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Gewerberaummietvertrag – Vereinbarung von Schlichtungs- oder Mediationsklauseln

Schlichtungs- oder Mediationsklauseln im Gewerberaummietvertrag: LG Hamburg Entscheidung

Das Landgericht Hamburg hat die Klage im Fall eines Gewerberaummietvertrags als unzulässig abgewiesen, da die Kläger die im Vertrag vereinbarte Schlichtungs- oder Mediationsklausel nicht eingehalten haben. Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung und Verbindlichkeit solcher Klauseln in Mietverträgen und setzt ein klares Signal, dass vereinbarte außergerichtliche Konfliktlösungsmechanismen vor einem Gang zum Gericht zu beachten sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 334 O 42/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Unzulässigkeit der Klage: Aufgrund der Nichtbeachtung der Schlichtungsklausel im Mietvertrag wurde die Klage abgewiesen.
  2. Schlichtungs- oder Mediationsklauseln: Diese Klauseln haben eine hohe Bedeutung und sind rechtlich bindend.
  3. Gütetermin vor Gerichtsverfahren: Ein Gütetermin bei der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle (ÖRA) ist vor dem Anrufen der Gerichte erforderlich.
  4. Kosten des Rechtsstreits: Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
  5. Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils: Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
  6. Streitwertfestsetzung: Der Streitwert wurde auf 8.700 Euro festgesetzt.
  7. Kautionsrückzahlung: Kern des Streits war die Rückzahlung eines Kautionsbetrages.
  8. Treuwidrigkeitseinwand abgelehnt: Das Gericht wies den Einwand der Treuwidrigkeit der Berufung auf die Schlichtungsklausel seitens des Beklagten zurück.
Mietrecht: Schlichtung vs. Gericht in Gewerberaummietverträgen
(Symbolfoto: BOKEH STOCK /Shutterstock.com)

Im Geschäftsverkehr, wie einem Gewerberaummietvertrag, ist die Vereinbarung von Schlichtungs- oder Mediationsklauseln grundsätzlich zulässig und kann dazu beitragen, Konflikte einvernehmlich beizulegen, ohne den ordentlichen Rechtsweg beschreiten zu müssen. Allerdings müssen auch bei diesen Vereinbarungen bestimmte rechtsstaatliche Grundsätze eingehalten werden.

In einem aktuellen Urteil des LG Hamburg wird die Klage eines Mieters hinsichtlich der Rückzahlung eines Kautionsbetrages abgewiesen, da er zuvor die Vorgaben einer Schlichtungsklausel nicht eingehalten hatte. Im weiteren Beitrag werden wir das Urteil detaillierter vorstellen und erörtern.

Gewerberaummietvertrag: Eine Auseinandersetzung um Kautionsrückzahlung

Im Zentrum dieses Rechtsstreits steht ein Gewerberaummietvertrag, der zwischen den Klägern, Betreibern eines Speiserestaurants, und dem Beklagten geschlossen wurde. Die Kläger forderten die Rückzahlung eines Kautionsbetrages nach Beendigung des Mietverhältnisses. Trotz der Rückgabe des Mietobjekts und der Durchführung von Nachbesserungen durch die Kläger, blieb die Rückzahlung der Kaution durch den Beklagten aus. Der Beklagte erhob Einwände hinsichtlich des Zustands der Mieträume und forderte weitere Schönheitsreparaturen.

Der Knackpunkt: Schlichtungs- oder Mediationsklauseln

Das juristische Kernproblem dieses Falls liegt in einer speziellen Klausel des Mietvertrags. Gemäß § 23 Nr. 3 des Vertrags sollten Meinungsverschiedenheiten zwischen Vermieter und Mieter vorrangig nicht durch Anwälte und Gerichte, sondern durch ein Gespräch und, falls erforderlich, durch einen Gütetermin bei der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle (ÖRA) gelöst werden. Erst bei Scheitern dieses Schlichtungsversuchs dürfen die ordentlichen Gerichte angerufen werden. Die Kläger ignorierten diese Klausel und brachten ihre Forderung direkt vor Gericht, was zur Kernfrage führte: Ist die Schlichtungsklausel rechtlich bindend?

LG Hamburg: Beurteilung der Schlichtungsklausel

Das Landgericht Hamburg befasste sich intensiv mit der Gültigkeit und Auslegung der Schlichtungsklausel. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Klausel wirksam ist und somit eine außergerichtliche Schlichtung zwingend voraussetzt. Es wurde festgestellt, dass die Vereinbarung von Schlichtungs- oder Mediationsklauseln im Geschäftsverkehr grundsätzlich zulässig und rechtskonform ist, sofern sie bestimmten rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt. Dies trifft auf das vorgesehene Schlichtungsverfahren bei der ÖRA zu. Darüber hinaus erkannte das Gericht, dass die Klausel hinreichend konkret formuliert wurde und den Parteien den Zugang zu den ordentlichen Gerichten nicht dauerhaft verwehrt.

Urteil des LG Hamburg und seine Konsequenzen

Das LG Hamburg entschied, dass die Klage derzeit unzulässig sei, da die Kläger nicht den im Mietvertrag festgelegten Schlichtungsweg eingehalten hatten. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung von Schlichtungs- und Mediationsklauseln in Gewerberaummietverträgen und betont die Notwendigkeit für beide Parteien, solche Vereinbarungen ernst zu nehmen und ihnen nachzukommen. Das Gericht wies auch den Einwand der Treuwidrigkeit zurück, der von den Klägern vorgebracht wurde, und betonte, dass die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Schlichtungswege für die Zulässigkeit einer Klage entscheidend ist.

In diesem spezifischen Fall bedeutet das Urteil, dass die Kläger nun zunächst den vorgeschriebenen Schlichtungsversuch unternehmen müssen, bevor sie ihre Ansprüche vor Gericht geltend machen können. Dieses Urteil könnte somit als richtungsweisend für ähnliche Fälle angesehen werden, in denen Parteien versuchen, vereinbarte Schlichtungswege zu umgehen. Es dient als Mahnung, dass vertragliche Vereinbarungen und Klauseln, auch jene über außergerichtliche Streitbeilegung, rechtliche Verbindlichkeit besitzen und vor Gericht durchgesetzt werden können.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Welche Rolle spielen Schlichtungs- oder Mediationsklauseln in einem Mietvertrag?

Schlichtungs- oder Mediationsklauseln in einem Mietvertrag spielen eine wichtige Rolle, da sie eine alternative Methode zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien vorsehen. Diese Klauseln verpflichten die Parteien, im Falle von Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten, die sich aus dem Vertrag ergeben, zunächst ein Schlichtungs- oder Mediationsverfahren durchzuführen, bevor sie rechtliche Schritte einleiten.

Die Schlichtungsklausel sieht vor, dass alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag ergeben, durch ein Schlichtungsverfahren gelöst werden. Die Kosten für das Schlichtungsverfahren werden in der Regel von den Parteien geteilt.

Die Mediationsklausel verpflichtet die Parteien, bei Meinungsverschiedenheiten ein Mediationsverfahren durchzuführen, um eine außergerichtliche, faire und interessengerechte Vereinbarung zu erarbeiten. Die Kosten des Mediationsverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte, sofern sie keine andere Vereinbarung treffen.

Diese Klauseln haben den Vorteil, dass sie die Parteien frühzeitig auf einen alternativen Streitbeilegungsweg hinweisen, bevor große Anwaltskosten entstehen. Sie können in nahezu jeden Vertrag aufgenommen werden und haben im Konfliktfall eine enorme Wirkung.

Die Mediation ist ein gesetzlich geregeltes, strukturiertes Verfahren, das von speziell ausgebildeten und geschulten Personen durchgeführt wird. Es ist ergebnisoffen und rein freiwillig. Die Mediatoren verhalten sich neutral und unterstützen die Beteiligten bei der Suche nach Lösungswegen, mit denen alle Seiten einverstanden sind.

Es ist zu erwähnen, dass die Einbindung einer Mediationsklausel in einen Vertrag einen geringen Aufwand darstellt, aber im Konfliktfall eine große Wirkung hat. Die Beteiligten sind dann im Streitfall verpflichtet, zunächst einen Mediationsversuch zu unternehmen.

Was ist ein Gütetermin und wann wird dieser angewandt?

Ein Gütetermin ist ein gerichtlicher Termin, der darauf abzielt, eine einvernehmliche Einigung zwischen den Parteien eines Rechtsstreits zu erzielen. Dieser Termin ist ein wichtiger Bestandteil des deutschen Zivilprozesses und wird in der Regel vor den ordentlichen Gerichten durchgeführt, sei es das Amtsgericht, Landgericht oder Oberlandesgericht.

Der Gütetermin geht gemäß § 278 Abs. 2 ZPO der mündlichen Verhandlung voraus, um eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits zu erreichen. Dies gilt jedoch nicht, wenn bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden hat. Während des Gütetermins erörtert das Gericht den Sach- und Streitstand mit den Parteien und stellt gegebenenfalls Fragen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden.

Im Arbeitsrecht dient der Gütetermin in erster Linie dazu, Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern friedlich beizulegen. Im Arbeitsgerichtsverfahren ist eine Güteverhandlung obligatorisch, wenn es zu einer Klage kommt.

Wenn die Parteien während eines Gütetermins einen Kompromiss vereinbaren, wird dieser in Form eines gerichtlichen Vergleichs protokolliert. Der Vergleich hat dann die Wirkung eines vollstreckbaren Titels und ist in der Regel endgültig, es sei denn, er wird aufgrund von Anfechtungsgründen angefochten oder die Parteien vereinbaren etwas anderes.

Das Gericht kann die Parteien gemäß § 278 Abs. 5 ZPO für die Güteverhandlung an einen Güterichter verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

Ein Gütetermin bietet für beide Parteien zahlreiche Vorteile. Sie haben die Möglichkeit, schneller und kostengünstiger zu einer Lösung zu gelangen.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 334 O 42/22 – Urteil vom 25.08.2022

1. Die Klage wird als derzeit unzulässig abgewiesen.

2. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 8.700,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Rückzahlung eines Kautionsbetrages.

Die Parteien waren verbunden durch einen Mietvertrag über Gewerberäume im Hause S. Straße H. (Anlagenkonvolut K1). Das Mietverhältnis hat am 1.7.2009 begonnen. Auf Basis eines ersten Mietvertrages waren die Kläger zuvor bereits seit 7 Jahren Mieter des Objekts. Die Kläger nutzten die Räumlichkeiten zum Betrieb eines Speiserestaurants.

§ 23 Nr. 3 (Seite 12) des Mietvertrages enthält unter der Überschrift „Klärung von Meinungsverschiedenheiten:“ die Regelung:

„Sollten wider Erwarten Meinungsverschiedenheiten zwischen Vermieter und Mieter entstehen, sollen diese möglichst nicht durch Anwälte und Gerichte gelöst werden. Vielmehr bemühen sich die Vertragsparteien in einem solchen Fall, ein Gespräch zu vereinbaren; bei dem Vermieter, Herr und Frau B. (und auf Wunsch auch ein Berater) teilnehmen können; mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Falls bei diesem Gespräch eine Einigung nicht erreicht wird, soll die Angelegenheit nicht durch eine Klage rechtshängig gemacht werden. Stattdessen besteht die Verpflichtung, einen Gütetermin vor der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle (ÖRA), Holstenwall 6, 2… H., zu beantragen.

Erst wenn das Güteverfahren gescheitert ist, hat jeder Vertragspartner das Recht, die ordentlichen Gerichte anzurufen.“

Mit Schreiben vom 22.5.2020 (Anlage K2) haben die Kläger das Mietverhältnis fristgemäß gegenüber dem Beklagten gekündigt. Die Rückgabe des Mietobjekts erfolgte termingerecht am 30.6.2021. Der von dem Beklagten entsandte Bevollmächtigte S. nahm die Räumlichkeiten in Augenschein. Es wurden die Zählerstände notiert sowie die Rückgabe sämtlicher Schlüssel quittiert. Ferner wurde von Vermieterseite die Inventarliste (Anlage K6) abgezeichnet und bestätigt, dass sich die Mieträumlichkeiten jeweils in dekorativ ordnungsgemäßen Zustand befinden. Die handschriftlichen Vermerke über den Zustand der Räumlichkeiten stammen unstreitig von Bevollmächtigten des Beklagten. Ende August 2021 verlangte der Beklagte noch die Beseitigung vorhandener kleinerer Mängel und Nachbesserung am dekorativen Zustand der Mieträume. Trotz Bestätigung der Ordnungsgemäßheit des Zustandes haben die Kläger sodann entsprechende Arbeiten und Nachbesserungen durch Fachkräfte in der Küche, im Keller, in den sanitären Räumen, im Gastraum und im Büroraum erledigen lassen. Dies ist dem Beklagten mit anwaltlichen Schreiben vom 20.9.2021 (Anlage K 11) mitgeteilt worden. Mit anwaltlichen Schreiben vom 29.11.2021 ist der Beklagte sodann erfolglos zur Rückzahlung der Mietsicherheit in Höhe von 8700 Euro aufgefordert worden.

Eine weitere Aufforderung zur Zahlung (binnen Wochenfrist) erfolgte mit Anwaltsschreiben vom 14.12.2021 (Anlage K13). Der Beklagte hat sodann mit Schreiben vom 20.12.2021 neuerliche Beseitigung von Mängeln verlangt. Die Kläger ließen daraufhin mit Schreiben vom 5.1.2022 (Anlage K 14) erwidern, dass aus ihrer Sicht keine Nachbesserungsarbeiten mehr geschuldet seien und im übrigen Mängelbeseitigungsansprüche verjährt seien.

Zum 1.12.2021 hat der Beklagte die Räumlichkeiten an den neuen Mieter übergeben. Dieser hat in der Folgezeit diverse Arbeiten ausgeführt, die den Zustand der Mieträumlichkeiten erheblich verändert haben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Klageschrift, dort Seite 6 (Blatt 6 der Akte) Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 8700 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2021 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Klage für unzulässig und unbegründet. Den Klägern sei das Anrufen der ordentlichen Gerichte derzeit verwehrt gemäß § 23 Nr. 3 des Mietvertrages.

Die Kläger sind der Auffassung, der Beklagte könne sich nicht auf die Klausel unter § 23 Ziffer 3 des Mietvertrages zu berufen. Die Klausel sei unwirksam. Es handele sich nicht um eine Individualvereinbarung, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen des Beklagten. Die Klausel sei nicht hinreichend bestimmt. Die Berufung auf diese Klausel sei vorliegend rechtsmissbräuchlich seitens des Beklagten, da er keinerlei materielle Einwendungen gegen den streitgegenständlichen Anspruch habe und vorbringe und sich seinerseits zu keinem Zeitpunkt um ein vorgerichtliches Gespräch bemüht habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist derzeit unzulässig.

1. Gemäß § 23 Nr. 3 des Mietvertrages (Anlage K1) sind die Kläger gehalten, zunächst außergerichtlich einen Schlichtungsversuch dergestalt zu unternehmen, dass sie einen Gütetermin vor der öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle (ÖRA) betreffend die streitgegenständliche Forderung beantragen. Erst wenn das Güteverfahren gescheitert ist, ist eine Klage vor dem örtlich und sachlich zuständigen Landgericht Hamburg statthaft. § 23 Nr. 3 des Mietvertrages lässt den klaren Regelungswillen der Parteien erkennen, dass Schlichtungsverfahren einem gerichtlichen Verfahren vorzuschalten. Die Klausel schließt als sogenanntes Schlichtungsklausel die sofortige Klagbarkeit aus (vergleiche BGH, Urteil vom 29.10.2008 – XII ZR 165/06, NJW-RR 2009,637). Bei der Schlichtungsvereinbarung handelt es sich nicht um eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, sondern wie bei einer Schiedsgerichtsvereinbarung um eine von den Beklagten zu erhebende Einrede, die die Klagbarkeit vorübergehend ausschließt (BGH aaO). Der Beklagte hat diese Einrede vorliegend rechtzeitig vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache erhoben.

2. Die Schlichtungsklausel ist auch wirksam.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich insoweit um eine zwischen den Parteien ausgehandelte Individualklausel handelt oder von dem Beklagten in den Vertrag aufgenommene Allgemeine Geschäftsbedingungen. Nach der Behauptung des Beklagten handelt es sich um eine Klausel, über die von den Parteien verhandelt wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten der Darstellung wird auf die Klagerwiderung vom 23.5.2022 Bezug genommen. Die Kläger sind jedenfalls der Darstellung des Beklagten zum Ablauf der Vertragsverhandlungen nicht im einzelnen entgegengetreten, sondern haben sich dahingehend eingelassen, dass ihnen die Einzelheiten der Verhandlungen aufgrund des Zeitablaufs (nachvollziehbarer Weise) nicht mehr erinnerlich seien (Schriftsatz vom 5.7.2022 Seite 1-2, Blatt 52-53 der Akte).

Die Vereinbarung von Schlichtungs- oder Mediationsklauseln ist im unternehmerischen Geschäftsverkehr grundsätzlich zulässig, sofern das durch sie gewählte Verfahren bestimmten rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt (Wurmnest in: Münchener Kommentar zum BGB, § 307, 9.Aufl. 2022, Rn. 336; LG Bielefeld BeckRs 2008,2655). Es muss fair und ausgewogen sein. Beides trifft auf das Schlichtungsverfahren vor der öffentlichen Rechtsauskunft und Vergleichsstelle in Hamburg (ÖRA) zu. Gegenteiliges ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Durch die streitgegenständliche Klausel wird den Klägern der Weg zu den ordentlichen Gerichten nicht dauerhaft abgeschnitten. Eine Schlichtungsklausel muss auch nicht auf grundlegende Verfahrensregeln (Kosten, Verfahrensdauer etc.) hinweisen, um dem Transparenzgebot zu genügen (Wurmnest aaO; Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt § 309 Nr. 14 Rn. 19).

Auch ist die Klausel hinreichend konkret formuliert. Dem Gütetermin vor der ÖRA soll nach Satz 2 der Klausel das Bemühen der Parteien um ein Gespräch im Büro des Beklagten vorangehen mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Diese Gespräche haben nach dem Vortrag der Parteien weder die Kläger noch der Beklagte gesucht. Vielmehr wurde zwischen den jetzigen Prozessbevollmächtigten korrespondiert. Ein solches Gespräch zur gütlichen Beilegung des Streits über den Kautionsrückzahlungsanspruch ist jedoch nach dem erkennbaren Willen von den Parteien gewünscht, aber nicht zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einschaltung der ÖRA. Es handelt sich in diesem Regelungszusammenhang nach Auffassung des Gerichts um eine „Soll-Vorschrift“.

Erkennbar ist der Wille, Streitigkeiten möglichst ohne Einschaltung von Anwälten und Gerichten zu lösen. Dies geht aus dem Wortlaut der Klausel hinreichend deutlich hervor.

Die von den Klägern im Schriftsatz vom 10. Juni 2022 (Seite 3) zitierte Entscheidung des Landgerichts Hamburg (WuM 2002,666) betraf ein Wohnraummietverhältnis. Die dortige Konstellation ist mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nicht zu vergleichen. Vorliegend handelte es sich um einen Gewerberaummietvertrag, der zwischen Unternehmern abgeschlossen worden ist. Anders als bei Abschluss eines Wohnraummietvertrages mit Verbrauchern auf Mieterseite bestand für das streitgegenständliche Gewerberaummietverhältnis zwischen Unternehmern bei Abschluss des Mietvertrages bei Aufnahme der Schlichtungsklausel nicht die Gefahr, dass sich die Kläger in der Klärungsverhandlung in eine Situation begeben, in der sie sich auf eine ihnen unangemessen ungünstige Einigung über Streitfragen einlassen könnten. Insbesondere ist es den Klägern nach der streitgegenständlichen Klausel nicht verwehrt, zu einem außergerichtlichen Gespräch mit dem Ziel der Streitbeilegung einen Berater wie etwa den Prozessbevollmächtigten hinzuzuziehen, wie dies ausweislich der Urteilsgründe der zitierten Entscheidung des Landgerichts Hamburg (aaO) in dem Formularmietvertrag über Wohnraum den Mietern versagt war.

3. Der Berufung auf die Schlichtungsklausel steht nicht der Treuwidrigkeitseinwand (§ 242 BGB) entgegen.

Die Kläger können dem Beklagten nicht entgegenhalten, die Berufung auf die Schlichtungsklausel sei ihm verwehrt, da er keinerlei materielle Einwendungen gegen den streitgegenständlichen Anspruch erhebe. Der Kläger ist hierzu prozessual nicht verpflichtet, hat aber vorgerichtlich seine Position deutlich gemacht, wonach noch Schönheitsreparaturen von den Klägern geschuldet seien. Jedenfalls tragen dies die Kläger unter Hinweis auf ein Schreiben der Gegenseite vom 23.12.2021, das selbst nicht als Anlage vorgelegt worden ist, vor. Auch wenn man zu Argumentationszwecken unterstellt, dass die vorliegende Klage begründet ist, führt dies nicht zur Treuwidrigkeit der Berufung auf die Schlichtungsklausel. Dann wäre im Falle der Begründetheit der Klage deren Zulässigkeit quasi vom Gericht nicht zu prüfen. Darauf läuft die Argumentation der Kläger vorliegend hinaus. Das ist nach der Zivilprozessordnung nicht gewollt. Die Kläger können dem Beklagten auch nicht entgegenhalten, er habe vorgerichtlich das Gespräch mit Ihnen entsprechend § 23 Ziffer 3 des Mietvertrages selbst gar nicht erst gesucht. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sie diesen Versuch selbst unternommen hätten. Sie haben stattdessen mit anwaltlichen Schreiben ohne Hinweis auf eine Gesprächsbereitschaft die Rückzahlung der Kaution in voller Höhe gefordert.

II.

Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 91, 709 ZPO.

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