Skip to content
Menu

Widerrufserklärung für Konsumenten-Darlehen unwirksam

AG Itzehoe, Az.: 94 C 343/14, Urteil vom 26.02.2015

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.263,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.05.2014 sowie weitere 206,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 08.09.2014 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Widerrufserklärung für Konsumenten-Darlehen unwirksam
Symbolfoto: igor stevanovic/ Bigstock

Die Kläger begehren Rückgewähr von Kreditversicherungsbeiträgen nach Widerruf des Darlehensvertrags.

Die Kläger sind Eheleute und Privatpersonen. Die Beklagte ist eine Bank in der Rechtsform der Aktiengesellschaft.

Die Parteien schlossen am 13. 08. 2011 einen Darlehensvertrag in Höhe von 14.113,00 €. Dieser sollte der Finanzierung eines KFZ dienen. Gleichzeitig wurde ein Restschuldversicherungsvertrag abgeschlossen, für welchen den Klägern Beiträge in Höhe von 1263,00 € zahlen sollten, die aus dem Darlehensbetrag finanziert wurden.

Die Verträge, auf deren genauen Inhalt auf die Anlage K1, Bl. 8ff. d.A. Bezug genommen wird, wurden gleichzeitig abgeschlossen und verweisen durchgehend aufeinander.

Der vereinbarte Darlehenszins betrug 4,342 % p.a., der effektive Jahreszins betrug 5,90 % p.a.

In der Widerrufsbelehrung der Beklagten heißt es unter dem Kapitel „Widerrufsfolgen“:

Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 0,00 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wird.

Am 13. 11. 2013 sandten die Kläger der Beklagten ein Schreiben zu mit dem sie ein Widerruf des Darlehensvertrags und des Versicherungsvertrags erklärten.

Die Kläger meinen, sie hätten den Darlehensvertrag und den gemäß § 358 BGB mit diesem verbundenen Restschuldversicherungsvertrag, noch widerrufen können, da die Angabe eines Tageszinses von 0,00 € dem in der eigentlichen Vertragsurkunde niedergelegten Zinshöhe von 4,342 % p.a. widerspräche und somit gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 BGB nicht beachtet wurde. Die Widerrufsfrist habe nicht angefangen zu laufen. Der Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB ordne an, dass der Tageszins in einer wirksamen Widerrufsbelehrung ausgegeben sein müsse.

Sie beantragten ursprünglich:

Die Beklagte zu verurteilen an die Kläger 1756, 96€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. 05. 2012 zu zahlen.

Die Beklagte zu verurteilen die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Prozessbevollmächtigen der Kläger in Höhe von 309, 40€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit freizuhalten.

Von diesem ursprünglichen Antrag hat die Beklagte, mit Schriftsatz vom 02. 10. 2014 einen Betrag von 493,96 € nebst Zinsen für die Hauptforderung und 102,82 € nebst Zinsen auf die Nebenforderung, anerkannt. Das Gericht erlies daraufhin das Teil-Anerkenntnisurteil vom 27. 10. 2014 (Bl. 31 d.A.), auf das Bezug genommen wird.

Diese Beträge bezogen sich auf die von der Beklagten erhobene Bearbeitungspauschale für den Darlehensvertrag, sowie auf die angefallenen Rechtsanwaltskosten für den anerkannten Teil der Hauptforderung.

Die Kläger beantragen nunmehr für den nicht anerkannten Teil der Klage

Die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 1263,00 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. 05. 2014 zu zahlen.

Die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 206,58 € Rechtsanwaltskosten, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Klage bezüglich des nicht anerkannten Teils abzuweisen.

Die Beklagte meint, der Widerruf sei verfristet. Die Widerrufsbelehrung sei nicht fehlerhaft. Eine Abweichung von der Vorgabe des Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB zum Vorteil des Verbrauchers könne nicht zur Fehlerhaftigkeit führen. Des Weiteren handle es sich bei dem Anspruch auf Tageszins um eine Art Schadensersatz, auf den auch verzichtet werden könne, was eine Widerrufsbelehrung nicht falsch mache.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Anspruch der Kläger folgt aus §§ 346 I, 491, 495, 355, 358 BGB.

Nach diesen Vorschriften ist das, durch einen Verbraucherdarlehensvertrag und einen mit diesem verbundenen Vertrag, Erlangte nach fristgerechtem Widerruf herauszugeben.

Bei den zwischen den Parteien abgeschlossenen Darlehensvertrag handelt es sich um einen Verbrauchervertrag, weil die Kläger Privatpersonen sind und bei Abschluss der Verträge als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB tätig geworden. Die Beklagte ist gemäß § 14 BGB Unternehmerin.

Die Beklagte hat für den Restschuldversicherungsvertrag einen Beitrag in Höhe von 1263,00 € erlangt. Dieser Vertrag ist gemäß §§ 358, 359 BGB mit dem Darlehensvertrag verbunden und ist somit im Falle eines Widerrufs des Darlehensvertrags ebenfalls als widerrufen anzusehen. Dass er verbunden ist, ergibt sich aus den wirtschaftlichen Zusammenhang, der Identität der Vertragspartien, der Gleichzeitigkeit des Abschlusses bei dem gleichen Gespräch und aus der Vielzahl der wechselseitigen Verweise in den Vertragsurkunden.

Die Kläger haben den Widerruf auch fristgerecht, im Jahre 2013, erklärt. Denn gemäß § 355 Abs. 2, 3 BGB beginnt die 2-wöchige Widerrufsfrist nicht zu laufen, soweit keine gesetzeskonforme Widerrufsbelehrung erteilt wurde. Gemäß Artikel 247 § 6 EGBGB ist es erforderlich, dass dem Verbraucher der Tageszins mitgeteilt wird.

Diesen Anforderungen genügt die Widerrufsbelehrung nicht. Denn sie ist widersprüchlich. Einerseits bestimmt sie

Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten.

und andererseits

Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 0,00 Euro zu zahlen.

Beide Regelungen sind nicht miteinander vereinbar.

Zwar kann diese Pflicht zur Zinszahlung im Rahmen des Schadensersatzes nach Widerruf einem Verzicht unterliegen, worauf sich auch die Beklagte beruft. Allerdings ist dies für den Verbraucher undeutlich, wenn hierüber in den Vertragsverhandlungen nicht gesprochen wird. Einen Verzicht hat die Beklagte nicht erklärt. Die Widerrufsbelehrung ist – selbst wenn man den eingetragenen Betrag von 0,00 € als Verzicht auf diesen Wertersatz verstehen würde – für den Verbraucher, mit dem über diesen Verzicht nie geredet wurde, widersprüchlich, undeutlich und damit unwirksam.

Der Anspruch auf die unstreitig entstandenen und angemessenen Rechtsanwaltskosten der Kläger sind gemäß §§ 280, 286 BGB in Verbindung mit dem Rückgewährschuldverhältnis zu ersetzen. Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 286, 288 BGB und für die Nebenforderung aus §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Wie können wir Ihnen helfen?

Wir sind Ihr Ansprechpartner in allen rechtlichen Angelegenheiten. Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Ersteinschätzung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Rechtstipps

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!