Nutzung des Weges über das Nachbargrundstück gestattet.
Der Umstand, dass die Mutter der Kläger und die Verantwortlichen im Finanzamt damals zunächst davon ausgingen, dass eine dingliche Absicherung des Wegerechts veranlasst sei, steht der Annahme, schon damals habe eine gefestigte Überzeugung der beteiligten Rechtskreise bestanden, die Nutzung des Weges durch die Eigentümer des Hinterliegergrundstücks sei gewohnheitsrechtlich verankert, entgegen.
Denkbar ist zwar, dass sich in späterer Zeit eine solche Überzeugung gebildet hat. Doch dürfte der Senat diese als Grundlage eines Gewohnheitsrechts nur heranziehen, wenn sich diesbezüglich zweifelsfreie Feststellungen treffen ließen. Das ist aber ausweislich der namentlich von den Klägern selbst vorgelegten Unterlagen nicht möglich. Dass die Mutter der Klägerin und später diese selbst ungehindert den Weg nutzen konnten, besagt hierüber nichts aus, da ebenso vorstellbar ist, dass die beteiligten Rechtskreise von einer leihweisen Gestattung oder – rechtlich absolut zutreffend – von einem durch § 917 BGB geschützten Notwegerecht ausgegangen sind.
3) Zum Notwegerecht
Den Klägern steht das hilfsweise geltend gemachte Notwegerecht gemäß § 917 BGB zu. Daraus folgt, dass sie das anders mit dem öffentlichen Wegenetz nicht verbundene Grundstück unter Inanspruchnahme des Grundstücks des Beklagten anfahren und angehen dürfen. Dem Gebot der schonenden Ausübung wird durch die Beschränkung dieses Notwegerechts auf den eigens hierfür geschaffenen Teerweg Rechnung getragen. Berechtigt, dieses Notwegerecht auszuüben, sind die Kläger in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer des Grundstücks. Der Berufung des Beklagten ist nur insoweit zuzustimmen, als die dem klägerischen Antrag entsprechende Tenorierung des erstinstanzlichen Urteils, die den Klägern und den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks kumulativ ein Nutzungsrecht zubilligt, zu weit gefasst ist. Die Kläger dürfen das Notwegerecht ausüben, weil – und nur solange, wie – sie Eigentümer des Grundstücks sind. Ein von der Stellung als Eigentümer losgelöstes Benutzungsrecht ist nicht erkennbar. Entsprechend war der Tenor des erstinstanzlichen Urteils anzupassen.
Neben den Eigentümern sind auch die von diesen ermächtigten Nutzer des Grundstücks befugt, das Notwegerecht auszuüben. Andernfalls wäre die Nutzung des Grundstücks de facto weitgehend unmöglich und das Notwegerecht seiner grundsätzlichen Funktion beraubt. Dem zutreffenden Hinweis des Beklagten in der Berufungsbegründung darauf, dass Anspruchsinhaber des Notwegerechts nur die Eigentümer bzw. dinglich Berechtigten an einem Grundstück sein können, wurde bei der Abfassung des Urteilstenors Rechnung getragen. Dass damit kein relevantes Obsiegen des Beklagten verbunden ist, liegt auf der Hand. Es ist eine rein semantische Frage, ob die Mieter der Kläger in Ausübung eines eigenen Notwegerechts zum klägerischen Anwesen gelangen oder ob sie dies in Ausübung einer zur Erteilung dieser befugten Gestattung durch den Notwegerechtsinhaber tun.
Der Beklagte hat darauf verwiesen, dass die Kläger für die seit geraumer Zeit praktizierte Nutzung des Grundstücks für gewerbliche Zwecke, indem dort Ferienwohnungen vermietet werden, eine Baugenehmigung für die darin zu sehende Nutzungsänderung benötigen würden. Diese würde vom Landratsamt aber nicht erteilt werden, wenn die Erschließung des Grundstücks nur über ein Notwegerecht gesichert ist.
Es obliegt nicht dem Senat, darüber zu befinden, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen die untere Baubehörde nachträglich Baugenehmigungen für langjährig praktizierte Nutzungsänderungen zu erteilen hat. Zu befinden hat der Senat allein über Bestand und Umfang des Notwegerechts. Nach zivilrechtlichen Maßstäben ist die Nutzung der Gebäude auf dem klägerischen Grundstück für deren Vermietung als Ferienwohnungen ebenso zulässig wie die Eigennutzung oder die Vermietung zu Wohnzwecken an dauerhaft sich dort aufhaltende Personen und deren Familienangehörige.
Ist dies aber zulässig, so erstreckt sich das das Nachbargrundstück belastende Notwegerecht auch auf das Benutzungsrecht der Zufahrt durch diesen Personenkreis und auch deren Besucher.
Sollte die untere Baubehörde die Nutzung des Grundstücks nach öffentlich-rechtlichen Kriterien für unzulässig – sprich: nicht genehmigungsfähig – erachten, wovon der Senat in Ermangelung entsprechenden Sachvortrags derzeit nicht ausgehen kann, dann obliegt es dieser in eigener Zuständigkeit, für die Schaffung von mit den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen in Einklang stehenden Zuständen zu sorgen.
Unabhängig davon mag unter Umständen der Beklagte gegen die Kläger auch zivilrechtlich einen Unterlassungsanspruch geltend machen können, wenn nachbarschützende öffentlich-rechtliche Bestimmungen von diesen verletzt werden. Der Umweg, das Notwegerecht zivilrechtlich einzuschränken, um öffentlich-rechtlich die Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit der praktizierten Nutzung zu beseitigen, ist unbehelflich. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass dann, wenn für eine rechtmäßige Nutzung die Einräumung eines Notwegerechts erforderlich ist und dieses dem belasteten Grundstücksinhaber auch zumutbar ist, dieses auch begründet ist. Der Beklagte hat nachvollziehbare Gründe dafür, warum ihm die Ausübung des Notwegerechts in dem seit vielen Jahren bestehenden Umfang, den er zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks auch erkennen konnte, nicht zumutbar sein soll, nicht dargetan. Seine Darstellung, ihm sei verborgen geblieben, dass auf dem Nachbargrundstück auch Ferienwohnungen vermietet werden, weist kaum zu überbrückende Plausibilitätsdefizite auf und belegt unfreiwillig nur, dass die Ausübung des Notwegerechts für ihn nicht belastend gewesen sein kann. Dass er über die Notwegeproblematik bereits beim Erwerb des Grundstücks im Bilde war, hat er ausdrücklich einräumen lassen. Ob nun die Kläger selbst oder Feriengäste das klägerische Grundstück anfahren, macht für den Beklagten keinen Unterschied.
In zeitlicher Hinsicht ist das Notwegerecht dahingehend zu beschränken, dass dieses nur so lange gilt, so lange keine andere Zufahrtsmöglichkeit zum klägerischen Grundstück besteht, auch wenn in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend dargestellt wurde, dass auf absehbare Zeit mit der Schaffung einer solchen Zufahrtsmöglichkeit nicht gerechnet werden kann.
4) Zum Anspruch auf Absicherung des Wegerechts durch eine Dienstbarkeit
Die Frage, ob ein gewohnheitsrechtlich begründetes Gewohnheitsrecht einen Anspruch auf Eintragung einer Dienstbarkeit im Grundbuch gewährt, wurde vom Landgericht zutreffend verneint. Denn damit würde das Wesen des Gewohnheitsrechts als generell-abstrakte Regelung gerade negiert. Darauf kommt es hier aber schon deshalb nicht an, weil es einen Anspruch, einen Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts dinglich zu sichern, nicht gibt und nach der Konzeption des § 917 BGB auch nicht geben kann.
5) Zum Anspruch auf Einräumung eines Wendeplatzes
Den Klägern steht kein Anspruch auf Einräumung eines Wendeplatzes auf dem Grundstück des Beklagten zu. Entsprechend haben sie auch keinen Anspruch darauf, dass dieser in irgend einer Weise befestigt wird und dass zur Sicherstellung dieses Anspruchs vom Beklagten auf seinem Grundstück errichtete Zäune entfernt werden.
Die Kläger verweisen zur Rechtfertigung ihrer Ansprüche wiederum auf die langjährige Übung. Doch würde selbst dann, wenn man das Wegerecht als solches für gewohnheitsrechtlich gesichert erachten würde, diesen Ansprüchen jede Rechtfertigung fehlen. Bezeichnend ist insoweit, dass auch in den schriftlichen Unterlagen aus den siebziger Jahren, in denen die Absicht, das Wegerecht dinglich zu sichern, zum Ausdruck gebracht wurde, der Wendeplatz nicht auftaucht.
Erst recht lassen sich diese Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des Notwegerechts nicht rechtfertigen. Denn der vom Erstrichter vorgenommene richterliche Augenschein ergab, daß die Kläger zur praktizierten Nutzung ihres Grundstücks auf den Wendeplatz nicht angewiesen sind.
6) Zu Ansprüchen im Zusammenhang mit der Unterhaltspflicht betreffend den Teerweg
Der Senat schließt sich den in den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils dargelegten Erwägungen dazu, dass die Kläger den Beklagten nicht verpflichten können, sich am Unterhalt und am Winterdienst betreffend den Teerweg zu beteiligen, ausdrücklich an. Beide Berufungsbegründungen weisen freilich zutreffend auf die Diskrepanz zwischen diesen Erwägungen und dem Urteilstenor der angegriffenen Entscheidung hin.
Aus den vom Landgericht dargelegten Gründen haben die Kläger einen Anspruch darauf, den Schnee, der vom Teerweg zur Sicherung von dessen Passierbarkeit beseitigt wird, entlang des Weges auf dem Grundstück des Beklagten abzulagern. Unabhängig von den nachfolgend zu erörternden Fragen wäre die Weigerung des Beklagten, diese Ablagerung zuzulassen, nur als Schikane zu werten, wobei der Senat dazu tendiert, das Recht des Wegeberechtigten, den abzuräumenden Schnee entlang des zu räumenden Weges auf dem mit dem Wegerecht belasteten Grundstück abzulagern, wenn dies nicht aufgrund außergewöhnlicher örtlicher Besonderheiten untunlich ist, als zumindest im südbayerischen Raum gewohnheitsrechtlich verankert anzusehen.
Einen Anspruch der Kläger auf eine weitergehende Beteiligung des Beklagten an der Räumung oder dem Unterhalt des Weges vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Rekurs auf allgemeine nachbarliche Gemeinschaftsverhältnisse greift im vorliegenden Fall schon deshalb zu kurz, weil die Anwesen der Parteien nicht in einem geschlossenen Siedlungsgebiet, sondern in spektakulärer Landschaft in der freien Natur gelegen sind. Zwar mag auch der Beklagte ein Interesse daran haben, dass der Weg entlang seiner Gebäude geräumt wird, so lange er sich dort aufhält bzw. die Gebäude Dritten zur Verfügung stellt. Doch ist dies nicht zwingend zeitgleich dann der Fall, wenn auch die Kläger ihr Anwesen nutzen bzw. nutzen lassen. Sowohl die Kläger als auch der Beklagte nutzen die Anwesen zur Vermietung als Ferienwohnungen. Es kommt daher durchaus vor, dass die Anwesen tage- oder wochenweise ungenutzt sind. Dass der Beklagte in einer solchen Zeit verpflichtet sein soll, den Weg anteilig zu räumen, nur um den Klägern die Ausübung des Notwegerechts zu ermöglichen, ist nicht begründbar. Aus den vom Landgericht referierten Angaben des Beklagten ergibt sich zwanglos, daß er während der Nutzung seiner Anwesen durchaus an einer Räumung interessiert ist und diese bis zu den von ihm benötigten Zugängen auch selbst vornimmt. Eine rechtliche Verpflichtung den Klägern gegenüber lässt sich nicht darstellen.
Eine Verpflichtung des Beklagten, sich am Unterhalt des Teerweges sonst zu beteiligen, ist ebenfalls nicht zu begründen. Dass der Beklagte das Notwegerecht der Kläger sabotieren möchte, ist nicht erkennbar. Von der Absicht, den Weg eigenmächtig zu sperren, hat er sich zwischenzeitlich glaubwürdig distanziert. Soweit der Beklagte wider Erwarten den Teerweg beschädigt, um die Ausübung des Notwegerechts zu behindern, stehen den Klägern dann die entsprechenden zivilrechtlichen Ansprüche zu.
Der den Klageanträgen zu entnehmende Verdacht, dem Beklagten sei an der Beschädigung oder Zerstörung des Weges gelegen, ist nicht nachzuvollziehen. Dass auch ein Teerweg der Abnutzung unterliegt, ändert nichts daran, dass die Kläger, soweit sie auf dessen Nutzung angewiesen sind, diesen instand halten können. Einen Anspruch gegen den Beklagten, sich daran in irgendeiner Form zu beteiligen, gibt das geltende Recht nicht her.
7) Zu den Videokameras
Das Ersturteil hinsichtlich der Widerklage und der Hilfswiderwiderklage entspricht der Sach- und Rechtslage. Einen Beseitigungsanspruch haben weder Kläger noch Beklagter. Wohl aber steht dem Beklagten, wie umgekehrt – aber nicht gerichtlich geltend gemacht – den Klägern, ein Anspruch darauf zu, dass mit der Videokamera nur das jeweils eigene Grundstück observiert wird. Soweit die Kläger darauf verweisen, dass dies zur Folge hat, dass der Beklagte lückenlos observieren kann, wer sich wann zum klägerischen Anwesen begibt, ist dies von diesen hinzunehmen, da zum Erreichen des klägerischen Grundstücks eben das Beklagten-Grundstück in Anspruch genommen werden muss. Ein Anspruch, ein Notwegerecht heimlich ausüben zu können, dürfte dem geltenden Recht fremd sein. Anhaltspunkte für ein berechtigtes Interesse, vom Beklagten unbemerkt das klägerische Grundstück erreichen zu können, sieht der Senat nicht. Das Recht, sich auf dem eigenen Grundstück unbeobachtet fühlen zu dürfen, erstreckt sich nicht auf die Zuwege in fremdem Eigentum.
Umgekehrt überzeugt den Senat auch die Erwägung des Erstgerichts, dass die Kläger, um beurteilen zu können, ob der Teerweg auf dem Beklagtengrundstück frei oder von Schnee zu räumen ist, auf dessen Videoobservierung nicht angewiesen sind, da die Beobachtung der Schneeverhältnisse auf dem klägerischen Grundstück hierüber in annähernd gleicher Weise Aufschluss gibt.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 9.12.2014 beantragten die Kläger die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung, weil in der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2014 der Hilfsantrag der Widerwiderklage nicht erörtert worden sei. Dies trifft indes nicht zu. Auch hierüber wurde mit den Parteien gesprochen. Der Sache nach bezieht sich das Vorbringen der Kläger gemäß ihrem Schriftsatz vom 09.12.2014 auch nicht auf ihren mit der Widerwiderklage erhobenen Anspruch auf Beseitigung der Videokamera des Beklagten, sondern auf den mit der Widerklage gegen sie verfolgten Anspruch des Beklagten, dass die Videokamera der Kläger nicht auf sein Grundstück gerichtet werden soll.
Auch wenn man das im jetzigen Verfahrensstadium nicht berücksichtigungsfähige neue Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 09.12.2014 zugrunde legt, ändert sich ohnehin die rechtliche Beurteilung durch den Senat nicht. Das Urteil stellt das Recht der Kläger, den Weg zu ihrem Grundstück über das Grundstück des Beklagten zu nutzen, fest. Ebenso stellt es fest, dass den Klägern ein Recht zur Ablagerung von Schnee entlang des Weges zusteht. Der dauerhaften Observation des Weges zur Wahrung dieses Rechts bedarf es nicht. Die von den Klägern geäußerte Besorgnis, der Beklagte werde die Zufahrt namentlich im Winter sabotieren, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Sollte es zu solchen Vorkommnissen kommen, wofür aus Sicht des Senats kein Anhaltspunkt besteht, so steht den Klägern auf der Grundlage des vorliegenden Urteils ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu. Dies gilt auch gegenüber „Behinderungen durch Schneeaufschüttungen“. Warum den Klägern die Möglichkeit offen stehen sollte, den Schnee von der zur Ablagerung bestimmten Fläche maschinell zu entfernen, erschließt sich dem Senat nicht. Mit der Frage, ob sie einen Anspruch auf dauerhafte Observation des Grundstücks des Beklagten haben, haben diese Gesichtspunkte auch kaum zu tun, mit der Frage, in welchem Umfang der Beklagte auf seinem Grundstück eine dauerinstallierte Videokamera betreiben darf, gar nichts.
8) Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, wobei der Senat das Obsiegen des Beklagten im Hinblick auf die Qualifikation des Wegerechts als Notwegerecht und die Klarstellung, dass den Klägern nur in ihrer Eigenschaft als Grundeigentümer dieses Notwegerecht zusteht als noch gleichwertig mit dem Obsiegen der Kläger im Hinblick auf das Schneeablagerungsrecht einstuft. Dass der Streitwert des Rechtsstreits geringfügig niedriger als in der ersten Instanz ist, rechtfertigt eine Differenzierung hinsichtlich der Kostenquotelung nicht.
9) Vorläufige Vollstreckbarkeit
§§ 708Nr. 10, 713 ZPO
10) Zur Revisionszulassung
Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 543 ZPO die Revision zuzulassen ist, liegen nicht vor.
11) Streitwert
Der Streitwert wird vom Senat um 200 € niedriger als vom Erstgericht festgesetzt, weil der Anspruch des Beklagten, die Kläger sollten die von ihnen betriebene Videokamera beseitigen, in der Berufungsinstanz nicht anhängig gemacht wurde. Der Umstand, dass abweichend vom Erstgericht über einen Hilfsantrag zu entscheiden war, führt zu keiner Streitwerterhöhung, da das zuerkannte Notwegerecht im Vergleich zum verneinten Gewohnheitsrecht bei wirtschaftlicher Identität ein wesensgleiches Minus darstellt.